Westernhagen - Williamsburg
Kunstflug / Warner
VÖ: 23.10.2009
Unsere Bewertung: 5/10
Eure Ø-Bewertung: 3/10
Ich bin ein Amerikaner
Er leiert, er singt, er quält sich, er lamentiert. Es geht um Liebe und Frauen, Protest und Politik. Es ist Funk und Blues und Country und natürlich Rock. Es ist nichts Neues und auch nichts Überraschendes. Aber es macht schon Spaß. Westernhagen hat ein neues Album, vier Jahre nach "Nahaufnahme" und knapp ein Jahr nach seinem 60. Geburtstag. Die Rente ist also in Sicht, da nimmt der Mann sich die Freiheit, eine sehr amerikanische Platte aufzunehmen. Gab er sich auf Cover zuletzt ein wenig metrosexuell, stinkt "Williamsburg" in weiten Teil wieder nach Männerschweiß und sympathisch-selbstironischer Rocker-Überheblichkeit.
Und wieso auch nicht? Mit einer vernünftig groovenden Band im Hintergrund ist es nicht schwer, einfache Bluesrocker gut klingen zu lassen. Und Westernhagens Stimme passt ganz vorzüglich auf die locker-flockigen Arrangements von "Williamsburg". So beginnt die Platte dann auch mit funky Schlagzeug und Bass, Gitarren und Keyboards mogeln bluesige Fills zwischen die Zeilen, während Westernhagen "Obama" auf "Rama" reimt und gut gelaunt schon im ersten Song einen "letzten Furz" abgibt. Abgehangen und im besten Sinne unangestrengt schwurbelt er sich durch das leicht wahnsinnige "Schinderhannes" und die sinistren Zirkusmelodien von "Mit beiden Füßen auf den Boden".
Probleme kriegt Westernhagen erst, wenn er es mit Balladen versucht. Um einen derart schmierigen Lovesong wie "Liebeswahn" zu schreiben, müsste sich selbst Ärzte-Bassist Rod Gonzáles enorm anstrengen. Und auch "Zu lang allein" suhlt sich trotz seiner schlicht-schönen Strophe zu sehr im Schlager-Schmalz. Auf die Spitze treibt es das Duett "Heute Nacht", das Bilder von Westernhagen im pastellblauen Polyester-Anzug im Kopf entstehen lässt. Samstagabend, Zwanzich-Fuffzehn im Ersten. Die Bühne der Schlagerparade voll mit Rosengestecken und in das getaucht, was man gemeinhin "atmosphärisches Licht" nennt. Plötzlich rückt Amerika wieder in ganz weite Ferne.
Gut, dass zwischendurch auch wieder Songs wie "Wir haben die Schnauze voll" kommen. Ein Stück, bei dem erst der Blick ins Booklet klarmacht, dass da nicht ZZ Top als Background-Band spielen und das auch sonst sehr direkt daherkommt: "Heilig ist die Musik / Verflucht sei, wer sie betrügt / Gier ist der Tod der Kunst / In Köln nennt man die Pussi Punz." Wieder was gelernt. Und überhaupt weiß Westernhagen ja selbst: "Und die Moral von der Geschichte / Du bist noch lang kein Poet / Schreibst Du auch Gedichte."
Highlights
- Schinderhannes
- Komm schon
- Wir haben die Schnauze voll
Tracklist
- Hey, hey
- Schinderhannes
- Mit beiden Füßen auf dem Boden
- Komm schon
- Liebeswahn
- Typisch Du
- Zu lang allein
- Wir haben die Schnauze voll
- Heute Nacht
- Liebe stinkt
- Ein Mann zwischen den Zeilen
- Aus Dir Mutter
Gesamtspielzeit: 49:25 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Mark Westin-Müllerhagen |
2010-08-25 05:32:48 Uhr
Schnuffiges neues Album der deutschen Rocklegende. Spürbar am amerikanischen Rootsrock orientiert, schafft es der mittlerweile 60-jährige Künstler, ein Songset zusammenzustellen, das es in sich hat. Sowohl Texte als auch Gesang überzeugen in jeder Hinsicht. Knackige Riffs folgen auf erdige Balladen. Ihr Bohlen-Kiddies wisst gar nicht, was gute Qualität ist. |
Herbert G. |
2010-08-24 23:56:07 Uhr
Gutes "Back to the Roots"- Rock-Album.Dass Marius immer noch nicht so gute Texte wie ich schreibe ist nicht so schlimm, musikalisch kann man uns eh nicht vergleichen - auch wenns viele versuchen. Wünsche ihm weiterhin viel Erfolg als die deutsche Nr.2 |
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2010-05-28 00:57:46 Uhr
dumpfbackenhagen |
fidi |
2010-03-29 16:17:04 Uhr
Kurz nachdem ich mir das neue Westerhagenalbum runtergeladen habe bekam mein Rechner prompt, trotz aktuellem Antivirenprogramm, MP3 Herpes. |
|
2009-11-16 11:51:01 Uhr
Hieße der Osternhagen hätte er nicht son Feedback |
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