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Converge - Axe to fall

Converge- Axe to fall

Epitaph / Indigo
VÖ: 23.10.2009

Unsere Bewertung: 9/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Im Maul der Bestie

Converge sind kein Zuckerschlecken. Wenn einen ihre neue Platte "Axe to fall" nach einer knappen Dreiviertelstunde wieder ausspuckt, muss man sich zunächst mal sammeln. Sich hinsetzen. Kopf und Ohren lüften. Vor allem dann, will man jemandem vermitteln, was das für ein Gefühl ist, sich diesen Männern auszuliefern. Zu groß ist die Gefahr, zu stammeln. Zu nah der Setzkasten mit den nickendsten Adjektiven, die man in den Superlativ steigern könnte, wie das sonst nur Presse-Texte und Platten-Besprechungen im WOM-Journal tun. Denn extremer als extrem ist es sicherlich, dieses "Axe to fall". Viel härter als alle anderen Platten, die hier in diesen Wochen besprochen werden, sowieso. Einschließlich Creed, klar.

Was das Paradoxe an diesem Album ist, denn um Härte der Härte Willen geht es ihm ja gar nicht. Wenn Converges Schlagzeuger Ben Koller gleich im zweiten Track seine Snares bearbeitet, wie sich das van Damme mit seinen Gegnern nur in FSK-18-Versionen traut, hat das nichts damit zu tun, dass sich Testosteron in seiner Blutbahn stauen würde wie Autos in Ottfried-Fischer-Filmen. Auch wenn Sänger Jacob Bannon später in "Losing battle" mal klingt, als hätte er den Song barfuß auf einer Monats-Packung Reißbrett-Stifte eingebrüllt, geht es ihm nicht um Hass-Tiraden. Manch Tomte-Ultra würde das dieser Platte nie im Leben abkaufen, aber auch ihr geht es um Musik. Die Liebe und die Leidenschaft zu ihr im Besonderen. Form follows function - sie muss ja nicht immer Bierdeckel-Schlager sein.

Converge spielen auf "Axe to fall" nicht bloß ein Stück Musik, bei dem man nur beten kann, dass Gitarrist und Studio-Besitzer Kurt Ballou seine Godcity Studios gegen Erdbeben-Schäden vollkaskoversichert hat. Sie spielen gar deren 13, und das obwohl nicht alles auf diesem Album über den Faktor Lautstärke auf Tinnitus gebrochen wird. Vielleicht zum ersten Mal seit ihrem Bestehen fahren Converge länger als einen Viertel-Song eine Platte auf ein Adrenalin-Niveau runter, das auch Menschen nicht zerreißt, die zu Freundschafts-Turnieren im Schach ihre Beruhigungs-Pillen in der Hosentasche haben. Inmitten der offensichtlichsten Brecher, inmitten dieser Werbesongs für Oropax gönnen Converge ihren Hörern nämlich Time-Outs, die ganze Stücke halten. Relativ gesehen natürlich.

So ist "Damages" ein Schleifer, vollgepackt mit Sludge- und Doom-Riffs, runtergetaktet auf ein Spieltempo, dem man auch morgens kurz nach Aufstehen schon folgen kann. So verschleppen Converge "Worms will feed/Rats will feast" in einen Sandkasten voll mit Wüstensand und Zeitlupen-Gitarren, kippen einen Eimer Rost-Wasser darüber und suhlen sich in diesem Drone-Schlamm, bis sie eingesaut und ihre Hörer mürbe sind. Und die Idee hinter "Wretched world" wäre in den Händen von jemand anderem bestimmt so etwas wie eine amtliche Feuerzeug-Ballade geworden - nur auf "Axe to fall" mündet sie in einer Art Postcore-Geisterstunde, komplett mit Waber-Gitarren, Atmosphären-Kniffs und Musikern, die sich im Schneidersitz um eine Petroleum-Lampe versammeln.

Der meiste Rest von "Axe to fall" ist rasant bis rasanter. Alleine wie Kurt Ballou in "Dark horse" seine Tempolicks runterreißt, dürfte Teilzeit-Power-Echorder weinen lassen. Schon wie Converge in "Dead beat" Hardcore, Post, Metal, Core und Zeug in all ihre Einzelteile zerfetzen, lässt den versammelten Kirmes-Core wie Juze-Metal aussehen. Und brachialer als in "Wishing well" hat noch niemand Discharge-Beats übersteuert. Kein Zufall, dass sich auf der Gästeliste von "Axe to fall" keine übliche Verdächtigen, Szene-Nutten und Möchtegerns eintragen, sondern Gleichgesinnte und Brüder im Geiste. Unter anderem sind das drei Viertel von Cave In, Steve Von Till von Neurosis und George Hirsch von Blacklisted. Das Label muss das nicht mal als Supergroup bejubeln, man hört es in jedem Querschläger auf dieser Platte, was Sache ist. Zusammen machen sie eine Album wie eine Watschn an all diejenigen, die Hartsein mit Härte verwechseln. Hardcore mit Plattitüden. Metal mit Trittbrettfahren. Und eine, die noch vor "Ox" von Coalesce die wichtigste Genre-Platte des Jahres ist, gerade weil und obwohl sie keine Genre-Platte ist. Sondern nicht weniger als ein Statement.

(Sven Cadario)

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Highlights

  • Dark horse
  • Reap what you sow
  • Wishing well
  • Slave driver
  • Wretched world

Tracklist

  1. Dark horse
  2. Reap what you sow
  3. Axe to fall
  4. Effigy
  5. Worms will feed/Rats will feast
  6. Wishing well
  7. Damages
  8. Losing battle
  9. Dead beat
  10. Cutter
  11. Slave driver
  12. Cruel bloom
  13. Wretched world

Gesamtspielzeit: 42:12 min.

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User Beitrag

Affengitarre

User und News-Scout

Postings: 11091

Registriert seit 23.07.2014

2023-12-07 14:18:20 Uhr
Schon ein echt gutes Album, aber ich mag die Band doch lieber wenn sie etwas punkiger und weniger im Metal unterwegs ist. Die Highlights sind trotzdem riesig, alleine "Dark Horse" bläst alles weg.

Leech85

Postings: 850

Registriert seit 15.03.2021

2021-11-22 17:02:11 Uhr
Solche Songs findest du einzeln auf jedem Album:

You Fail Me / Titeltrack & In her shadow
No heroes / Grim heart Black Rose & Trophy Scars

The Dusk in Us / Auch der Titeltrack

Dulle

Postings: 396

Registriert seit 29.10.2021

2021-11-22 16:55:22 Uhr
Danke für die Tipps - werde ich mir nachher mal anhören.

fakeboy

Postings: 5164

Registriert seit 21.08.2019

2021-11-22 16:38:53 Uhr
"Scorpion's Sting" von der Bloodmoon passt am besten in diese Richtung.

Affengitarre

User und News-Scout

Postings: 11091

Registriert seit 23.07.2014

2021-11-22 16:19:47 Uhr
Eigentlich eher nicht. Die meisten Tracks sind schon eher kurze, agressive Brocken. Am ehesten gehen noch der Titeltrack und "Thousands of Miles Between Us" von der "The Dusk in Us" in die Richtung. Ansonsten kannst du ja das aktuelle Album mit Chelsea Wolfe probieren. Geht von der Stimmung auch nicht unbedingt in die gleiche Richtung, hat aber mehr epische und softere Tracks als die restlichen Alben zu bieten.
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