Cracker - Sunrise in the land of milk and honey

429 / Blue Rose / Soulfood
VÖ: 08.05.2009
Unsere Bewertung: 5/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10

Der dritte Pol
Es wäre wirklich einfach, eine negative Kritik zum neuen Cracker-Album zu schreiben. Jene Band, die seit ihrer Gründung 1990 die Gruppen polarisiert - in diejenigen, die sie strikt ablehnen, und die, die in Sachen Rock nie etwas Besseres gehört haben wollen. Ganz zu schweigen von jenen, denen sie schlicht egal sind. Die vier Kalifornier um David Lowery haben in ihrer fast 20-jährigen Karriere auch sicher mehr als nur den einen oder anderen Fehltritt gewagt, und zu der Meldung, dass das neunte Studioalbum "Sunrise in the land of milk and honey" eine sozialkritische Auseinandersetzung mit den von der Wirtschaftskrise gebeutelten US of A sei, stellten sich sogar bei hartgesottenen Fans die Nackenhaare auf. Klar ist, dass Cracker nie wirklich schlecht waren. Nur waren sie eben auch nie richtig gut - oder wichtig genug.
Die Zeiten von Songs wie "Teen angst" sind definitiv vorbei, das lässt der Opener "Yalla yalla (Let's go)" bereits im Titel erahnen. Aber man sollte auch nicht allzu sehr in der Vergangenheit hängen und neuen Dingen gegenüber aufgeschlossen sein, heißt es. Und tatsächlich: Beim ersten Hinhören erinnert "Yalla yalla" an die alten Ramones, mit einer cleveren Geschichte eines Soldaten im Irak, der dann dummerweise gegen Ende anfängt, über seine ehemaligen Freundinnen zu sinnieren. So bleibt dem Hörer ein gewisser Fremdschämeffekt nicht erspart, wenn Lowery singt: "I had a girl, her name was Gwendolyn Wanda / She rocked my world, she loved my anaconda". Und das war nur eine der sechs besungenen Damen. Weg von den Ramones, mehr in Richtung Everclear, geht es auf der ersten Single "Turn on, tune in, drop out with me" zu. Ein lockerer Sommersong, der dem leidenschaftlichen Radiohörer sicher nicht verborgen blieb. Generell einer der poppigeren Songs des Albums, was auch dem Rest von »Sunrise in the land of milk and honey« durchaus gut getan hätte.
Stattdessen präsentieren Cracker mit "We will all shine a light" einen patriotischen Punkpop-Song, der textlich nicht nur Pakistan demokratisieren will, sondern nebenbei noch die al-Qaida zu bekämpfen versucht. Irgendwo in einer kleinen Ecke dieser Welt, so kann man sicher sein, sitzen also ein paar Terroristen am Tisch und zittern vor Angst - oder lachen sich kaputt. Das Problem mit Cracker ist, dass sie sich sehr viel ernster nehmen, als sie eigentlich sind. So werden sie auf "Hey Bret (You know what time it is)" ein weiteres Mal aufmüpfig, mit einem Song, der rein musikalisch wohl der stärkste ist, und bei dem man textlich auch endlich mal genau hinhören sollte. Aus der Sicht eines armen Latinos geschrieben, der die weiße Oberschicht der USA kritisiert und anprangert, dass "seine" Leute die Steuern zahlen und in den Krieg ziehen müssen. Sicher nicht der beste Tag für George W., wenn er davon überhaupt was gehört hat. Auf "Darling one" springt Adam Duritz als Gastsänger ein, obwohl der Song generell klingt, als passe er besser auf ein Album der Counting Crows als andersherum. Zum Schluss fährt das Album mit dem Titeltrack steil Richtung Sonnenaufgang, und angesichts der rockigen Hookline werden eingefleischte Fans nicht nur den Song, sondern das gesamte Album sicher lieben. Allen anderen bleibt der Gedanke, den man in den letzten Jahren bei Cracker leider oft hatte: Es fehlt Salz, und selbst das ist oft genug egal.
Highlights
- Turn on, tune in, drop out with me
- Time machine
- Hey Bret (You know what time it is)
Tracklist
- Yalla yalla (Let's go)
- Show me how this thing works
- Turn on, tune in, drop out with me
- We all shine a light
- Hand me my inhaler
- Friends
- I could be wrong, I could be right
- Time machine
- Hey Bret (You know what time it is)
- Darling one
- Sunrise in the land of milk and honey
Gesamtspielzeit: 39:44 min.
Referenzen
Camper Van Beethoven; Marah; Bobby Bare Jr.; Grateful Dead; Creedence Clearwater Revival; Uncle Tupelo; Wilco; Frank Black; Warren Zevon; Tom Petty And The Heartbreakers; The Jayhawks; Steve Earle; Ryan Adams; Whiskeytown; Paul Westerberg; The Replacements; Soul Asylum; Counting Crows; The Wallflowers; The Minus 5; R.E.M.; Spin Doctors; Brendan Benson; Ben Kweller; Jack Logan; The Mother Hips; Pete Droge; Josh Rouse; John Mellencamp; The Rolling Stones; ZZ Top; The Sleepy; Granfaloon Bus; Thomson Brothers; Violent Femmes; Neil Young; The Lemonheads; The Meat Puppets
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