Electric President - The violent blue
Fake Four Inc. / Cargo
VÖ: 26.02.2010
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Die Serientäter
Es schien schon eine Verbindung für die Ewigkeit zu sein: So unwahrscheinlich es schien, dass eine musikalische Heimarbeit ihre Finger aus einem Geräteschuppen mitten in Jacksonville, Florida bis über den großen Teich streckte, um sich am Berliner Label Morr Music festzukrallen - es geschah dennoch. Nicht nur die ersten beiden Platten von Ben Cooper und Alex Kane als Electric President, auch Coopers Soloprojekt Radical Face entstanden in dieser weltumspannenden Umarmung. Mit "The violent blue" wird diese nun gelöst. Ohne weiteren Kommentar erscheint Electric Presidents Drittwerk beim Label-Frischling Fake Four Inc. Ob das Auswirkungen auf die Musik hat? Wer die beiden Sonderlinge Kane und Cooper kennt, der weiß: im Leben nicht. Denn die können gar nicht anders.
Auch "The violent blue" überträgt Electrics Presidents Indietronics in eine warm knisternde Holzdielenwelt. Allerdings wird der analoge Vibe jetzt seltener durchbrochen. Deshalb erinnern Songs wie "Safe and sound" und "The ocean floor" deutlicher an Coopers Radical Face und sein auf dieser Seite von einer echten Ausnahmepfeife sträflich unterbewertetes Debüt "Ghost". Seien es die würdevoll hereinklingenden Choräle, die durch das ebenso simpel wie griffig herausgetiggerte Riff und den New-Order-Bass von "Feathers" schweben. Seien es die nun häufiger on front gestellten Akustikgitarren oder manch perlende Klavierpassage: Vermochte man Kanes Anteil an den Kompositionen bisher ohnehin nur schwer abzuschätzen, so legt sich Cooper mit "The violent blue" gleich doppelt ins Zeug.
Denn auch textlich ist er nach wie vor ein Mensch der umspannenden Thematiken, die dann doch auf leisen Sohlen umherschleichen. Bestand "Ghost" aus fixen Ideen zum Dauerbrenner des Haunted House, so war der Slogan "Robophobia" für "Sleep well" absolut wörtlich zu nehmen. Auf "The violent blue" hält nun eine persönlichere Ebene Einzug in Coopers Flüstergesang. Electric President nutzen sie als notwendigen Übersetzungsschritt ins Radical-Face-Universum, tragen sie jedoch in eine straightere Rhythmik ein. Auch die Achtelgitarren, mit zu wenig Pathos für Interpol und zu wenig Hall für U2 referiert, sind ein Element, mit dem Electric President an ihr bisheriges Schaffen anschließen. "Circles" oder "The violent blue" gehen die Verwandlung dabei quasi von der anderen Seite an. Zwischen pluckernden Elektrobeats, seicht angefunkten Rhythmen und Synthi-Schleifen brennen die Akustikgitarren irgendwann von unten herauf, gliedern sich ein und werden von Shoegaze-Teppichen davongetragen.
Im Grunde sind Electric President große Verdrängungskünstler. Vom Sound über die Konzepte bis zu den immer wieder erhebenden Melodien und im großen Popreigen aufgehenden Refrains beruht ihr gesamter musikalischer Ausdruck auf einem Abdrängen in den Hintergrund. Dieses Spiel treiben sie so lange, bis die Raumtiefe derart vollgepackt ist, dass sie als eine einzige, melancholische Fläche vor Bedeutung nachgerade pulsiert - letztlich aber auch genau die Zurückhaltung generiert, die man durchaus als Geisteshaltung interpretieren kann. Selbst die beiden abschließenden, energischeren Stücke - und hier vor allem "All the distant ships" mit seiner lauten Gitarrenwand, die in all ihrer Hymnik beinahe an die ultraharmonische Brachialität der seligen Hum erinnert - wollen dagegen gar nichts weiter ausrichten. Cooper und Kane - sie können halt nicht anders.
Highlights
- Safe and sound
- Feathers
- Circles
- All the distant ships
Tracklist
- The ocean floor
- Mr. Gone
- Safe and sound
- Feathers
- Nightmare No. 5 oder 6
- The violent blue
- Circles
- Elegant disasters
- Eat shit and die
- All the distant ships
Gesamtspielzeit: 46:13 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Bonanza |
2011-01-26 17:15:46 Uhr
3/10 sind natürlich völliger Quatsch.Sleep Well hat von mir genügend Chancen erhalten, fällt aber immer noch ab, gerade im Vergleich zum Debut. Die 7/10 für "the violent blue" ist durchaus in Ordnung. |
Dan |
2011-01-26 11:49:33 Uhr
Langweilig. 3/10 |
Mister P. |
2011-01-26 08:54:36 Uhr
Hi at all,gebt dem Album "sleep well" eine Chance! Ich war anfangs auch der Meinung, dass das Album nicht der Hammer ist, aber es braucht eine Weile. Das ging mir mir bei "ghost" von RF auch so und das ist bis heute mein absolutes Lieblingsalbum! Ich verneige mich vor einem dem größten und (zur Zeit) am wenigsten beachteten Genius unserer Zeit: Mr. Ben Cooper! |
Bonanza |
2010-08-04 11:48:24 Uhr
@ The Triumph of our Tired EyesGhost nachts und s/t tags/abends, das kann ich unterschreiben. Und den Rest auch. |
The Triumph of Our Tired Eyes |
2010-08-04 08:03:26 Uhr
@BonanzaHoss, ich weiss was du meinst:) Sagen wirs so: Ghost in der Nacht, s/t am Tag und Abend. Wenigstens sind wir uns in zwei Sachen einig: Die Violent Blue ist sehr hübsch und die Sleep Well so naja. Obwohl We Will Walk Through Walls ein toller Song ist. |
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Referenzen
Radical Face; The Postal Service; Dntel; Death Cab For Cutie; The Album Leaf; The American Analog Set; Her Space Holiday; Finn; Stars; Styrofoam; Uzi & Ari; Phantom/Ghost; Readymade; The Notwist; Ms. John Soda; The Go Find; Telefon Tel Aviv; Depeche Mode; Turner; Jet Johnson; Art Of Fighting; State River Widening; Yo La Tengo; Youth Group; Aerial M; Papa M; Pajo; Pinback; Rob Crow; Hum; Castor; Mogwai; National Skyline; Interpol; U2; Neverending White Lights; Slowdive; Lush; Monster Movie; Semifinalists; Maps; The Zonnhaider's Club; M83; Air Formation; Sigur Rós
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