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The Soundtrack Of Our Lives - Communion

The Soundtrack Of Our Lives- Communion

Haldern Pop / Cargo
VÖ: 24.04.2009

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Leaving Utopia

Ein wenig seltsam ist es ja schon, wenn einem diese beiden handgewaschenen, ganzkörperentschlackten und gehirngeschleuderten Zombies wochenlang vom Schreibtisch herauf zuprosten. Mit andauerndem Geierblick packt dieses Cover schon mächtig zu. In den Weichteilen. Mit den berühmten, kalten Fingern. Weil ja gerade erst Ostern war. Clean, aseptisch, hell und pastell - es gibt natürlich nichts, was den Durst auf "Communion", dem Fünftwerk von The Soundtrack Of Our Lives, weniger stillen könnte. Es ist mal wieder nicht "Origin Vol. 2", dafür aber die doppelte Ladung geworden. Ein Konzept, das die fünf Schweden durch ihr immenses Songaufkommen rechtfertigen. Auf den vierten Blick scheint aber doch mehr dahinterzustecken.

CD1 ist die Wucht in Tüten. Der Wahnsinn im Kräuternebel, der Bumms in der Besenkammer. Wie gewohnt rollt hier alles zwischen übersteuertem Rock und den großen Gesten aus Soul, Gospel, R&B. Gleich im Opener hinken und scheppern die Drums. Die Arrangements zeigen sich spinnert beatlesk, aber auch fettverbrennend. Dazu bemüht Ebbot Lundberg einen der ältesten Mitreißertricks der Musikgeschichte und growlt tausend Come-ons in sechseinhalb Minuten. Danach ist man drin, keine Frage. Initiiert, aufgenommen, kommuniziert in die besungenen "Towers of Babylon".

"The ego delusion" setzt noch eins drauf und fliegt höher, als Nimrod überhaupt denken kann: Befeuert von Melodien, mit denen einst auch Failure "Another space song" auf Reisen schickten, statten The Soundtrack Of Our Lives dem Schöpfer einen ersten Nasenstüberbesuch ab. Darauf rollt "Ra 88" im Teufelsblues über die Toms, schütteln sich "Mensa's marauders" und "Distorted child" im Southern-Rock-Gewand sämtliche überschüssigen Voodoo-Energien aus dem Leib. Aufgebockt mit einem unbändigen Willen zum Überschnappen, doch gekleidet in straighte Riffs, wird jeder Song zu einem prunkvollen Panoptikum verdreht. Lediglich das Nick-Drake-Cover "Fly" wagt einen kolossalen Vorgriff auf die zweite CD und ihr weniger aufbrausendes Gesicht - das schlussendlich zu einer dritten Dimension umgepolt wird.

Während Lieder wie "The fan who wasn't there" oder "Songs of the ocean" noch im Nachhall der Byrds riesige Streicherarrangements, Trompeten-Fanfaren und geräumige Choräle unter folkig-countryeske Stützpfeiler schmuggeln, werden erst zu "Reconnecting the dots" wieder die Verstärker warmgebrummt. Allerdings dezent und im gummiartigen Schlenkern eines Roots-Rock-Stampfers, der glücklicherweise kaum stampfen will, stattdessen von rau klackernden Banjos begleitet wird. Dies soll der letzte Rückgriff auf die erste Scheibe bleiben: Danach gönnt sich "Communion", vorweggenommen vom herausragenden Mitklatscher "Flipside", seine gitarrenpop-harmonische Auflösung.

