Todd Anderson - Zufluchtsort

Papership / Broken Violence
VÖ: 27.02.2009
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10

Ende Gelände
Jeder Mensch hat wenigstens einen davon. Einen Platz, an den er sich zurückziehen kann, wenn die Welt um ihn herum in Scherben liegt. Eine Oase, die auf ihn wartet, wenn endlich Feierabend ist. Einen Ort, der ihn auffängt, ihn in den Armen hält und ihm sagt: "Willkommen daheim." Todd Andersons "Zufluchtsort" ist eine Platte, auf der viele Orte, die hätten Heimat sein sollen, zur Hölle gefahren sind. Ende Gelände! Und damit ist es eine ziemlich ungemütliche Platte. In fast allen Belangen, die zählen.
Denkt man aktuell an Hardcore und Artverwandtes mit deutschsprachigen Texten, so denkt man an all die Schema-Bands, die meist mäßig At The Gates kopieren. Todd Anderson sind weit von ihnen entfernt. In ihrem "Nest" hört man jede Menge Gefrickel, Feedback und stoisch getrommelte Tom Toms - die Art von Punk und Noise, bei der man nie weiß, wann und wo er das nächste mal austeilen wird. Dass sich hinter ihrem "Waldtal" kein ländliches Idyll, sondern eine ausgegrenzte Armutssiedlung in ihrer Heimat Marburg handelt, mit Kriminalitätsraten jenseits von "Grand Theft Auto 4", ist Ehrensache. Und dass dieses chaotische Stück Musik keine Zugeständnisse an den Moshpit macht, ebenso.
Obwohl Todd Anderson sich, ihrer Platte und ihren Zuhörern vieles abverlangen, funktioniert "Zufluchtsort" auch nach dem guten, alten "Zuckerbrot und Peitsche"-Prinzip. So grantelt in "Untaten" eine Schnodderstimme in bester Jens-Rachut-Tradition, und zwar gegen den Verfall von gesellschaftlichen Werten. Drumherum bauen Todd Andersons allerdings aus Riffs ein paar richtig schwere Grooves. Der älteste Trick der Welt: das Stück Zucker, das den bitteren Hustensaft erträglich macht. Dann wird getanzt. Zumindest ein bisschen.
Hin und wieder legen Todd Anderson nach den Besuchen in kaputten Familien und kaputten Plattenbau-Siedlungen auch mal eine Ruhepause ein. Dann nämlich, wenn sie bei ihrem Streifzug durch ihre Welt einen Zufluchtsort finden. Dann gehen sie in den Wald, stapeln Holz, entzünden ein "Feuer" und lassen ihre Gitarren singen. So ist es ja in der Welt: Nicht überall, wo man herkommt, hingeht oder gerade ist, ist alles so schön, wie es sein könnte. Songs wie das Leben. Der Stoff, aus dem Platten wie diese erst gebaut sind.
Highlights
- Untaten
- Feuer
Tracklist
- Waldtal
- Nest
- Bernstein
- Untaten
- Totenberg
- Honig
- Wand
- Ocker
- Feuer
Gesamtspielzeit: 42:27 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Armin |
2009-03-24 16:18:39 Uhr
6/10 heißt "gutes Album", da muss es nicht immer Kritik geben - manchmal fehlt eben ein Tacken zum sehr guten Album. |
Andreas |
2009-03-24 16:08:16 Uhr
wow, was für nen spannendes review. aber warum danach nur 6 punkte? egal. was zählen schon noten :) |
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Referenzen
Yage; Eaves; El Mariachi; Escapado; Jet Black; Narziss; Kill Kim Novak; Danse Macabre; Angstzustand; Ghostchant; Callejon; Engrave; Yaphet Kotto; The Saddest Landscape; Orchid; Trainwreck; Katzenstreik; it.is.imperative; Endnote; A Case Of Grenada; Funeral Diner; Tupamaros; Envy; JR Ewing; ; Dackelblut; Lebensreform; Turbostaat; Oma Hans
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