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Ulme - Tropic of Taurus

Ulme- Tropic of Taurus

Noise-O-Lution / Indigo
VÖ: 02.10.2009

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Last men standing

Kurz nach der Veröffentlichung von "Dreams of the Earth" ging es schon wieder los - mit dem Rabatz, dem Stunk, all dem Rambazamba. Zu energiegeladen der eine. Zu genervt der zweite. Zu ratlos der dritte im Bunde. Doch wer allein deshalb dachte, dass Ulme nur dann als Band funktionieren, wenn sie auch als Prügelknaben amtieren, der sieht sich mit "Tropic of Taurus" eines Besseren belehrt. Neben Arne Heesch existiert mittlerweile kein Original-Ulmianer mehr. Umgeworfen hat es sie diesmal nicht. Eine neue Zuversicht, die auf "Tropic of Taurus" durchaus widerhallt: Klangen Ulme seit jeher, als würden sie am liebsten vor sich selber davonlaufen, so bleiben sie nun standhaft, zeigen sich geläutert und lernwillig.

Dabei steigt auch "Tropic of Taurus" durchaus berserkermäßig ein. "Rubber p." und "My heart stops beating (when yours is near)" konterkarieren die wummernde Tiefe ihrer Teufelsblues-Akkorde durch ein - für Ulme-Verhältnisse - beinahe punkiges Uptempo. Später wiederholt "Jewel" dieses Spiel mit den Geschwindigkeiten, strickt aber doch eindeutig kickendere Riffs mit ein. Das ist eher der Rawk'n'Roll einer Noise-Punk-Institution wie Season To Risk als der altbekannte Todesgroove. Wird dieser zu den Schlusssätzen dennoch angeworfen, so kommt er als echter Kopfnicker daher. Und funktioniert als Erlösung mit gespaltener Zunge und doppeltem Boden. Will sagen: So einfach war Katharsis bei Ulme bisher kaum zu haben.

Ein erstes Zeichen dafür, dass irgendetwas anders werden sollte, auf "Tropic of Taurus". Man darf konstatieren: Es glückt, aber nicht ohne eine dicke Schicht früherer Intensität gleich mit abzutragen. Einen zweiten Schnitt unternimmt "Orpheus". Ein kurzes Statement, eine Gala-Vorführung darin, was passieren kann, wenn Ulme tatsächlich einmal auf den Pop-Trip kommen sollten. Produzent Kurt Ebelhäuser schnappt sich hier die Gast-Vocals, und Heesch reklamiert aus dem Hintergrund wie gegen eine feindliche Übernahme. Dazu servieren Ulme ein Riff, das sie Brian Molko so lange aus dem Schlotterleib gedroschen haben, bis dieser aber mal richtig auf dicke Halsader macht. Durchaus hymnisch zu Beginn, prallt all das aber doch sehr gewollt aufeinander. Vor allem Heeschs und Ebelhäusers Gesang wissen sich nicht wirklich zu unterstützen. Vielmehr kitzelt der Kontrast so einiges an stimmlichen Gebärden und Redundanzen hervor.

"Little spark" und "Girl of the sea" operieren hingegen altbewährt - als Insassen einer Irrenanstalt, die ihre weißen Gewänder ausschließlich fürs möglichst effektive Vollsudeln nutzen. Laut und Leise trauen sich hier längst nicht mehr über den Weg, belauern sich und reißen sich schließlich gegenseitig auseinander. Die Basssaiten der Gitarre kratzen eher, als dass sie dröhnen, finden aber selbst im bereits maximal angespannten Zustand noch eine weitere Vertiefung. Das Schlagzeug legt es nicht auf Energieabfuhr an, sondern zurrt den Brustkasten derart eng zusammen, dass eine Zwangsjacke wie eine Wick-Blau-Kur erscheint - während Heesch mit der typischen Mischung aus Qual und Kampfeswille dagegen anbrüllt. Auch "Sisyphus, crack the stone!" - oder "Krack sa staaon", wie Heesch, nun ja, präzisiert - ist ein echt zäher Brocken und zeigt als solcher die genau richtige Konsistenz. Und selbst die Schlusstroika säuft im Grunge-Sea-Of-Sorrow nicht wirklich ab.

Da waltet er also wieder, der Todestrieb. Hier kämpft "Tropic of Taurus" in bester Ulme-Manier an allen Fronten zugleich. Und zerstört sich schließlich selbst als pars pro toto für all das Schlechte, Böse und Wahnsinnige dieser Welt. In diesem unendlich düsteren, vergifteten Milieu funktioniert dann selbst eine kurze Dur-Auflösung wie bei "Saviour". Ein Lied wie eine Reprise. Ein einziger, schmerzvoller Spannungsbogen. Ohne Krach, ohne Ende, ohne Katharsis oder Ziel. Mag der Kampf auch sinnlos sein - Ulme kämpfen ihn dennoch. Immer noch.

(Tobias Hinrichs)

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Highlights

  • Sisyphus, crack the stone!
  • Girl of the sea
  • Phoenix awakens

Tracklist

  1. Rubber p.
  2. Sisyphus, crack the stone!
  3. My heart stops beating (when yours is near)
  4. The web
  5. Little spark
  6. Orpheus
  7. Girl of the sea
  8. Jewels
  9. Light in the trees
  10. Phoenix awakens
  11. Saviour

Gesamtspielzeit: 56:35 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
lol
2016-01-04 19:20:27 Uhr
6/10 in der Rezi für diese fette Platte? Ich glaube, es hackt?
wow
2014-12-11 02:11:37 Uhr
Ebelhäuser macht auf diesem Track eine wirklich saugute Figur!!
toolshed
2009-12-29 23:35:34 Uhr
Wirklich gut, das Album. Mit den früheren Ulme-Werken nicht zu vergleichen, denn heute liegt die Stärke der Band offenbar eher in den ruhigen und intensiven Passagen; 'Girl Of The Sea' ist da unbedingt zu nennen.
fm1
2009-10-14 20:46:02 Uhr
@Berni: Ähm, nee, ich glaube da irrst Du... Green Growing Soul war jedenfalls wirklich sträflich vernachlässigt worden.
toolshed
2009-10-11 05:36:55 Uhr
Mal 'ne Frage bezüglich flight13:

Gibt es die "The Sea In Me" EP mit dem Album (als CD) dazu, oder sind die drei Songs einfach nur zusätzlich auf die "Tropic of Taurus" CD gepresst?
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