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Spiritualized - Let it come down

Spiritualized- Let it come down

Arista / BMG
VÖ: 01.10.2001

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Im Rausch der Tiefe

Pop hat keineswegs die Aufgabe, das alltägliche Leben zu illustrieren - Pop muß sich um das Außergewöhnliche kümmern. Notfalls wird höchstens zum Ausnahmezustand erklärte Normalität ins Rampenlicht gerückt. Pop behandelt den Rausch, den unausweichlichen Höhepunkt, den Peak, das glamouröse Taumeln und Schlingern auf der Klimax oder den Weg dorthin. Nach dieser These wäre das neueste Spiritualized-Werk "Let it come down" nicht mehr Pop, sondern etwas ganz anderes. Der Albumtitel deutet es an: Hier wird das Runterkommen zelebriert, die Läuterung, der schwere Abstieg in die Normalität mit all seinen unschönen Nebenwirkungen und somit definitv nicht das, was man normalerweise von Pop verlangt.

Mastermind Jason Pierce ist mittlerweile clean, munkelt man, was den Weg von Trip-Musicals zu diesem Zeugnis des Absturzes und Aufpralls durchaus schlüssig erklären würde. Pierce war bis 1991 die Hälfte der Spacemen 3, die nach dem Leitsatz "Taking drugs to make music to take drugs to" funktionierten. Zusammen mit Sonic Boom widmete sich Pierce der von minimalistischer Psychedelik durchsetzten musikalischen Dokumentation des Rausches, oft genug hart an der Grenze zu avantgardistischen Klangwelten. In den letzten zehn Jahren widmete er sich als einziges festes Mitglied von Spiritualized hingegen relativ simplen Songstrukturen, die er mit einer unglaublichen Detailversessenheit zu aufwendigen, stark verwinkelten Kraftakten hochpäppelte und sich mit ihnen von Hoch zu Hoch schwang - bei Kritikern und Publikum gleichermaßen.

So ist "Let it come down" trotz des merklichen Bruchs die zwingende Weiterentwicklung bestehender Konzepte. Bis ans Limit gefahrene Spurenkapazitäten, Unmengen von Streichern, hundertköpfige Chöre und weiterer Pomp in ähnlich exzentrischen Größenordnungen müssen genannt werden, um die Musik auf diesem Album zu beschreiben - anders geht es vermutlich kaum. Die konsequente Reizüberflutung ist Programm, der Trip, der außer Kontrolle gerät und unausweichlich mit atemberaubender Geschwindigkeit dem festen Boden entgegenrast, alles, was im Weg steht kompromißlos wegsprengt und im Bewußtsein keinen Platz für irgendwelche Vorkommnisse außerhalb des verengten Blickwinkels des Absackens zuläßt.

In einigen Tracks wie der Single "Stop your cryin'" wird dieser freie Fall kurz vor dem Aufprall abgefangen, in anderen wie "Lord can you hear me" kennt Pierce keine Gnade und läßt den Hörer die volle Brutalität der Depression danach spüren. Dies mitzuerleben kann durchaus reizvoll, spannend und interessant sein. Mit einer gewissen Hartnäckigkeit und einer überdurchschnittlich dicken Haut sollte man allerdings schon ausgestattet sein, wenn man vor hat, sich durch die unzähligen Schichten, Spuren, Stimmen und Geschehnisse zu wühlen, die auf "Let it come down" parallel vor sich hin existieren. Wie bei allen Therapien gilt aber auch hier: Die Entwöhnungsmethode kann genauso zum Problem werden wie der eigentliche Rauschzustand, wenn man die vernünftige Distanz nicht einhält.

(Adrian Schulthess)

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Highlights

  • The twelve steps
  • Do it all over again
  • Stop your cryin\'

Tracklist

  1. On fire
  2. Do it all over again
  3. Don't just do something
  4. Out of sight
  5. The twelve steps
  6. The straight and the narrow
  7. I didn't mean to hurt you
  8. Stop your cryin'
  9. Anything more
  10. Won't get to heaven (the state i'm in)
  11. Lord can you hear me

Gesamtspielzeit: 63:01 min.

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