Sharon Jones & The Dap-Kings - I learned the hard way

Daptone / Groove Attack / The Orchard
VÖ: 09.04.2010
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Die Seelenretterin
Es wäre der Stoff für ganze "Sex And The City"-Epen. Da entführt eine viel jüngere Frau mal eben die Partner von Sharon Jones und legt mit ihrer Unterstützung eines der kleinen Meisterwerke des letzten Jahrzehnts hin, das auf den Namen "Back to black" hört. Doch anstatt die Kollegin nun zur Hölle zu wünschen, ist Sharon Jones eher noch dankbar für die Verführung zum Seitensprung. Amy Winehouse brachte mit jenem Album den Soul wieder zurück ins kollektive Mainstream-Gedächtnis, und somit fiel auf einmal mehr Aufmerksamkeit auf Sharon Jones & The Dap-Kings. Die scheren sich seit nun vier Alben herzlich wenig um digitale Aufnahmemöglichkeiten. Die meisten Geräte, die sie dafür benutzen, haben noch die Veröffentlichung von Marvin Gayes "What's going on" miterlebt und den nicht sonderlich modern klingenden Begriff "analog" auf die Saite gedrückt bekommen.
Allerdings resultiert aus dieser Haltung kein Protest gegen den Weltenlauf. "The game gets old" bläst förmlich zur Aufholjagd, doch bewiesen werden muss nichts mehr. Obwohl der Funk ein wenig heruntergedreht worden ist, mogelt sich doch eine schmutzige Leidenschaft in die stöhnenden Bläser von "Money". Lechzend pummeln sich diese auch durch "I learned the hard way", mal von einem Bass getrieben, mal von einer Gitarre untermalt. Über all dem fliegt Jones' Stimme, die sich reibt, wühlt, reckt, streckt und jede Melodie trietzt. Sie zieht "She ain't no child no more" durch den Groove mit der Ruhe und dem Kalkül, den es dafür braucht. Hymnisch dröhnt die Titelzeile zwischen dem Jammern, der Gitarre und dem Schmiss der Dap-Kings.
Bewegung findet in vielen kleinen Momenten statt, wenn sich etwa die Orgel unter "I'll still be true" mischt und dort fröhlich poltert. Auf dem gesamten "I learned the hard way" erklingt dieser ungehobelte Sound, der sich um Kanten windet, um Ecken schielt und durch die Stücke stiert. Und immer wieder sind es die Inspirationen von Motown über Stax, die dem Hörer vor Ohren stehen. Doch das Wort Retro sollte tunlichst vermieden werden, denn im Vordergrund stehen hier das Weitererzählen und das Ausloten neuer Aspekte. "I learned the hard way" braucht etwas, das heute kaum noch vorhanden ist: Zeit. Nach einer Weile offenbaren sich die Melodien vollkommen, und die Rhythmik der Bläser kommt ins Rollen. "Money" entpuppt sich als das kleine Monster, das es ist, und "I'll still be true" stampft sich wuchtig durch den Vorgarten. Falls der Soul jemals eine helfende Hand gebraucht hätte, hier wäre ein weiterer Rettungsring. Ein sicherer Hafen im Sturm der digitalen Klangwut.
Highlights
- I learned the hard way
- The reason
- I'll still be true
Tracklist
- The game gets old
- I learned the hard way
- Better things to do
- Give it back
- Money
- The reason
- Window shopping
- She ain't a child no more
- I'll still be true
- Without a heart
- If you call
- Mama don't like my man
Gesamtspielzeit: 39:41 min.
Referenzen
Aretha Franklin; Amy Winehouse; Tina Turner; Marvin Gaye; Otis Redding; Mavis Staples; James Brown; Isaac Hayes; Stevie Wonder; Mayer Hawthorne; Curtis Mayfield; Joss Stone; Erykah Badu; Lauryn Hill; Mary J. Blige; Ella Fitzgerald; Ray Charles; The Marvelettes; Barry White; Hypnotic Brass Ensemble; Earth, Wind & Fire; The Sugarman 3; The Roots; Fat Freddys Drop; Antibalas Afrobeat Orchestra; The Budos Band; Lee Fields; El Michels Affair; Betty Davis; The Bamboos; Poets Of Rhythm; The Baby Loves Jazz Band; Duffy; Dusty Springfield; Norah Jones; The Supremes; Billie Holiday; Sade; Bessie Smith
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