The White Stripes - Under great white northern lights

Third Man / XL / Beggars / Indigo
VÖ: 12.03.2010
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10

Larger than lo-fi
Ist es ein Zeugnis der Arroganz oder der Zurschaustellung eigener, angeblich so großer Bandbreite? Ist es das infantile Beharren auf einem ausgedachten Exklusivrecht oder schlicht und ergreifend die Trauer über den Verlust eines intimen Hörerkreises? Wenn die Lieblingsband, die sonst niemand kennt, plötzlich Erfolg hat, entfernen sich eisenharte Fans Stück für Stück von ihren Helden und blicken missmutig auf die immer größer werdende Fanschar. Mehr sogar als das: Weil die Vergangenheit als kreativer Höhepunkt verklärt wird, geißelt man die Gegenwart als Ausverkauf von Werten und künstlerischen Grundsätzen. Was im Einzelfall an Substanz dahinter stecken mag, sei zur Diskussion gestellt. Was aber ist, wenn der Erfolg einer Band tatsächlich hörbare Schattenseiten mitbringt?
Es wäre deutlich übertrieben, das allererste Livealbum von The White Stripes als schwarzverhangene, düstere Schattenseite abzustempeln. Dennoch liegt das Manko von "Under great white northern lights" eben darin, dass viele Fans ihr Anrecht auf Live-Bespaßung in die Tat umsetzten. So füllten sie die übergroßen Hallen, die für die Tour von Jack und Meg White gebucht wurden. Das ist zwar verständlich, nur leidet darunter auch der Sound. Mit Ausnahme des jüngsten Ausnahmefalls "Icky thump" ist der ausscheifungslose Studioklang der White Stripes bereits perfekt auf den Punkt gebracht: Der post-punkige Blues mäandert nicht, er verliert sich nicht auf mehreren Flächen - er hält sich mit kräftig-wuchtigen Stakkato-Riffs und -rhythmen auf dem Boden. "Under great white northern lights" aber verhält sich teilweise wie eine losgelassene Antithese dazu. Die erdig gemeinten Drums erhalten einen ebenso raum- wie stadionfüllenden Hall, und die Stimme von Jack White badet im Echo.
Es liegt also am Talent der beiden Musiker, den ungewohnten Überdruck zu kompensieren und diesen zu variieren. Die simplen, bewusst verfremdeten Akkorde von "Black math" transferieren sich auf der Bühne zu einem orgiastischen One-man-guitar-wall-of-sound. "The union forever" glänzt durch leidenschaftliches Anheben der Stimme, so dass die einstige Punktgenauigkeit von "White blood cells" teilweise vergessen ist. "Seven nation army" reagiert auf das Mehr an Fläche mit einem Mehr an Kratzbürstigkeit. Erfüllende kakophonische Noiseflächen beenden einen Konzertmitschnitt, der letztlich auf Grund der enthaltenen Neukonzipierungen überrascht, aber auch mit Schwachstellen nicht spart. "Jolene" geht die Intimität der kleinen Spur trotz des psychedelischen Abgleitens ab, und "Fell in love with a girl" schneidet trotz der instrumentalen Genügsamkeit eine unpassend bombastische Fratze.
Es überrascht wenig, dass gerade die Stücke von "Icky thump", das trotz aller Qualitätseinbußen neue Wege einschlug, auf der großen Bühne am besten funktionieren. So gerät das kaledonisch-folkloristische "Prickly thorn, but sweetly worn", das schon in seiner Grundstruktur intime Grenzen sprengt, zum Highlight. Was "Under great white northern lights" doch so lohnend macht (das Live-Album liegt eigentlich nur als nett gemeinte Dreingabe anbei), ist die gleich betitelte Dokumentation, die Regisseur Emmett Malloy 2007 während der Kanada-Tour drehte. Skizzenhafte, leidenschaftliche Konzertszenen, kurz geschnittene Interview-Fetzen, schöne Einblick hinter die Kulissen und die einnehmende Auseinandersetzung mit dem Land, durch das getourt wird, und den dort lebenden Menschen. Eine cineastische Freude, die mit Sicherheit auch die mit Exklusivitätsfieber geplagten Pre-"Elephant"-Freunde besänftigen kann.
