Jack Beauregard - Everyone is having fun
Tapete / Indigo
VÖ: 15.05.2009
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Gebrüder Miracoli
Eine Nudel macht noch keinen Spaghetti-Western. Während in Hollywood oder hierzulande gern die großen Blutsbrüder-Geschichten rund um Wagenburg-Kämpfe und explodierende Goldminen gestrickt wurden, lag beim Italo-Western der Akzent immer auf augenzwinkernden Testosteron-Paraden: Bärbeißige Lederhäute zogen den Cowboyhut in die Stirn und spuckten grimmig Kautabak in den Wüstensand. Hier waren die Bösen noch richtig böse, die Guten außerordentlich männlich, und dazwischen lag irgendwo eine Prise Ironie versteckt. Der alternde Revolverheld Jack Beauregard geht im Terence-Hill-Klassiker "Mein Name ist Nobody" denn auch als prächtiges Exemplar der überforderten Kaste von Supermännern durch. Die Einleitung dient nur der einen Frage: Es es eigentlich cool, wenn zwei Musikstudenten ihr Projekt zwischen Laptop-Folk, Singer/Songwriter und elektrisch verziertem Indie nach einer klassischen Identifikationsfigur für kleine Jungs benennen?
Die Antwort bleibt "Everyone is having fun" schuldig: Im einen Moment noch zieht eine feine Melancholie ihre Kreise, der Drumcomputer scheint rhythmisch zu seufzen, bevor in "Everybody is happy" plötzlich Uneindeutigkeit einkehrt: "I have to admit sadly / Everybody's happy". Immer hängt der emotionale Betrug wie ein Damokles-Schwert über solchen Zeilen, könnte all die fein gestrickte Harmonie in Moll anstatt eines gut gescheitelten Weltschmerzes auch ein süffisant-subversiver Szene-Seitenhieb sein. Was musikalisch hinter einem Tapete-Release steht, dürfte den Meisten dabei ohnehin bekannt sein: Sanfte Keyboards füllen Songwriter-Nummern wie "Find somebody else" und "Distance in between" auf, "Anyone around" täuscht einen saftigen Beat vor, ist dann aber doch nur eine gefühlvolle Indietronic-Nummer in The-Postal-Service-Manier. Alles in allem Frühstücksmusik für Leute, die - Lebenswandel sei Dank - selten vor 14 Uhr frühstücken.
Manchmal geht das Duo es auch ganz reduziert an. "Everyone is having fun" rafft zusätzlich zur Plucker-Melodie mit Mühe ein paar Gitarrenakkorde zusammen, und die Akustiknummer "Ireen" verzichtet schließlich ganz auf die Steckdose. Eigentlich möchte man dem Album intuitiv die Sympathie entziehen, weil es einem zusammenhängende Inhalte verweigert, die Unverbindlichkeit durch den verträumten Sound sogar noch steigert. Gerade diese Freiräume sind aber die Stärke der Platte - der Hörer wird zum Komplizen der Musiker, wenn er die Leerstellen und Nebelflächen gedanklich ausfüllt. Nur manchmal verflacht die Sparsamkeit das Ergebnis, "I like a girl" durchfliegt mit seiner 08/15-Aufmachung den Gehörgang ohne Reibung. Insgesamt aber haben Jack Beauregard ein Album gemacht, das ein wenig anrührt, leicht unterhält und einen gelegentlich etwas an der Nase herumführt. Ihr Namenspatron wäre sicher stolz auf sie.
Highlights
- Anyone around
- Everybody is happy
- Distance in between
Tracklist
- Find somebody else
- Anyone around
- 1st of march
- Everyone is having fun
- Any snow
- Wednesday
- I admit
- Patience
- I like a girl
- Everybody is happy
- Distance in between
- Ireen
Gesamtspielzeit: 41:48 min.
Referenzen
Her Space Holiday; The Postal Service; Dntel; Turner; Jan Gazarra; Kings Of Convenience; Erlend Øye; Memphis; Styrofoam; Casiotone For The Painfully Alone; Girls In Hawaii; Jason Lytle; John Vanderslice; Bang Gang; Weevil; Alaska In Winter; Boy In Static; Electric President; Radical Face; Hood; Finn.; Spruce; The Beta Band; The Whitest Boy Alive; Maplewood