Raphael Saadiq - The way I see it

Columbia / Sony BMG
VÖ: 17.04.2009
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10

Back in Motown
Mitunter, so hat man das Gefühl, lernen afroamerikanische Säuglinge schon im Windelalter, welche Kraft Musik ausüben kann. Ihr wird nach der Familie und der Religion eine große Bedeutung zugemessen. DefJam ist den Rapjungs genauso schnell ein Begriff wie "Hood" oder "Youknowwhatimsayin". Und wer auch nur mal ansatzweise was mit Soul am Hut hat, kommt um Motown nicht herum. Die Hits und Stars aus 50 Jahren Motown reichen aneinandergereiht für eine Strecke von Bagdad bis Borkum. Die Hochzeit in den 60er/70er Jahren hat Raphael Saadiq wohl kaum bewusst erlebt - eher eben mit der Muttermilch aufgesogen. Außerdem erscheint sein Album "The way I see it" auf Columbia Records. Und doch ist es durchaus eine Hommage an Motown.
Saadiq ist schon lange im Musikgeschäft. In den 90ern mit der mittelprächtig erfolgreichen Band Tony! Toni! Toné! - seither als Produzent und eigenständiger Künstler. Mit 42 Lenzen erscheint nun sein drittes Solowerk. Eines, das mit etwas Glück auch einen Platz in der hübschen Motown-Jubiläumsbox, der Label-Zentrale im Miniaturformat, verdient hätte. Naja, zumindest in der Garage oder im Geräteschuppen. Das liegt an Stücken wie "Let's take a walk", das an Marvin Gayes "I heard it through the grapevine" erinnert, aber auch an dem durchweg feinen (Neo-)Soul und Funk, der sicher nicht mehr so frisch und überraschend auftaucht wie vor vierzig Jahren, aber dennoch erfreulich ungezwungen altbacken aus den Boxen kommt. Schon mit den ersten Schlägen auf die Drums, die Saadiq genauso spielt wie Bass, Gitarre oder Piano, taucht "Sure hope you mean it" in die späten 60er ab. Ausnahmsweise mal nicht in die Woodstock-Zeit. Das hat den Vorteil, zum Musikgenuss kein krasses Kraut rauchen zu müssen und in Gegenwart so mancher Schrabbnelle seine Hose anbehalten zu dürfen.
"Big easy" schafft mit Brass-Band einen echten Ohrwurm. Exemplarisch für "The way I see it" sind allerdings eher Stücke wie "Love that girl" und "Sometimes", die mit Violinen und Background-Vocals aufwarten. Die Funkgitarre auf "100 yard dash" funktioniert auch ohne den Single-Remix von Fettes Brot. Apropos andere Künstler: Joss Stone summt und singt wunderbar in "Just one kiss". Der große Stevie Wonder unterstützt als Mann mit der Mundharmonika "Never give you up" und in dem Slow-Beat-Bonus-Track "Oh girl" kommt Saadiq-Kumpel Jay-Z zum Zug.
Das spanische Intro und die gleichsprachigen Vocals in "Calling" erschließen sich hingegen auch nach mehrmaligem Hören nicht recht. Und auch die Häufung von shakenden Instrumenten und Tamburins lässt sich druchaus anprangern. Aber egal - schließlich muss man ja nicht immer gleich die große Liebe finden. Auch mit einem "Part-time lover" kann man viel Spaß haben.
Highlights
- Sure hope you mean it
- Big easy
- Love that girl
Tracklist
- Sure hope you mean it
- 100 yard dash
- Keep marchin'
- Big easy
- Just one kiss (feat. Joss Stone)
- Love that girl
- Calling
- Staying in love
- Oh girl
- Let's take a walk
- Never give you up (feat. Stevie Wonder and CJ Hilton)
- Sometimes
- Oh girl (feat. Jay-Z) (Bonus)
Gesamtspielzeit: 42:14 min.
Referenzen
The Temptations; Donny Hathaway; Lucy Pearl; Marvin Gaye; The Marvelettes; David Ruffin; Curtis Mayfield; Stevie Wonder; The Jackson 5; Anthony Hamilton; Ray Charles; The Isley Brothers; Rahsaan Patterson; Tony! Toni! Toné!; The Supremes; Earth Wind & Fire; The Commodores; Bill Withers; Otis Redding; Babyface; Jamie Foxx; Isaac Hayes; James Brown; Kool & The Gang; Mary J. Blige; Joss Stone; Ne-Yo; Amy Winehouse; Daniel Merriweather; Mark Ronson
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