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Sunset Rubdown - Dragonslayer

Sunset Rubdown- Dragonslayer

Jagjaguwar / Cargo
VÖ: 26.06.2009

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Fabelhaft

"Sorry for the confusion - thanks for the attention." Das könnte statt des ausgelutschten "Parental Advisory"-Stickers als Warnung auf den Alben von Sunset Rubdown stehen. "Shut up, I am dreaming" und "Random spirit lover" benahmen sich konfus und doch verdichtet. Waren hochaufgelöste Projektionsflächen, aber auch zerbrochene Spiegel und solche zur Seele. "Dragonslayer", Album Nummer vier, unternimmt nun den nächstmöglichen Schritt. Jegliche Abweichung, Turbulenz und Schliffkante wird tief in die Kompositionen versenkt. Das Album wühlt und kramt sich unablässig die Taschen leer, doch nichts wird herausgezogen und wie Schwerter zwischen Schädeldecken oder Goldpuder in die Luft geworfen. "Dragonslayer" erhält somit einen echten Flow. Ohne auch nur ansatzweise Pulver zu verschießen.

Gleich den Opener hält ein John-Lennon-Gedächtnis-Klavieranschlag bei Stange und Laune zugleich. Hinzu kommt Spencer Krugs Stimme, die sich mit der von Camilla Wynn Ingr zu einem zerzauselten Duett zurechtkullert. Alles andere muss sich da erst mal vorbeidrängeln. Das, indes, ist auch auf "Black swan" eine ganze Menge - ein proggender, lauter, krautender Bastard von einem Trip, jederzeit bereit, seinem percussiertem Anfang Ellbogen voraus in die Breitseite zu brettern. Zum Ende ist das dann 70s-Rock und Power-Pop zugleich - und ein erstes Staunen ist zwingend notwendig: Keine Ahnung, wie sie das machen. Nein, wirklich nicht.

Auch "Idiot heart" spielt Verstecken mit seinem kongenial verstolperten Interpol-Riff. Irgendwas Spinettartiges versucht die Melodie nochmals in die Länge zu ziehen. Wenn das nicht mehr reicht, tut ein Keyboard so, als sei es Tinnitus und Kirchenorgel zugleich. Während es ansonsten überall rappelt und zuckelt, hält immerhin der Bass konsequent die Achtel-Linie - und somit die Reminiszenz fest. Dazwischen, dahinter, dadrüber und dadrunter, dadada und schon wieder weg: die Gesänge Krugs und Wynn Ingrs. Geisterchoräle, die wie Laserprojektionen durch den Raum schießen. "You go on ahead (Trumpet trumpet II)" erfindet dazu ein ganzes melodisches Spionage-Programm. Im Hintergrund übernimmt der Bass für einige Takte die Melodieführung, aber auch die Gitarren können verzertelt herumhallen wie bei den Dream-Pop-orientierten The Cure der 1980er. Sobald ein Element dieser Oper kurz die Zügel strafft, genießen alle anderen ihre Freiheit - für Sekunden, bis sie selbst die Führungsrolle übernehmen.

"Dragon's lair" fungiert schließlich als hochkonzentrierter Abschluss dessen, was auf dem bald verstrichenen Album ohnehin bereits Ansage war. Ein nahezu Musical-orientierter Grundbau trifft auf minimal verzogene Gitarrenbetonungen. Wechselnder Drama- und Jammer-Gesang versinkt in E-Piano-Kanten, die mit Glockenspiel kommunizieren. Ebenso zerrumpelte wie jede Betonung voll auskostende Schlagzeugfiguren spielen gefakte Höhepunkte, die die echten nur scheinbar unter sich begraben. Harmonisch aber zieht und zerrt hier alles an einem Strang. Ja, der Song kämpft, morpht und ruckelt unablässig, führt aber doch nur Scheingefechte - und zerfällt letztlich ganz leise unter dem Fade-Out einer einzigen, trauernden Gitarrenfigur, die sich zuvor durch mehrere Spannungsbögen und einen angeschossenen Folk-Rhythmus boxen musste. Von der Reise dieser sterbenden Klimax erzählt der Song. Von den Wirren, die sie durchzustehen hatte. Nur um zu vergehen, wenn sie endlich die ungeteilte Aufmerksamkeit bekommt. Im Ergebnis steht ein Song, der in über zehn Minuten wahrlich das Zeitliche segnet.

"You're such a champion." Ja, in der Tat. Denn Heroen wie Sunset Rubdown steigen vom Hügel herunter und erzählen mit den allergrößten Gesten von Heldentaten, die nicht begangen wurden, weil die Beute niemals existiert hat. Doch darauf kommt es - wie immer - gar nicht an. Die Schilderung des Jagdeifers ist es, was Gemeinschaft schafft. Die Fabel selbst. Ein Masterplan, ein Masterplot, eine echte Meisterschaft. Zwischen "Dragon's lair" und "Dragonslayer" findet ein Spiel statt, das das Versteck des einen als Alibi des anderen präsentiert - denn nur im Versteck gibt es keinen Zeugen oder Beweise für die Taten selbst. In genau dieser Spannung werden die größten Erzählungen möglich. Solche, bei denen es sogar noch Spaß macht, von ihnen selbst zu berichten. Wir entschuldigen uns für die Verwirrung. Und danken für die Aufmerksamkeit.

(Tobias Hinrichs)

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Highlights

  • Silver moons
  • Black swan
  • You go on ahead (Trumpet trumpet II)
  • Dragon's lair

Tracklist

  1. Silver moons
  2. Idiot heart
  3. Apollo and the buffalo and Anna Anna Oh!
  4. Black swan
  5. Paper lace
  6. You go on ahead (Trumpet trumpet II)
  7. Nightingale/December song
  8. Dragon's lair

Gesamtspielzeit: 48:54 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Deaf
2009-12-12 21:42:22 Uhr
Schon ziemlich gut, insbesondere die ersten 3 Songs. Der Rest braucht noch mehr Zeit. Wird es aber mangels Konkurrenz locker in meine Jahres-Top-5 schaffen.
Deaf
2009-12-07 22:40:15 Uhr
Das Album habe ich mir bisher noch aufgehoben, muss aber unbedingt noch nachgeholt werden in diesem Jahr. Idiot Heart war ja schon mal ein guter Appetizer.
demian
2009-12-07 17:42:52 Uhr
Schade, dass man diese wahnsinnig gute Platte hier nach oben pushen muss. Sollte in jeder anständigen Jahresbesten-Liste unter den Top 10 sein.
Dazu sind die auch live ein absolutes Brett voller Energie!
hermit
2009-07-19 16:45:53 Uhr
Okay, danke für die Einschätzung. Werde ich mir demnächst mal genauer anhören, das Ganze.
Leatherface
2009-07-19 16:09:45 Uhr
Der Wahnsinn, diese Platte. Sind die älteren auch so gut?

Auch so gut, aber anders, verquerer, komplizierter. Die Neue ist erstaunlich leicht zugänglich und direkt, wo man bei den beiden Vorgänger-Alben immer wieder auf das Display gucken musste, um sicher zu gehen, dass man immer noch beim gleichen Song ist.
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