Nice Nice - Extra wow

Warp / Rough Trade
VÖ: 09.04.2010
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Zu Besuch beim Märzhasen
Schön, nett und angenehm gehen ja dann doch irgendwie anders. Denn was auf "Extra wow", dem Debütalbum von Nice Nice für das immer wieder überraschende Label Warp, ab der ersten Note passiert, wäre mit "Heat Heat" vielleicht besser übersetzt. Anspannung, Nervosität, Erregung in Permanenz. Wie ein Zwölfzylinder, der sich röhrend gegen die doppelte Handbremse stemmt, aber nie losfährt, scheppern die beiden nahtlos zu einem Track vernähten Eröffnungsstücke los. Ein endlos lang gezogenes Gitarrenfeedback, wilde Schlagzeugwirbel und eine ganz nach hinten gerückte, verhallte Stimme. Eigentlich hören Platten eher in dieser die finale Katharsis immer noch ein Stück weiter hinauszögernden Manier auf, statt so zu beginnen. Als würde eine Postrock-Band bei einem epischen Livestück einfach immer weiterspielen und das grandiose Finale in einen unendlichen Loop verwandeln.
Nach diesem fürwahr erschöpfenden Einstieg gewährt das Portland-Duo Jason Buehler und Mark Shirazi erst mal eine anderthalb Stücke währende Pause, die von psychedelisch-verwirrten Glöckchen, Weltraumbleeps aus Kraftwerks "Radio-Aktivität"-Phase und gefilterten Drums bestimmt wird und erst auf halber Strecke wieder die typische Wand aus galoppierenden Stammestrommeln auffährt. "Everything falling apart" agiert nach Luft schnappend wieder durchgängig im roten Bereich, ebnet aber gleichzeitig den Weg für den latent poppigeren Mittelteil, der kleinen Melodien eindeutig aufgeschlossener gegenübersteht als der wirre Beginn.
In diesem hoppelt "Big bounce" mit wie immer extrem verhalltem Gesang, HipHop-Beats, Slidegitarre und den Avalanches im Gepäck fröhlich über die Wiese wie ein Karnickel auf Glücksdrogen, wohingegen "See waves" wieder wie von Sinnen über Stock und Stein rennt, als sei die verrückte Teegesellschaft hinter ihm her. Auch vor Primal Scream in Autobahnverfassung wird mit "A vibration" und mit mehr Gas und Shoegaze im Kofferraum der gleiche Hut gezogen, aus dem Nice Nice unter Dauerfeedback das im Sonnenlicht gleißende "Make it gold" zaubern.
Sonderlich hart sind Nice Nice dabei nicht, im Vergleich zu HEALTH oder Lightning Bolt sogar geradezu handzahm, da sie eher psychedelisch gefärbt sind. Auf die Dauer fehlen in dem Lärm noch ein paar mehr Melodien, dramatische Zuspitzungen oder wirkliche Verschnaufpausen, die der allmählichen Ermüdung durch den Daueralarm entgegenwirken. Das jedoch ist ebenso Programm wie die eigentliche Stärke der Platte: Denn die beiden Portlander picken sich aus einem Song stets nur den Höhepunkt heraus, der nicht mit einer Explosion in Entspannung aufgelöst wird, sondern weiter und weiter geht, bis der Loop mit einem Mal abbricht. Aller Schwerkraft trotzend türmen sie eine Soundschicht über die nächste, um schließlich genussvoll in das schwankende Wunderwerk der Statik hineinzutreten. Erst ganz gegen Ende gewähren Nice Nice dem Hörer auch einmal ein paar Momente der Ruhe. Dazwischen aber kommt man vor lauter Aufregung nicht einmal dazu, eine Tasse Tee zu trinken.
Highlights
- Everything falling apart
- Big bounce
- See waves
- A vibration
Tracklist
- Set and setting
- One hit
- A way we glow
- On and on
- Everything falling apart
- Big bounce
- See waves
- A vibration
- A little love
- Double head
- Make it gold
- New cascade
- It's here
Gesamtspielzeit: 51:16 min.
Album/Rezension im Forum kommentieren (auch ohne Anmeldung möglich)
Teile uns Deine E-Mail-Adresse mit, damit wir Dich über neue Posts in diesem Thread benachrichtigen können.
(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
MeMyself&I |
2010-04-19 14:16:18 Uhr
Schade, dass die Platte scheinbar in der Musikpresse nur am Rande wahrgenommen wird. Es fehlen zwar ein wenig die ganz großen Momente, aber insgesamt doch ein sehr gelungenes Psychedelic/Krautrock/A nimal Collective-Gemisch. Im Gegensatz zu Pitchfork finde ich auch nicht, dass das Album in der zweiten Hälfte abfällt. Erstmal 8/10. |
MeMyself&I |
2010-04-05 00:11:49 Uhr
"Ganz untypisch für das Label" gibt es doch eh seit Maximo Park, Battles und Grizzly Bear nicht mehr. Einen kompletten Albumstream gibt es übrigens hier:http://www.clashmusic.com/feature/listen-to-nice-nice-extra-wow Neben Health höre ich da dann durchaus auch Liars und Animal Collective raus - und das sind ja nun auch nicht die schlechtesten Referenzen. |
Harald |
2010-04-04 21:44:37 Uhr
Neue Band auf Warp. Ganz untypisch für das Label. Klingen eher wie Health. MySpace |
Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.
Referenzen
HEALTH; Boredoms; Liars; Oneida; Dan Deacon; Avalanches; We Are Wolves; Lightning Bolt; Animal Collective; Primal Scream; Death From Above 1979; Dirty Projectors; Gang Gang Dance; Fuck Buttons; Black Dice; Battles; No Age; Wavves; A Place To Bury Strangers; The Beta Band; Grizzly Bear; Red Snapper; Stereolab; My Bloody Valentine; Ride; The Big Pink; Bibio; Bowery Electric; Kraftwerk; Neu!; Pink Floyd; Deerhunter; Atlas Sound
Surftipps
- http://www.nicenice.net/
- http://warp.net/records/nice-nice
- http://www.myspace.com/nicenice
- http://www.lastfm.de/music/Nice+Nice
- http://www.discogs.com/artist/Nice+Nice
- http://www.adequacy.net/2010/03/warp-records-showcase-nice-n ice-and-pivot-with-special-guests-lets-wrestle-and-titus-and ronicus-the-black-market-el-paso-tx-032110/
- http://www.boiseweekly.com/Cobweb/archives/2010/03/18/interv iew-with-portlands-nice-nice-at-sxsw
- http://www.eyeweekly.com/music/article/88151--nice-nice-catc h-a-nice-break
- http://www.rivmixx.com/interview/interview-nice-nice/8573
- http://weallmakemusic.com/interview-nice-nice-on-improvisati on-and-starting-from-scratch/
- http://weallmakemusic.com/interview-part-ii-nice-nice-on-sig ning-to-warp-getting-a-new-rig/
Bestellen bei Amazon
Threads im Plattentests.de-Forum
- Nice Nice - Extra Wow (3 Beiträge / Letzter am 19.04.2010 - 14:16 Uhr)