Live - V
Radioactive / MCA / Universal
VÖ: 17.09.2001
Unsere Bewertung: 4/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Selling the drama
An einem Sonntagmorgen vor sieben Jahren war es, als Ed Kowalczyk mit seiner Band Live die Bühne des Superbang-Festival bei Düren erklomm und sich den Hintern wegrockte. Kaum jemand war damals schon wach genug, um zu verstehen, was gerade auf der Bühne passierte. Eine Woche vorher schon hatten sie die Wiederauflage von Woodstock eröffnet und das Publikum sofort auf ihre Seite gezogen. Auf dieser Festivalbühne im Rheinland wirkten sie so zerbrechlich, so sensibel und doch so kraftvoll.
Eine Mischung aus R.E.M. und Pearl Jam. Die Zukunft des Grunge. Die neuen U2. All das las man später über diese Band, als mit ihrem Zweitling "Throwing copper", einem Album voller Hits, auch Deutschland erobert hatte. Voller Pathos und mit oftmals raffinierten Melodien gespickt waren auch die Songs der beiden Nachfolgeralben "Secret samadhi" und "The distance to here". Obwohl mancher meinte, der Zauber, den Live anfangs versprühten, würde sich langsam, aber sicher verflüchtigen, waren doch Stücke wie "Lakini's juice", "Turn my head" oder "The dolphin's cry" für mehr als nur die eine oder andere Gänsehaut gut.
Immerhin stand das Rad der Zeit in der Zwischenzeit auch bei Live nicht still. Freund Tricky, auf dessen letztem Album Kowalczyk schon ausgehalf, revanchiert sich auf "V" mit einem gewohnt düsteren Rap für die Single "Simple creed" und ein paar krachigen Samples. Auf den Geschmack gekommen lassen es Live immer wieder ein wenig pluckern, auch wenn die Gitarren sich sogar mehr als zuletzt in den Vordergrund drängen. Hier gniedelt ein Solo, da kracht der nächste Powerchord, und die Verstärker jaulen mit Kowalczyks Organ um die Wette. "Hallelujah, rock and roll is king." Von allen Holzfällerhemdträgern hatten Live sowieso schon immer die hardrockigsten Riffs. Da heißen die Vorbilder dann eben Deep Purple und Led Zeppelin, und entsprechend eunuchenhaft singt ihr Vorsteher ja auch inzwischen. Aber vielleicht liegt das ja auch nur an seiner zu engen Lederhose.
Auch seine Haare läßt sich Kowalczyk wieder wachsen. Weil es nicht mehr so viele sind, zerzaust er sie eben etwas mehr, was dann ja auch gleich viel wilder ausieht. So fällt es vielleicht nicht so schnell auf, wenn Struwwel-Eds Songs nicht mehr recht auf den Punkt kommen wollen. Da werden die Stücke mit orientalischem Klimbim und nervigen Rockismen so sehr aufgemotzt, daß sie als aufgeblähte Luftblasen kurz vor dem Platzen stehen.
Nach einem zaghaften Einstieg prügeln sich Live unter Beihilfe von Adam Duritz (Counting Crows) regelrecht durch "Flow" hindurch, das sich nicht entscheiden kann, fürs College oder für die Kuttenträger zu rocken. Statt auf eine Idee zu setzen, verquirlt man lieber gleich alle miteinander. Wenn dann das zigste matschige Keyboard, die obligatorisch fette Portion Streicherkitsch und ein tausend Mal gehörtes Setzkasten-Riff dazustoßen, erstickt auch der letzte, naive Funken Hoffnung. Dafür verdankt man der Hobby-Esoterik von Kowalczyk wieder einmal mitunter arg naive Weltverbesserungs-Lyrics wie "The outside world is a goddamn shame". Von echten, aufrichtigen und trotz allem Pathos zupackenden Songs, mit denen Live sich einst ihre Fangemeinde erspielt haben, blieb einzig die große Geste übrig. So bleibt als Erwiderung eigentlich nur eine Handbewegung: Daumen runter.
Highlights
- Deep enough
- Transmit your love
Tracklist
- Intro
- Simple creed
- Deep enough
- Like a soldier
- People like you
- Transmit your love
- Forever may not be long enough
- Call me a fool
- Flow
- The ride
- Nobody knows
- Ok?
- Overcome
- Hero of love
Gesamtspielzeit: 49:18 min.
Album/Rezension im Forum kommentieren (auch ohne Anmeldung möglich)
Teile uns Deine E-Mail-Adresse mit, damit wir Dich über neue Posts in diesem Thread benachrichtigen können.
(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
Schweizerländer |
2003-02-07 10:17:26 Uhr
Im Mai/Juni soll das neue Album herauskommen und anschliessend eine ausgedehnte Nord-Amerika Tour. Das Album soll wieder wie der alte Stoff klingen und im Gegensatz zu "V" wurde das Keyboard weggelassen und man hat sich wieder mehr auf die Gitarre konzentriert.So hab ich das mitbekommen. |
electrolite |
2003-02-03 19:32:30 Uhr
1. The Distance to here (Diese Melodien....)2. Throwing Copper (knapp nach 1.) 3. Secret Samadhi (teils teils) 4. V (klingt eher wie ein billiger Aufguss Die erste hab ich leider nicht |
captain kidd |
2003-02-03 16:59:32 Uhr
nach dem guten debut wurden sie kurz rem und dann ganz ganz ganz übel. kann man nicht mehr hören. schrecklich. von alternativrock über numetal anleihen bis zu noch mehr blödrock. alles da. ich nicht mehr. |
Schweizerländer |
2003-02-03 16:54:26 Uhr
Mir wiederum (sorry) gefällt Mental Jewelry fast so gut wie Throwing Copper. Gefolgt von Distance to here, Secret Samedhi und V. V ist am Schluss, gefällt mir aber recht gut. |
Ben |
2003-02-02 16:07:29 Uhr
Und auch wenn ich wieder mal auf heftigsten Widerstand stosse - Throwing Copper ist definitiv überbewertet! Es ist ein geiles Album, aber The Distance To Here muss dich da wirklich nicht hinter dem verstecken... Mental Jewelry ist für mich kein wirklich so gutes Album, zumindest sagt es mir halt nicht so zu... und V liegt irgendwie so inner Mitte *grins* |
Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.
Referenzen
The Watchmen; Hosh; Candlebox; Our Lady Peace; I Mother Earth; Eleven; The Tea Party; Queensrÿche; Boy Hits Car; 3 Doors Down; Puddle Of Mudd; Powderfinger; Lifehouse; Fuel; Addict; Creed; Pearl Jam; Bush; Reamonn; Led Zeppelin; Deep Purple; Whitesnake; Cheap Trick; R.E.M.; U2