A Mountain Of One - Institute of joy
10 Worlds / PIAS / Rough Trade
VÖ: 11.09.2009
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Mischen impossible
Jetzt mal ernsthaft: Wenn dieses "Institute of joy" das Werk zweier Leute sein soll, so war das Westfalenstadion wohl schon immer eine - großzügig geschnittene - Einsiedelei. Dennoch geben Mo Morris und Zeben Jameson kaum Informationen über beteiligte Mitmusiker oder Kombattanten preis. Das zumindest war bei ihren "Collected works" noch ganz anders. Da strotzte es vor Information, Namedropping und konzeptionellen Wasserstandsmeldungen. Und nun? Darf sich der Hörer selbst das Leonard-Cohen-Cover "Who by fire" erst einmal selbst erarbeiten. Während Morris und Jameson als Arrangeure eines wahrlich ausufernden Klangzirkus zum Zyklon werden, der alles hinabreißt - bloß nicht ihre äußerst ergiebige Musik.
Denn die hat es in sich. Derart harmonisch edel und eindeutig, aber doch sehr ätherisch musiziert derzeit wohl kaum jemand. Crippled Black Phoenix geben sich alle Mühe, scheitern aber in Serie an den eigenen Rockismen. Geistesverwandte wie Mothlite arrangieren aus ähnlichen Mitteln eine wahre Hölle auf Erden, jedoch keinesfalls ein "Institute auf joy". Talk Talk hingegen konnten das - und sind bekanntlich das einzige Licht, das aus dem Pop-Spandex der 80er nachglüht wie ein tapferer Weißer Zwerg. A Mountain Of One schöpfen jedoch auch hier aus dem Vollen. Der feine Nebelschleier aus Gospel und Soul, den Talk Talk über "Spirit of Eden" und "Laughing stock" legten, hat sich hier zu wahren Himmelsstürmern entwickelt. Mit ihrer Hilfe reißen die Refrains von "In our lifetime" und "Bones" groß gestikulierend die Wolkendecke auseinander - und wissen die Stimmung dennoch zu halten.
Es ist und bleibt ein echtes Mysterium: Wie A Mountain Of One das alles gebacken und dann auch noch als konsistente Erzählung auf die Bühne kriegen. Wie die immer wieder aufprasselnden Frauenchoräle in echtem Flow zwischen Morriconesker Elegie, Sirenen-Feuer und Soul-Tammtamm umherzappeln können. Wie Zeben Jameson seine Stimme scharfzüngig in den Song hinein anschlägt, sie dann aber unfassbar spooky ausklingen lässt. Wie selbst inbrünstige Spanish-Guitars, angejazzte Klavier-Läufe und Santana-Dudeleien ein einziges Pink Floyd malen. Wie rund die Bässe voranhüpfen, die Streicher wimmern, der Rhythmus im ewigen Midtempo zunächst Funk anreißt, um sich zwischen Soul und Dub einzugrooven. Wie scharf die Snare klicken kann, wie viele Tom-Wirbel tatsächlich in einen hirnerweichenden Trip passen, wie bauchig die Bongos dazu rattern. Und alles schließlich einfach in einem Meer aus Klang diffundiert.
Score-Musik schwingt hier sicherlich immer mit. Die Pop-Zerwürfnisse von "Sky is folding", "White spider" oder "River music" spielen A Mountain Of One jedoch nicht zur Untermalung eines flimmernden 2-D. Vielmehr scheinen sie wie in den ganz alten Zeiten im Orchestergraben zu sitzen und hier ihre Dramen aufzuziehen. Langsam, nach und nach, füllt sich dazu die Bühne vor der Leinwand mit Gestalten, Tänzern und Musikern. Die Cinematographie flimmert schließlich nur noch im Hintergrund. Sie ist Teil des Spektakels, weder sein Adressat noch sein Unterbau. Denn Kern, Rahmenhandlung, Figurenzeichnung und -entwicklung bleibt hier die Musik selbst.
Eine Menge Hall und ein ebenso elegant wie dunkel produziertes Klangbild schmieden das Getümmel zusammen. Für manchen Hörer ganz bestimmt ein Zeichen des Zuviel, auf Albumlänge. Ja, "Institute of joy" kann in der gesamten Packung schon anständig die Gedanken vernebeln. Letztlich findet der große Wurf von "Institute of joy" nicht zwischen Konstruktion und Dekonstruktion, sondern zwischen Konzentration und Dekonzentration statt. Ein Mischungsverhältnis, das mindestens so unmöglich erscheint, wie es sich anhört. Und dennoch passiert. Einfach da ist. Mission accomplished.
Highlights
- Sky is folding
- Bones
- River music
- In our lifetime
- White spider
Tracklist
- Sky intro
- Sky is folding
- Bones
- Lie awake
- Green
- Highs of the sun
- River music
- Purple
- In our lifetime
- Ahead of the curve
- Who by fire
- White spider
- Knife of the sultan
Gesamtspielzeit: 59:07 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
pyradonis |
2009-12-14 20:24:32 Uhr
yeah doppelpost... |
pyradonis |
2009-12-14 20:24:00 Uhr
Ich find die 7/10 geht in Ordnung. Ist ne schöne Platte für nebenbei, mit ganz tollen Einzelsongs, die vielleicht 2,3 Songs zu lang geraten ist. |
pyradonis |
2009-12-14 20:23:59 Uhr
Ich find die 7/10 geht in Ordnung. Ist ne schöne Platte für nebenbei, mit ganz tollen Einzelsongs, die vielleicht 2,3 Songs zu lang geraten ist. |
star of the sea |
2009-09-23 15:57:46 Uhr
Also noch kein Thread zu disem Album? Bin gerade beim ersten Hördurchgang und von der niedrigen Wertung (7/10) doch etwas überrascht. |
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Referenzen
Talk Talk; Arcade Fire; Mothlite; Sunset Rubdown; Electric President; Radical Face; Neverending White Lights; National Skyline; Radiohead; Midlake; Death In Vegas; Unkle; Panda Bear; Crippled Black Phoenix; DJ Shadow; Kate Bush; Porcupine Tree; Air; Telefon Tel Aviv; Lindstrom; Savoy Grand; Pajo; Log; M83; The Zonnhaider's Club; Maserati; Tristeza; The Go Find; Piano Magic; Stars; The National Pornographers; The Notwist; New Order; For Stars; Elbow; Archive; Dakota Suite; Siouxsie And The Banshees; Depeche Mode; Real Life; A-Ha; Duran Duran; Pet Shop Boys; The Human League; Spandau Ballet; Adam Ant; Ultravox; ABC; Eurythmics; Orchestral Manœuvres In The Dark; Tears For Fears; Talking Heads; The B-52's; Roxy Music; David Bowie; Eagles; Glenn Frey; Robin Gibb; Kajagoogoo; Culture Club; Visage
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