John Grant - Queen of Denmark
Bella Union / Cooperative / Universal
VÖ: 30.04.2010
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Freunde fürs Leben
Man darf es als Fan nicht einfach so hinnehmen, wenn ein Musiker, den man sehr schätzt, plötzlich aufhört, Musiker sein zu wollen. Man muss ihm dann helfen, wieder auf den richtigen Weg zu kommen, der ins Studio, auf Konzertbühnen und vor allem zu sich selbst führt. Manchmal braucht es nämlich zuerst den Mut anderer, bevor der Zweifelnde selbst wieder Mut fasst - in diesem Fall John Grant, Frontmann der stets großartigen, aber ewig unterschätzten Band The Czars aus Denver. Enttäuschte Liebe hatte ihn gleich dreifach umgeworfen: die Liebe zum Musikmachen, die trotz Plattenvertrag bei Bella Union und fünf hervorragender Alben von der Öffentlichkeit nie richtig erwidert wurde. Die Liebe zum Leben, die durch Depressionen, Alkohol- und Drogensucht langsam erlosch. Und schließlich die Liebe zur Liebe, die von desaströsen amourösen Projekten ziemlich gebeutelt war.
Midlake waren die Fans, die es nicht einfach so hinnehmen wollten, dass Grant nach New York zog, sein vor vielen Jahren abgebrochenes Dolmetscherstudium wieder aufnahm, nebenbei kellnerte und das Musikerdasein weitgehend auf Eis legte. Sie überredeten ihn, für ein paar Monate zu ihnen nach Denton, Texas zu ziehen und parallel zu ihrer Studioarbeit an "The courage of others" an seinem Solodebüt herumzubasteln - natürlich mit Midlake als Backing Band und Gitarrist Eric Pulido sogar als Co-Produzent. Hauptverantwortlicher blieb Grant selbst, er ließ es aber gerne zu, dass man "Queen of Denmark" sowohl die räumliche, als auch die musikalische Nähe zum neuen Midlake-Album sofort anhört. Dieses anrührend Herbstliche, dieses sanft Rustikale, diese warmen Erdtöne, dieses in sich Ruhende, den mehrstimmigen Gesang, die Familienportion Hall auf den Vocals - all das findet man bei Grant auch. Aber zusätzlich schwebt sein würdevoller Bariton über allem.
Die Begleitung gibt sich zunächst bodenständig - akkurat gezupfte Akustikgitarre und dezente Percussion münden in ein dicht verästeltes Spätsechziger-Folkrock-Arrangement. Wenn bei "TC and honeybear" im Hintergrund eine Sopranistin und im Vordergrund Midlake-Frontmann Tim Smith auf der Querflöte zu tirilieren beginnen, ahnt man jedoch bereits, welche Höhen dieses Album noch erreichen wird. Schon das nachfolgende, von filmischen, aber trotzdem wunderbar unaufdringlichen Streichern umsäumte "Marz" ist ein einziges schwereloses Schwelgen, gewachsen aus einem gebirgsbachklaren Klavierlauf. Auch die ersten anderthalb Minuten des hinreißenden "Where dreams go to die" bestreitet Grant alleine am Piano; es ist weit nach Mitternacht, er hat den Blues in der Stimme, und sein Herz übt für den Freischwimmer.
Über den Titeltrack kann man sich indes königlich amüsieren: Grant ist trotz aller Melancholie ein Meister der gewitzten Texte. Einer, der auch Bücher schreiben könnte. Aber auch einer, der sich nicht vor unverschleierter Romantik scheut, wie etwa in "Caramel". Er hat auch überhaupt kein Problem damit, in seinen Liedern sehr privat zu werden - so berichtet "JC hates faggots" von seiner wenig erfreulichen Jugend in einer höchst konservativen Umgebung. Aber davon lässt sich das Album die Laune nicht verderben: "Chicken bones" gefällt als quietschfideler Gassenhauer mit Kraftausdruck im Refrain, "Silver platter club" entwickelt sich prächtig, irgendwo zwischen Beatles und Vaudeville. Übergroße Melodien - eine der schönsten wartet in "Outer space" - und vor allem Grants unverwechselbare Stimme verleihen "Queen of Denmark" tatsächlich eine royale Würde. Allerdings hätte dieses Album weitaus mehr Lohn verdient als nur eine dänische Krone.
Highlights
- Marz
- Where dreams go to die
- Silver platter club
- Outer space
- Queen of Denmark
Tracklist
- TC and honeybear
- Marz
- Where dreams go to die
- Sigourney Weaver
- Chicken bones
- Silver platter club
- It's easier
- Outer space
- Jesus hates faggots
- Caramel
- Leopard and lamb
- Queen of Denmark
Gesamtspielzeit: 51:14 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Demon Cleaner User und Moderator Postings: 5646 Registriert seit 15.05.2013 |
2015-02-15 15:54:02 Uhr
Hat jemand schon diesen Bonustrack gehört?Unfassbar. Ob positiv oder negativ, muss ich mir noch überlegen. |
Ryka |
2011-03-08 00:22:36 Uhr
auf Tour im April: 07.04. Köln - Stadtgarten 09.04. Hamburg - Übel&Gefährlich 10.04. Berlin - Lido 12.04. Frankfurt - Das Bett 13.04. Schorndorf - Manufaktur |
Gordon Fraser |
2011-03-07 20:20:44 Uhr
Unfassbares Album. Schiebt sich wohl nachträglich auf Platz 1 meiner Jahresliste 2010. |
Mumpelmann |
2011-01-26 16:24:48 Uhr
Das ist aber ne ausgesprochen miese Liste. |
musie |
2011-01-26 16:15:20 Uhr
platz 6 , nicht 7... und wenn man sieht, wer vorne ist, gehört queen of denmark aufs podest :-) |
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Referenzen
The Czars; Midlake; Mercury Rev; Fleet Foxes; Syd Matters; Washington; Ron Sexsmith; Harry Nilsson; The Divine Comedy; Barclay James Harvest; REO Speedwagon; Steely Dan; Gordon Lightfoot; Richard Swift; Nicolai Dunger; Patrick Watson; The Dears; Doves; Belasco; Rufus Wainwright; Iron & Wine; A.A. Bondy; Loney, Dear; Nick Drake; Andrew Bird; Sufjan Stevens; Barzin; Aqualung; Peter Broderick; Jackson Browne; Gram Parsons; Tindersticks; The Beatles; Queen; The Flaming Lips
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