Die beginnt mit dem verwackelten Folk-Popper "Utopia". Tickende Percussions, voluminöse Gesänge und eine zielstrebige Gitarrenmelodie verdichten sich zu einem wahren Manifest des fein veredelten Geschmacks. Dann "Saturation wanderers", ein Song, der durchaus gut im Alternative-Power-Pop von +/- oder Six.By Seven aufgehoben ist, allerdings noch präziser einfach aus dem Hüftgelenk geschüttelt wird. Lundbergs Stimme zieht es dabei eindeutig Richtung Crooner-Ballade. Hochkonzentriert, doch auch selbstsicher und entspannt, entwickelt sie eine Kraft, aus der auch die abschließenden Stücke das Möglichste zu schöpfen wissen. "Lifeline" bleibt so seiner akustisch gezupftenen Linie überaus treu, während "The passover" das Pathos der Afghan Whigs noch weiter zu präzisieren vermag.

Mit diesem vierteiligen, hochmelodiösen Abschluss tändeln The Soundtrack Of Our Lives emphatisch in einen anderen Sound, einen neuen Ansatz - ohne sich selbst von der Platte zu spielen. Der Bruch, der "Communion" durchzieht, wird so wieder aufgelöst. Das Album erzählt die Entwicklung hin zur titelgebenden Gemeinschaft eindringlich und punktgenau. Kein Hang zur Überinszenierung, kaum Haken und Ösen. Genau darauf können dann auch die beiden Cover-Zombies ihr Glas erheben. Man begreift: Sie prosten ausschließlich sich selbst zu, wie fordernd frohlockend sie ihr Gegenüber auch anstarren mögen. Ihre Utopie ist normierend, unterschieds- und eigenschaftslos. Und vor allem ihr 2-D steht ihnen ausgesprochen gut. The Soundtrack Of Our Lives fluten es mit einer Platte, die vor Spannung pulsiert. Wir wünschen: "Wohlsein." Jeder trinkt das, was er verdient.

(Tobias Hinrichs)

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Highlights

  • The ego delusion
  • Ra 88
  • Fly
  • Flipside
  • Utopia
  • Saturation wanderers
  • The passover

Tracklist

  • CD 1
    1. Babel on
    2. Universal stalker
    3. The ego delusion
    4. Pineal gland hotel
    5. Ra 88
    6. Second life replay
    7. Thrill me
    8. Fly
    9. Pictures of youth
    10. Mensa's marauders
    11. Just a brother
    12. Distorted child
  • CD 2
    1. Everything beautiful must die
    2. The fan who wasn't there
    3. Flipside
    4. Lost prophets in vain
    5. Songs of the ocean
    6. Digitarian riverbank
    7. Reconnecting the dots
    8. Without warning
    9. Utopia
    10. Saturation wanderers
    11. Lifeline
    12. The passover

Gesamtspielzeit: 93:34 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

fuzzmyass

Postings: 12020

Registriert seit 21.08.2019

2020-03-23 20:50:35 Uhr
Babel On! Und einer meiner Lieblingssongs von ihnen - Flipside!!! Tchuup tchuup!

Huhn vom Hof

Postings: 4825

Registriert seit 14.06.2013

2020-03-23 20:44:31 Uhr
Songs, für die andere Bands morden würden:
Utopia
Saturation Wanderers
Songs Of The Ocean
The Ego Delusion
Ra 88
Second Life Replay
VelvetCell
2013-02-23 16:29:23 Uhr
Man muss es noch mal betonen: "Throw ist to the universe" ist ganz wundervoll. Gefällt mir noch besser als "Communion". Ich hoffe, dass Ebbott in dieser Richtung auch solo weitermacht.

2013-02-23 14:31:18 Uhr
Nicht nur die, besonders das debut welcome to the infant freebase ist ein meisterwerk. Wer das nicht kennt, hat was verpasst... nachholen!
Demon Cleaner
2013-02-23 13:01:21 Uhr
Ist gegenüber COMMUNION der Abgesang von THROW IT TO THE UNIVERSE nicht maßlos erbärmlich?

So weit würde ich nicht gehen. Aber besser ist "Communion" auf jeden Fall. Es ist gar nicht möglich, das Album auf eine CD zusammenzukürzen.

Alle Alben von TSOOL von "Behind The Music" bis "Communion" sind jedenfalls meisterhaft.
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