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Múm - Sing along to songs you don't know

Múm- Sing along to songs you don't know

Euphono / Morr / Indigo
VÖ: 21.08.2009

Unsere Bewertung: 5/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

All is full of fluff

Übrig zu bleiben, ist nicht immer eine Auszeichnung. Da mancher Island-Forscher den elfenhaften Reiz der Band vor allem in den Genen der Valtýsdóttir-Schwestern Gyða und Kristín Anna verortete, verband man mit dem Weggang der Zwillinge nichts Gutes. Dabei waren die Mädels erst hinzugestoßen, als Örvar Þóreyjarson Smárason und Gunnar Örn Tynes längst gelernt hatten, musikalische Üblichkeiten zu vergessen. Also stellten die beiden Rest-Múms eine Wagenladung weiterer Kobolde ein und machten mit "Go go smear the poison ivy" einfach mal ihren Freischwimmer.

Auch "Sing along to songs you don't know" versucht sich am Zeitlupen-Soundtrack der Generation ADHS. Mit reichlich Streichern und ätherischem Gesang fügen sie dem Klischee ein paar Schrammen zu, und unruhige Geräuschschlaufen sorgen für mulmige Tiefe. Die ersten vier Tracks des fünften Albums von Múm fallen angenehm langsam zwischen die Stühle. "If I were a fish" tropft mit verstimmten Saiten von den Flossen einer Meerjungfrau, "Sing along" ist ein gefiltertes Kinderlied auf Mitklatsch-Beats und Flohpulver. "You are so beautiful to us / We want to keep you as our pets", flötet es da aus dem Singsang. "Prophecies & reversed memories" lässt danach erst ein Glockenspiel glitzern. Dann schuffelt plötzlich das Schlagzeug los, als wolle es ganz dringend mit Ukulele und Maultrommel gen Himmel zu fahren. "A river don't stop to breathe" hält für den Fluss den Atem an, damit alles noch ein wenig wunderbar sein kann.

Für einen zusammengeschusterten Mist wie "The smell of today is sweet like breastwind in the wind" möchte man die Isländer aber fünf lange Minuten einfach nur ohrfeigen. Das rudimentär komponierte Nichts versinkt unrettbar im Kitsch, während ein hektischer Uralt-Drumcomputer nach Kräften den Nerv tötet, damit dem Hörer das nicht auffällt. Dabei kann das Ding nicht mal den Lambada. Dieser Schock sitzt tief. Kristallfolk wie "Show me", das spukige "Hullaballabalú" und die zerfließenden "Ladies of the new century" muss daher sein Möglichstes geben, diesen verstörenden Ritt durchs musikalische Sonderangebot wieder wettzumachen.

Doch immer wieder - sogar in den in den bezirzenderen Momenten - vermutet man hinter verhuschten Postrock-Gesten und bambiäugigen Indietronics-Niedlichkeiten das nächste uninspirierte Gestümper. Die Musik kann und will den Nonsens-Verdacht aber gar nicht erst nachhaltig abschütteln. Die künstlerischen Verrenkungen von "Blow your nose" geraten deshalb ähnlich ernsthaft wie der nasenhygienische Titel des Songs. "Kay-ray-ku-ku-ko-rex" versucht sich danach vergeblich an der naheliegenden Synthese aus Carl Orff und Ennio-Morricone-Filmmusik, und "Last shapes of never" macht den esoterischen Retrofuturismus vollständig. Als wäre das nicht schon genug, hüpft immer wieder ein gemischtgeschlechtlicher Chor aus Estland durchs Klang-Patchouli. Sind Múm jetzt plötzlich Hippies? Gottlob nicht. Dennoch sind also auch sie jetzt einmal in die Björk-Falle der kreativen Umnachtung getappt. Dabei wollte man diesen Namen doch eigentlich nie wieder in einer Múm-Rezension lesen müssen.

(Oliver Ding)

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Highlights

  • If I were a fish
  • Sing along
  • Prophecies & reversed memories
  • Hullaballabalú

Tracklist

  1. If I were a fish
  2. Sing along
  3. Prophecies & reversed memories
  4. A river don't stop to breathe
  5. The smell of today is sweet like breastwind in the wind
  6. Show me
  7. Hullaballabalú
  8. Blow your nose
  9. Kay-ray-ku-ku-ko-rex
  10. Last shapes of never
  11. Illuminated
  12. Ladies of the new century

Gesamtspielzeit: 49:10 min.

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