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Eminem - Relapse

Eminem- Relapse

Interscope / Universal
VÖ: 15.05.2009

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Den Dre raus

Guess who's back - der einzig wahre Slim Shady hat irgendwo eine alte Pillendose mit Whatthefuck gefunden und findet sich plötzlich mitten im allerschönsten Rückfall der jüngeren Rap-Geschichte wieder. Eigentlich sollte nach der definitiven Album-Zugabe "Encore" 2004 ja endgültig Schluss sein für den Mikrofon-Hasardeur aus Detroit. Dass eine millionenschwer unterfütterte berufliche Auszeit auf Lebenszeit mit Anfang 30 nicht gut gehen kann, dürfte aber klar gewesen sein. Der Ex-Trailerparker Eminem entschied sich deshalb für den klassischen Vorstadtjungen-Weg gegen die plötzliche innere Leere: Noch bevor sich Klein-Em erstaunt die Augen reiben konnte, führte er die gute Familientradition der Medikamentenabhängigkeit fort. Clean (sicher) und geläutert (vielleicht) macht Marshall Mathers nun, was er immer mit der Erfolgstragödie seines Lebens gemacht hat: pustet die Flusen vom Mic, lässt sich einen Beat unter seine Krankenakte legen und sprechreimt unterhaltsam-therapeutisch gegen die Dämonen an.

Es ist, als wäre er nie weg gewesen: "Relapse" hat den Dre immer noch raus - besagter Dr. hat Tracks wie "Insane" oder "Old time's sake" mit seinem markanten Old-School-Boom-Tschak angefüttert, der so auch schon vor zehn Jahren auf "2001" aus den Boxen geknarzt kam. Überhaupt möchte man niemandem widersprechen, der konstatiert, bei Eminem hätte sich in den letzten fünf Jahren inhaltlich wie klanglich nichts in Richtung Zeitgeist getan. Gottseidank! Finden muss sich Eminem längst nicht mehr, schon allein sein Flow rechtfertigt noch immer eine neue Runde seiner Kunst. Es ist geradezu ein Glück, dass die Vorabsingle "We made you" als erwartungstreuer Repositionierungs-Diss mit dem üblichen Gaga-Video nicht die Klasse des Vorbilds "Without me" erreicht. Eine erneute Über-Auskopplung hätte schließlich nur Aufmerksamkeit von den übrigen Tracks abgezogen, die sich ebenso schlüssig wie geschlossen präsentieren.

Die autobiografische Drogenerfahrung dient auf "Relapse" als roter Faden, um den herum Eminem vor allem halbfiktiven Rückfall-Horror strickt: Schocker-Vorbilder wie Hannibal Lector, Jason aus "Freitag, der 13." oder "Amityville horror" verleihen dem physischen Sündenfall der Sucht in Songs wie "3 a.m." oder "Insane" die zugehörige wahnhafte Dimension. Passend dazu forciert Eminem sein Image als Teilzeit- und Vollblutpsycho, für Mördergeschichten wie "Stay wide awake" zieht Slim Shady einmal mehr die Eishockeymaske auf und kuschelt sich tief in die Zwangsjacke. "Same song & dance" vermittelt die ewige Entführerstory sogar noch effektiver als Kontemplations-Rap. Dazwischen bleibt genug Platz, um den einen oder anderen herzhaften Promi- und Mutter-Diss unterzubringen - oder um sich im bärenstarken "Medicine ball" nachdrücklich zum Allergrößten zu erklären.

Auch die introspektiven Songs fallen nicht unter den Tisch: "Déjà vu" und "Beautiful" reflektieren ohne ironische Krücken die eigene Schwäche, mit der "My mom" zuvor noch zu kokettieren schien. Das Erwachsensein wird jedoch schnell wieder von bewusst pubertären Old-School-Nummern wie "Must be the ganja" angerempelt; sowieso kann Eminem das Spiel mit den Zwei- und Uneindeutigkeiten nie ganz lassen. Das Bad-Boy-Image, die Promi-Pöbelei, den selbstreflexiven Sound: Alles quittiert er noch mit einem schelmischen Grinsen oder komischem Überernst. "Never has there been such finesse and nostalgia" - da stecken Humor und Selbstreflexion gleichermaßen drin.

Der Ausstieg "Underground" ist vielleicht das definitive Statement zu Eminem im Jahr 2009: In einem übergeschnappten, orchestral aufgepumpten Beat-Fieber versenkt Eminem, dem das Adrenalin bis zum Hals steht, jedes Augenzwinkern in einer morbiden Hasstirade, die gleich noch als Selbstverortung dient. Underground wird der Weltstar selbstverständlich nicht mehr. Doch nach dem Höhenflug scheint er die Füße wieder felsenfest auf dem Boden zu haben. Trotz fünf Jahren der Abwesenheit kann immer noch kaum ein MC-Großunternehmer Marshall Mathers das Wasser reichen. Bis sich daran etwas ändert, muss der eben Zugabe um Zugabe geben.

(Dennis Drögemüller)

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Highlights

  • Same song & dance
  • Medicine ball
  • Stay wide awake
  • Underground

Tracklist

  1. Dr. West (Skit)
  2. 3 a.m.
  3. My mom
  4. Insane
  5. Bagpipes from Baghdad
  6. Hello
  7. Tonya (Skit)
  8. Same song & dance
  9. We made you
  10. Medicine ball
  11. Paul (Skit)
  12. Stay wide awake
  13. Old time's sake (feat. Dr. Dre)
  14. Must be the ganja
  15. Mr. Mathers (Skit)
  16. Déjà vu
  17. Beautiful
  18. Crack a bottle (feat. Dr. Dre & 50 Cent)
  19. Steve Berman (Skit)
  20. Underground

Gesamtspielzeit: 76:06 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Mister X

Postings: 3401

Registriert seit 30.10.2013

2017-07-09 18:17:26 Uhr
Am ueberlegen. Vielleicht sein bestes Album.
pw
2009-06-03 14:43:37 Uhr
@thatz
das hab ich mir auch gedacht. MTV wusste 100%ig davon, aber bei Eminem bin ich mir nicht sicher.

wenn Eminem da tatsächlich auch eingeweiht war spricht das
1. für ihn, dass er sich in solcher "Pose" in der Öffentlichkeit mit einem Mann zeigt (könnte ihm ja in der homophoben Rap-Welt einen Haufen credibility kosten) und
2. ist er dann ein verdammt guter Schauspieler
anker
2009-06-03 13:12:13 Uhr
Kann ich mir gut vorstellen. Schlechte Publicity ist schließlich immernoch besser als gar keine.
aye aye
2009-06-03 12:12:56 Uhr
Verantwortliche von MTV behaupten, der Vorfall sei so abgesprochen und sogar vorher gemeinsam geprobt worden.
http://www.nme.com/news/eminem/45044
thatz
2009-06-03 12:12:27 Uhr
klar war es abgesprochen. die kamera schaltete schon auf eminem bevor cohen auf ihm landete.
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