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The Leisure Society - The sleeper

The Leisure Society- The sleeper

Full Time Hobby / PIAS / Rough Trade
VÖ: 16.10.2009

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Wie im Traum

"The best news to report is I have quit the day job", verkündete Nick Hemming am 20. Mai 2009 in seinem Blog. Dabei gab es doch noch bessere Neuigkeiten mitzuteilen, als das Ende seiner Plackerei in der Tapetenfabrik: Völlig überraschend war sein Song "The last of the melting snow" in der Kategorie "Best song musically and lyrically" für einen Ivor Novello Award nominiert worden. Zu diesem Zeitpunkt hatte Hemmings Band The Leisure Society noch nicht einmal einen richtigen Plattenvertrag. Ihr Debütalbum "The sleeper" war in Eigenregie auf dem kleinen Label des Willkommen-Kollektivs veröffentlicht worden, einem losen Zusammenschluss von Musikern, Künstlern und Promotern aus Brighton. Den renommierten Songwriter-Preis gewann schließlich Guy Garvey von Elbow für "One day like this". Aber The Leisure Society wurde kurze Zeit später immerhin ein Plattendeal angeboten - von einem sympathischen Londoner Label, dessen Name wirklich ganz ausgezeichnet zu einer Band passt, die übersetzt "Freizeitgesellschaft" heißt: Full Time Hobby.

Wie so oft begann alles mit einem Ende: Nach neun gemeinsamen Jahren wurde Hemming von seiner Freundin verlassen. Kurz vor Silvester. Den Jahreswechsel verbrachte er, in Gesellschaft einer Flasche Wodka, auf dem Boden der Tatsachen - und schrieb "The last of the melting snow". Ein hinreißend getragenes Stück Kammerfolk mit herrlich bittersüßen Streichern, tapfer gezupfter Akustikgitarre, beruhigendem Piano, sachte tirilierender Querflöte und leuchtenden Glockenspieltupfern. Dass der Song mit seiner Schüttelglasmelodie eher nach den ersten Schneeflocken des Jahres, als nach Tauwetter klingt, ist natürlich kein Zufall, und man versteht: Dahinschmelzen funktioniert nur mit externer Herzenswärme, und Tauen ist dann doch etwas ganz anderes. Es dauert, bis man die aufgezwungene neue Freiheit als Land der unbegrenzten Möglichkeiten begreift - "America seems an awful long way to go." Hemming zweifelte sogar daran, "The last of the melting snow" selbst singen zu können. Er schickte das Lied Neil Hannon und - ausgerechnet! - Guy Garvey. Aber keiner der beiden reagierte auf sein Angebot.

Drei Jahre später kürte Garvey "The last of the melting snow" in seiner BBC-Radioshow zu seinem persönlichen Lieblingssong des Jahres 2008. Manche Dinge brauchen eben Zeit. "The sleeper" gehört nicht dazu: Dieses Album wird man sofort lieben - vorausgesetzt, man mag schwelgerische Melodien, märchenhafte Arrangements aus so niedlichen Instrumenten wie Mandoline, Banjo, Flöte, Violine und Melodica, gedoppelte Vocals und Lagerfeuer-Chorgesang, Folk-Pop mit Beach-Boys-Flair, Sechziger-Jahre-Romantik und zeitlose Melancholie. Selbstmitleidig wird es bei The Leisure Society aber nie, das stellen sie gleich im Opener unter Beweis: "I'm gonna change my circumstance / To give myself a fighting chance", lautet die Kampfansage. Geschrieben hat Hemming den Song zusammen mit Bandkollege Christian Hardy, einem alten Freund, den er seit seiner Jugend in Burton upon Trent kennt und der ihn bei sich aufnahm, als er frisch verlassen nach London ging. Selbst wenn man es nicht wüsste - man würde hören, dass dieses Album von Freunden gemacht wurde. Von Freunden für Freunde.

The Leisure Society gelingt eine beeindruckende Opulenz, die jedoch nie von Kronleuchtern, sondern immer von Kerzenschein erleuchtet wird. Dabei präsentiert sich das Septett als ebenso stilsicher wie traditionsbewusst: "A short weekend begins with longing" ist ein Großcousin von Harry Nilssons "Everybody's talking" und gönnt sich auch noch eine Wahlverwandtschaft mit "Mrs. Robinson", während das filmisch anmutende "We were wasted" Nick Drakes "River man" die Ehre erweist. Baden geht Songwriter Hemming mit seiner Referenzfreundlichkeit aber keineswegs - dafür ist er viel zu talentiert. Jedes seiner Lieder ist ein Unikat, auch wenn die Arrangements auf Albumlänge noch einen winzigen Hauch mehr Vielfalt vertragen hätten. Am interessantesten ist die Begleitung zu "The darkest place I know": Kalimba, Ukulele, Glockenspiel. Noch mehr ins Ohr gehen allerdings "Save it for someone who cares" und "A matter of time", zwei wahrlich grandiose 60s-Pop-Perlen. "Here's another name to add to your collection / She lacks in desire what I lack in direction", singt Hemming da. Glatt gelogen. Er weiß nämlich sehr gut, wo's langgeht - und zwar mit traumwandlerischer Sicherheit.

(Ina Simone Mautz)

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Highlights

  • A fighting chance
  • The last of the melting snow
  • We were wasted
  • A matter of time

Tracklist

  1. A fighting chance
  2. The sleeper
  3. The last of the melting snow
  4. A short weekend begins with longing
  5. We were wasted
  6. Save it for someone who cares
  7. The darkest place I know
  8. Are we happy?
  9. Come to your senses
  10. A matter of time
  11. Love's enormous wings

Gesamtspielzeit: 38:58 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
dr. note
2010-01-20 14:42:26 Uhr
Leider hält das Album nicht ganz, was die ersten 3, 4 Songs zu Beginn dem geneigten Hörer zu versprechen scheinen.

Wer's gerne indie-folkig mag, sollte mal bei "Firekites - The Bowery" das Ohr anlegen.
Für mich das klar bessere Produkt aus dieser Sparte.
Lachende Krähe
2009-10-13 22:27:42 Uhr
Jaja, das Album braucht etwas, hat aber sicherlich einige Perlen an Bord, wie zum Beispiel "We Were Wasted", oder auch "A Matter Of Time". Jedoch auch ein, zwei Songs die den Albumtitel zum Programm werden lassen. An dieser Stelle ist besonders "The Darkest Place I Know". Ab und zu erinnert mich das ganze an Weihnachtsmusik, aber das passt ja langsam auch schon wieder. Für mich eine 7/10. Wo liegt sich so bei euch?
pete
2009-10-06 01:41:53 Uhr
geniale platte
Heulender Vogel
2009-05-27 14:31:47 Uhr
Bestellt, danke für den Link. :]
Kilian
2009-05-27 14:22:46 Uhr
Warum denn so kompliziert? Einfach direkt beim Label bestellen:
http://www.willkommenrecords.co.uk/shop/releases/the-leisure-society-the-sleeper
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