tUnE-yArDs - BiRd-BrAiNs
4AD / Beggars / Indigo
VÖ: 20.11.2009
Unsere Bewertung: 5/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Kindergarden State
Irgendwann zwischen dem sechsten und achtzehnten Monat des Lebens wandert der Blick in den Spiegel. Und von dort glotzt nicht mehr ein Fremder zurück, sondern das eigene Ich. Mancher kann den Blick noch abwenden, andere begreifen in diesem Augenblick, wer der neue Mittelpunkt ihrer Welt ist. Anders ist es kaum zu erklären, dass sich im egozentrischen Sound von Merrill Garbus alias tUnE-yArDs eben alles nur um einen Stern dreht. Dieses Universum ist anscheinend mal wieder in einem der zahllosen Kinderzimmer entstanden, die immer öfter als Aufnahmestudio missbraucht werden. Und dort fand die Guteste nicht nur bunte Plastikfedern zum Auf-den-Kopf-kleben und Farben, um sich das Gesicht richtig verrückt anzumalen, sondern auch zahllose Tröten, Samples, Effekte und Stimmen, die dem LoFi-Folk von "BiRd-BrAiNs" in den Hintern geschoben wurden.
Zäpfchengleich entfalten diese ihre Wirkung von innen, und es rumpelt an allen Ecken und Enden gewaltig. Verknarzt stampft der Bass von "Sunlight" daher, und in "Fiya" wird mal eben "You were always on my mind" geschmettert, nur um der ewigen Schnulze mit einem beherzten "I'm not beautiful" beide Beine zu brechen. Die erste Person Singular findet sich aber nicht nur da wieder, denn an jeder Stelle thematisiert Merrill Garbus das, womit sie sich am besten auskennt: sich selbst. Und dieses Selbst gilt es zu positionieren zwischen den ganzen Alltäglichkeiten und Neurosen, die von der anderen Seite des Gartenzauns herüberlachen. Trotzreaktionen sind da vorprogrammiert.
"Jamaican" ist dabei leider ungefähr so crazy wie eine Ü30-Party und mit seinem verstohlenen "I see you"-Gejapse ziemlich paranoid. Denn trotz Produktion und erzwungenem Versuch, aus dem Rahmen zu fallen, manifestiert "BiRd-BrAiNs" im Grunde pure Heimeligkeit. Der Ausbruch in "Safety" knackt diese zwar ansatzweise, aber bis auf ein paar Risse an der Fassade bleibt alles beim Alten. Unmelodisches Rufen erstickt alle Wohlklangsambitionen, und zur Not zermatschen sich die Instrumente gegenseitig. Songs wie "Hatari" wollen etwas aus dem Ärmel schütteln, wirken letztendlich aber furchtbar angestrengt. Naivitäten steigen brodelnd an die Oberfläche und kotzen sich aus wie ein Kind, das in seinem Zorn die Sandburg zerstört. Bisweilen wirkt das so zwanghaft, dass erfüllte Erwartungen an die Stelle von Überraschungen treten.
Es dauert eine Weile, bis sich die Feinheiten offenbaren, die sich zwischen Ramsch und Geheul verbergen. Trotz der zahllosen Legosteine, über die man mit blanken Füßen marschieren muss, lohnt sich genaues Zuhören hier nämlich. Eine Erkenntnis, zu der eben auch Schmerz gehört. Zerstörung und Schönheit gehen Hand in Hand. Melodien sind dazu da, um verknotet, verbuddelt oder zur Not einfach über den nächsten Strommasten gehängt zu werden. Zum Schluss hat man mehr als nur Kenntnis genommen von dieser Dame, die mit ihrer Stimme den Clown aus der Box holt. Ein Wegdrehen ist nicht möglich, dafür Zehenspitzengefühl gefragt.
Highlights
- Lions
- Fiya
Tracklist
- For you
- Sunlight
- Lions
- Hatari
- News
- Jamaican
- Jumping Jack
- Little tiger
- Safety
- Fiya
- Synonynonym
- Want me to
- Real live flesh
Gesamtspielzeit: 53:57 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
bee |
2010-01-13 16:21:56 Uhr
die Rezi ist wirklich ein PT Tiefpunkt: Vulgär-Psychologie, anale Phantasien und die dauernde Behauptung Ich-Bezogenheit könne keine gute Musik hervorbringen. Bitte wieder schlichte Rock-Platten rezensieren, danke. |
smörre |
2010-01-12 22:47:08 Uhr
hervorragende rezi björn. amüsant geschrieben und wohlfeil formuliert. grüße! |
Ich #81 |
2010-01-12 22:29:40 Uhr
Ganz ganz schwache Rezension, Björn Soundso. |
Mixtape |
2009-11-30 21:34:28 Uhr
Ich habe sie im Vorprogramm der Dirty Projectors gesehen und da hat es wirklich Spaß gemacht. In den heimischen Wänden stelle ich mir das allerdings anstrengend vor. |
closerAndfaster |
2009-11-30 20:33:38 Uhr
soll das wirklich immer eine frau sein die da singt???ich bin mir da nicht ganz sicher.......... |
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Referenzen
CocoRosie; Micachu; Dirty Projectors; Tickley Feather; Sister Suvi; Here We Go Magic; Ramona Falls; Florence & The Machine; Deerhoof; Santigold; Gang Gang Dance; Nina Nastasia; Björk; Free Kitten; Black Moth Super Rainbow; Metallic Falcons; Woods; Xiu Xiu; Devendra Banhart; Bat For Lashes; Le Loup; Telepathe; Vashti Bunyan; Animal Collective; St. Vincent; Patrick Wolf
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