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Ich + Ich - Gute Reise

Ich + Ich- Gute Reise

Polydor / Universal
VÖ: 13.11.2009

Unsere Bewertung: 3/10

Eure Ø-Bewertung: 4/10

Weiß der Bäcker

Irgendwann ist Schluss, Annette. Hat Frau Humpe auch so einige Strömungen innerhalb der deutschen Musiklandschaft mitbegründet und nebenbei einen ganzen adeligen Männerchor gestemmt - der Schwanengesang im Abendrot ihrer Karriere könnte kurioser nicht sein. Auch das dritte Album des Duos Ich + Ich basiert auf vermeintlichem Tiefgang, seichten Songs und der sämigen Stimme des biederen Adel Tawil. Dass man in einschlägigen Kreisen davon spricht, "Gute Reise" würde das Spektrum der Popmusik ein Stück voranbringen, ist blanker Hohn.

Da darf man gerne schmunzeln, hört man die aktuelle Single "Pflaster". Ein Song, der sich wie der zweieiige Zwilling des Radiohits "Vom selben Stern" aufführt, obwohl schon dieser nur ein einfältiges Abpinseln der Gorillaz-Single "Feel good inc." war. So funktioniert die Formel von Ich + Ich: Weiche, glatte Beats treffen auf einen cremigen Basssound, zu dem voraussehbare Melodien gezimmert werden. Es ist offensichtlich, dass die Musik des Duos nicht mehr ist als Plattitüde. Sie will nichts, sie hat keinen Kern. Sie ist einfach nur da.

Man darf sich gerne über die Menschen wundern, denen die Texte nach eigenem Bekunden aus der Tiefe ihrer Seele sprechen: Das Pendel schwingt zwischen Selbstmitleid, sozialer Krise und naiver Zuversicht. Eine Zeile wie "Hallo, mein Name ist Verlierer / und ich sitze in der allerletzten Reihe ganz hinten / Die gestern meine Freunde waren, sind nicht erreichbar für mich" spricht Bände. Die Reißleine zum Unerträglichen kappt das hilflose "Danke". Humpe singt selbst und sondert dabei im Schnelldurchgang ein Dankeschön an allerlei Dienstleister ab: "Ihr Bäcker, die ihr aufsteht / Wenn ich mich nochmal umdreh / damit ich mein Frühstück hab". Und ertrinkt damit im Schmonz zwischen Anbiederung und Gutmenschentum.

Positiv aus dem Rahmen fällt lediglich der ordentliche Groove von "Hilf mir", der so etwas wie das grelle Licht im Dunkel ist. Tawil nimmt zumindest in der Strophe sein triefendes Pathos aus der Stimme und lässt sich vom Rhythmus treiben. Das könnte man in Anbetracht der sonstigen Umstände sogar als gelungen bezeichnen. Über den irrsinnigen Erfolg des Duos braucht man sich angesichts der Glätte und Witzlosigkeit von "Gute Reise" jedenfalls nicht zu wundern. Ein exaktes musikalisches Abbild all der Menschen, die diese Musik kaufen müssen. Und es gar nicht anders wollen.

(Christian Preußer)

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Highlights

  • Hilf mir

Tracklist

  1. Pflaster
  2. Einer von zweien
  3. Universum
  4. Es tut mir leid
  5. Die Lebenden und die Toten
  6. Hilf mir
  7. Was wär ich ohne Dich
  8. Hallo hallo
  9. Stein
  10. Danke
  11. Alleine tanzen
  12. Yasmine

Gesamtspielzeit: 46:05 min.

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