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The Field - Yesterday and today

The Field- Yesterday and today

Kompakt / Rough Trade
VÖ: 22.05.2009

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Der Rausch der Reduktion

Übers Eis gleiten. Schwerelos. Bis an den Horizont nichts als eine glatte, weiße Fläche aus Schnee und Eis, aufgebrochen nur durch die weit entfernten Silhouetten der Berge. Darüber ein endlos blauer Himmel, in dem die langgezogenen Fahnen von ein paar vereinzelten Eiswolken umherflirren. Als 2007 "From here we go sublime" erschien, war dieses Debütalbum von The Field der perfekte Soundtrack für einen Trip durch eine minimalistische, auf das Nötigste reduzierte Landschaft. Zeit und Veränderung spielten hier keine Rolle. Was zählte, war schon damals allein der Rausch der Reduktion. Eine stoisch geradeaus laufende, gedubbte Bassdrum. Auf einzelne Vokale beschränkte, aber gleichzeitig zu einer Fläche ausgedehnte, körperlose Stimmschnipsel. Dazu ein paar wenige, glockenhelle Sounds. Und obschon die schier endlose, nur minimale Veränderungen gestattende Repetition dieser Basiselemente all jene Hörer, die an Songstrukturen gewöhnt waren, hätte abschrecken sollen, avancierte "From here we go sublime" zu einem Album, das auch über die Genregrenzen des Minimal Techno hinaus begeisterte Hörer fand. Was mit dem leider viel zu häufig vergessenen Umstand zu tun hatte, dass Musik in erster Linie eines muss: emotional bewegen.

Das hat der Schwede Axel Willner auch mit seinem neuen Album wieder beherzigt. Allerdings versucht er es diesmal mit leicht veränderten Mitteln. Für das Debüt schnitt Willner seine Mikrosamples noch alleine am Laptop zurecht und mischte sie anschließend mit Sounds und Beat live zusammen – inklusive aller dabei möglichen Fehler. Nachzuhören etwa auf "Sun & ice", wo nach etwa fünf Minuten das gesamte Equipment für einen Moment aussetzt. Für "Yesterday and today" hingegen hat sich Willner allerhand technisches Gerät zugelegt, auf dem er Sounds kreieren kann. Vor allem aber lud er eine Reihe befreundeter Musiker in ein vor den Toren Stockholms gelegenes Studio, um in jamartigen Aufnahmesessions die Grundgerüste der vorbereiteten Tracks mit Leben zu füllen. Und die klingen denn auch in vielen Passagen organischer, weniger technoid, aber auch weniger ambient als noch auf dem Debüt. Zudem ist durch den Einbau von Liveinstrumenten bei allem immer noch vorhandenen Minimalismus ungleich mehr los in den Tracks als zuvor.

Der Titeltrack etwa findet zuerst in die schon vom Debüt her bekannte Trance hinein, holt dann nach zwei Dritteln des Weges etwas Luft und überlässt den Rest John Stanier. Nur von Dan Enquist am Bass begleitet nimmt der Battles-Drummer den Beat unmerklich auf und groovt unwiderstehlich bis zum Ende. Davor legt auch "Leave it" eine entzückende Glöckchenmelodie über den warmen Analogbass und das federleichte Schlagzeug. Auf keinem anderen Track klingt "Yesterday and today" mehr nach seinem Vorgänger – und ist doch denkbar weit von diesem entfernt. Die gleiche Euphorie, das gleiche losgelöste Schweben. Die gleiche berückende Schönheit des bis ins Unendliche Wiederholten, das einen doch nicht loslässt, aber diesmal ungleich wärmer als zuvor klingt.

Auch die große Popgeste wagt Willner diesmal mit einem langsam dahinschiebenden Cover von The Korgis' "Everybody's got to learn sometime", in dem nach der sehnsüchtigen Zeile "I need your lovin' / like the sunshine" wahrhaft die Sonne aufgeht. Der Abschlusstrack "Sequenced" erholt sich von so viel überbordender Herrlichkeit in einem 15 Minuten währenden, mäandernden kosmischen Live-Groove, mit dem The Field auf den Spuren von Lindstrøm wandelt. Dass "Yesterday and today" weniger fokussiert klingt als "From here we go sublime", ist überhaupt kein Nachteil. Denn auch zu dieser Stunde lässt sich wieder ausgezeichnet übers Eis gleiten.

(Harald Jakobs)

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Highlights

  • Everybody's got to learn sometime
  • Leave it
  • Sequenced

Tracklist

  1. I have the moon, you have the internet
  2. Everybody's got to learn sometime
  3. Leave it
  4. Yesterday and today
  5. The more that I do
  6. Sequenced

Gesamtspielzeit: 60:52 min.

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