Highlights
- The union forever
- Prickly thorn, sweetly worn
- Seven nation army
Tracklist
- Let's shake hands
- Black math
- Little ghost
- Blue orchid
- The union forever
- Ball and bisquit
- Icky thump
- I'm slowly turning into you
- Jolene
- 300 m.p.h. torrential outpour blues
- We are going to be friends
- I just don't know what to do with myself
- Prickly thorn, but sweetly worn
- Fell in love with a girl
- When I hear my name
- Seven nation army
Gesamtspielzeit: 59:18 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
Wolffather |
2010-03-29 01:50:53 Uhr
leider findet das Internet nichts für mich |
Wolffather |
2010-03-27 20:46:46 Uhr
ja, dieses Internet werde ich demnächst auch um Rat fragen ;)will dieses Konzert unbedingt |
Sick |
2010-03-27 20:39:24 Uhr
"Hab mir das Teil vor Weihnachten vorbestellt (da gab es das ganze noch verbilligt) und muss sagen, es ist jeden Penny wert."Nein. Soviel ist kein Boxset wert. Auch nicht als es ein paar müde Pfund weniger gekostet hat. Aber zum Glück leben wir in Zeiten des Internet. :-) |
Wolffather |
2010-03-27 20:07:01 Uhr
Mann, die Under Nova Scotian Lights DVD würde ich so gerne haben... aber 150 EUR für das gesamte Deluxe Boxset sind mir echt zu viel, nur um diese eine DVD zu bekommen... das ist echt ärgerlich, will die haben!Der Under great white northern lights Film, der auch in der regulären Version dabei ist, ist schon sehr toll und lohnt sich wirklich sehr, da ist die gute Live-CD eignentlich nur nettes Beiwerk... |
Rob |
2010-03-21 12:05:04 Uhr
Die Songs auf der CD sind verschiedenen Konzerten während ihrer Kanada Tour entnommen. Eine Live DVD, welche ihr letztes Konzert dieser Tour enthält und zudem ihr 10 Jähriges Jubiläumskonzert darstellt, gibt es auch, die ist aber nur exklusiv im Deluxe Box Set erhältlich. Hab mir das Teil vor Weihnachten vorbestellt (da gab es das ganze noch verbilligt) und muss sagen, es ist jeden Penny wert. Anyway, hier jedenfalls die Tracklist des Konzertes: "Under Nova Scotian Lights" 10th Anniversary Show, Glace Bay/Nova Scotia 01. Bagpipe Intro 02. Let's Shake Hands 03. Icky Thump/When I Hear My Name 04. Hotel Yorba 05. Jolene 06. Cannon-John The Revelator 07. Death Letter 08. I'm Slowly Turning Into You 09. Apple Blossom/One More Cup Of Coffee/I Think I Smell A Rat 10. Wasting My Time 11. M.P.H. Torrential Outpour Blues 12. I Fought Piranhas 13. Lafayette Blues 14. Fell In Love With A Girl 15. Aluminium 16. Do 17. Astro-Screwdriver 18. Black Math 19. In The Cold, Cold Night 20. Lord, Send Me An Angel 21. Catch Hell Blues 22. A Martyr For My Love For You 23. My Doorbell 24. We Are Going To Be Friends 25. I'm Finding It Harder To Be A Gentleman/Why Can't You Be Nicer To Me/You're Pretty Good Looking (For A Girl) 26. Hello Operator/Prickly Thorn But Sweetly Worn 27. Dead Leaves And The Dirty Ground 28. You Don't Know What Love Is 29. Seven Nation Army 30. De Ballit Of De Boll Weevil 31. Bagpipe Outro/Instrumental |
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Referenzen
The Black Keys; The Dirtbombs; The Kills; The Raveonettes; The Come-Ons; Sons And Daughters; 22-20s; Thee Shams; The Greenhornes; The Blueskins; The Raconteurs; Soledad Brothers; Muddy Waters; Howlin' Wolf; Robert Johnson; R.L. Burnside; Screamin' Jay Hawkins; Willie Dixon; The Delta '72; The Sonics; The Von Bondies; The Detroit Cobras; Pussy Galore; Royal Trux; Blues Explosion; Burning Brides; Archie Bronson Outfit; The Stooges; MC5; Led Zeppelin; Tom Waits; The Fiery Furnaces; Matthew Friedberger; Deerhoof
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