Clem Snide - Hungry bird
Evangeline / Soulfood
VÖ: 13.03.2009
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
Der späte Vogel
Was haben Effenbergs und Clem Snide gemeinsam? Natürlich: Die Routine im sich trennen und wieder versöhnen. Zuletzt zerstritten sich die Herren im Jahr 2006, weil Mittlerweile-Ex-Bandmitglied Pete Fitzpatrick bei der Fertigstellung ihres sechsten Studioalbums "Hungry bird" so überambitioniert war, dass man meinen konnte, er habe einen gezwitschert. Frontmann Eef Barzelay zeigte ihm daraufhin den Vogel und vollendete - nachdem dermaßen der Wurm drin war, dass der Albumtitel beinahe keinen Sinn mehr machte - die zehn Stücke im Alleingang. Fast drei Jahre lang fristete die vermeintlich letzte Clem-Snide-Platte ihr Dasein als Nesthocker, denn zwischenzeitlich hatten sich nicht nur Clem Snide, sondern auch ihr Label, spinART Records, aufgelöst. Barzelay widmete sich erst einmal seinem zweiten Soloalbum "Lose big" und fand dann schließlich doch noch eine Plattenfirma, die "Hungry bird" veröffentlichen wollte. Das wiederum war Grund genug für Clem Snide, es ein weiteres Mal miteinander zu versuchen.
Was haben "Lose big" und "Hungry bird" gemeinsam? Natürlich: Den Hang zu clever erzählten, apokalyptisch kolorierten Geschichten und Melodien, die sich von hinten anschleichen, erst ganz genügsam und bescheiden tun und sich dann doch schamlos breit machen, mit ihrem liebenswerten Alt.-Country-Indie-Rock. Davon abgesehen, haben die beiden Alben aber auch das eindringliche "Me no" gemeinsam, das schwebt und bebt, klagt und wagt. Angeblich hat Barzelay in kein anderes Clem-Snide-Album so viel Zeit investiert, wie in dieses und das glaubt man gerne - alleine schon, weil vier der Songs durch Überlänge auffallen. Dies wiederum könnte aber auch am Grundtempo liegen, das weitgehend ein äußerst gemäßigtes ist. Vor allem "Born a man" und "Hum" federn beinahe meditativ dahin, hier ein luftiges Piano, da ein weicher Akkordeon-Teppich, dort eine wohltemperierte Posaune oder ein Banjo.
"Pray for the non-believer" predigt Barzelay in seiner fast achtminütigen Aufforderung zum Gebet und klingt dabei, als würde er tatsächlich in einer Kirche stehen. Eine vernebelte Gitarre schleicht um den Altar herum, bis schließlich ein Piano erscheint, das gerade den Beichtstuhl verlassen haben muss - es hört sich nämlich etwas zu sauber und rein an. Die Rhythmusgruppe bemüht sich um ein wenig Unbeherrschtheit, Barzelay spendiert generös einen Gospelchor und gönnt sich in den letzten drei Minuten den Luxus, aus "Pray" noch ein komplett anderes Lied zu machen. "Encounter at 3 am" ist hingegen gerade einmal zwei Minuten lang - zu einer entspannten Akustiknummer, die an Barzelays Soundtrackarbeit für den Film "Rocket science" erinnert, erzählt der Pulitzer-Preisträger Franz Wright eine selbst verfasste Episode zur beliebten Lolita-Thematik, die im Albumkontext allerdings etwas deplaziert erscheint.
Die eigentliche Herausforderung liegt jedoch in der zweiten Albumhälfte. Geradezu verstörend, die plötzlich attackierende Dissonanz im zunächst eher ruhigen, wenn auch von Anfang an unheilvoll wirkenden "The endless endings". So klingt also eine Band kurz bevor sie auseinanderfällt. Im Lied danach heißt es "It's true / Our time will come / Long after we die" - und dann pfeift Barzelay doch wieder ganz lässig und singt Platzhalter, als hätte er gerade keine Lust auf ernste Texte. Um direkt im Anschluss eines der rührendsten Liebeslieder, die er je geschrieben hat, darzubieten. Das nur von einer Akustikgitarre begleitete "Beard of bees" erinnert allerdings eher an Barzelays Solowerk. Genau wie das ungeheuer hingebungsvolle letzte Lied - man wird das Gefühl nicht los, dass Barzelay da keineswegs von einer Frau singt: "When you feel me drift away / And that we've grown apart / I'll dedicate this song to you / And sing with all my heart".
Highlights
- Me no
- Beard of bees
- With all my heart
Tracklist
- Me no
- Born a man
- Hum
- Burn the light
- Encounter at 3am
- The endless endings
- Our time will come
- Beard of bees
- Pray
- With all my heart
Gesamtspielzeit: 46:21 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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bee |
2009-04-15 10:27:41 Uhr
ja - das stimmt - die Kombi mit Bob Mould ist wirklich komisch. Und der Termin in Köln ist am 2.5. im Luxor ,-)* 02.05.2009 Köln (D) Luxor 03.05.2009 Hamburg (D) Knust 04.05.2009 Berlin (D) Lido |
Henrik |
2009-03-17 02:47:16 Uhr
In Köln als Support von Bob Mould am 1.5. im Gebäude 9. Komische Kombination! |
tom |
2009-03-15 20:28:52 Uhr
und uebringens: nachdem nun das album auf dem markt ist (sehr ruhig und eingaengig) ist auch der eine oder andere tourtermin in europa bekannt gegeben worden: unter anderem sind sie in koeln und berlin zu sehen! ein echtes muss - habe sie schon dreimal gesehen! |
tom |
2009-02-18 15:30:59 Uhr
Dem kann ich nur zustimmen: die haben kein schlechtes album: aber das beste ist mE Ghost af Fashion ;) |
Gordon Fraser |
2009-02-11 19:07:19 Uhr
Gefällt! Schön, das "Pray" nach viereinhalb Minuten sich nicht noch weiter ins Hysterische steigert und stattdessen nochmal von vorn begonnen wird. |
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Referenzen
Eef Barzelay; Wilco; Ryan Adams; Whiskeytown; The Silver Jews; Bonnie 'Prince' Billy; (Smog); Vic Chesnutt; Gram Parsons; Granfaloon Bus; Son Volt; Beulah; Lucky Jim; American Music Club; Mojave 3; Great Lake Swimmers; Jason Collett; Micah P. Hinson; Iron & Wine; Ray LaMontagne; M. Ward; The Jayhawks; Ferraby Lionheart; The Decemberists; Ben Kweller; Lambchop; The Minus 5; I Am Kloot; The Mountain Goats; Okkervil River; Josh Rouse; Neil Young; Counting Crows; Jesse Malin; Steve Wynn
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