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Mt. St. Helens Vietnam Band - Mt. St. Helens Vietnam Band

Mt. St. Helens Vietnam Band- Mt. St. Helens Vietnam Band

Dead Oceans / Cargo
VÖ: 13.03.2009

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Eine schrecklich nette Familie

Es steht in jeder Bäckerblume, jedem Stadtmagazin: Bands ohne Schlagzeuger haben's schwer. Woher nehmen, und nicht stehlen? Wenn sich schon keiner schnitzen lässt, bekommt man wenigstens einen geborgt? Oder gar geschenkt? Unter Umständen ließe sich auch einer züchten - doch hat man wirklich genug "ehrlichen Schweiß" als Dünger vorrätig? All den Verzweifelten präsentiert sich nun eine unschlagbare Alternative: Man kann sich auch einfach einen adoptieren. So geschehen mit Marshall Verdoes, 13 Jahre jung und Drummer seiner Adoptiveltern. Die sind beide unfassbar blond, unfassbar dürr. Papa (und Halbbruder) Benjamin spielt Gitarre, Mama Traci rhythmisches Muskelzucken zu Schellenkranzgewedel. Den passend beknackten Namen zu diesem Ganzkörperunfall hatte dann der neue Filius auf der heißen Pfanne. Soweit alles klar, empfahl sich die frisch getaufte Mt. St. Helens Vietnam Band zunächst aber lieber mit halbkomischen Werbefilmchen, statt sich auf so etwas Profanes wie Musik zu konzentrieren. Und bringt nun trotzdem ihr erstes Album auf den Markt - nachdem man im Spätsommer 2008 doch glatt gemeinsam aufgetreten war.

Ganz recht: Das alles ist dermaßen bescheuert, dass es nicht verwundern dürfte, wenn sich Kurt Krömer persönlich als Bassdrum auf die Bühne werfen würde. Stattdessen komplettieren Matthew Dammer und Jared Price den ödipalen Wahnsinn. Beide rekrutieren sich wie Papa Verdoes aus Seattles In Praise Of Folly, die schon einige Alben auf dem Buckel haben. Ein wohltuend nüchterner Fakt, der gar kurz aufjubeln lässt, wenn sich die Vorgängerband auch musikalisch als klare Referenz erweist: "Mt. St. Helens Vietnam Band" ist ein superinfektiöser Virus zwischen Brit-Pop, Mod-Punk und kratzigem Noise. Und zerniest all das zu typisch exaltiertem Indie-Rock.

Bei den hervorragenden "Little red shoes" und "Albatross Albatross Albatross" gehen die Tempowechsel mit derartiger Wucht vonstatten, dass die Tröpfcheninfektion einem Wasserfall gleicht. Die Gitarrenriffs werden zunächst abgestoppt, im Auftakt angeschärft, dann aber raketenartig durchgezogen und nach vorne geschossen. Immer wieder zerspringen die Akkorde aber auch in progartige Licks oder mathige Mikrokosmen. Die Rhythmusfraktion (ja, auch das Bübchen hinter dem Krömer) spielt dazu ebenso eng am Mann wie Haken schlagend. Dennoch kann hier alles entweder beschunkelt oder mitgeklatscht werden. Und steigert sich gar zu manischen-depressiven Euphorieschüben wie bei "Masquerade" oder den verpolterten Indie-Hymnen "Cheer for fate" und "On the collar".

Hochmelodiös, ziemlich nervös, aber kraftvoll: Diese Musik will den Hörer erfreuen, kirre machen und möglichst vollgesudelt zurücklassen. Es gelingt ihr größtenteils hervorragend. So gibt sich Verdoes Falsett stets schnodderig und bedrückt zugleich, hält perfekt die Spannung zwischen Theater und Emotion. Und auch sonst schlingert "Mt. St. Helens Vietnam Band" wie Modest Mouse, zeigt sich gekrümmt, aber massiv wie die Pixies oder zackig wie Wolf Parade. Auch die Plattenfirma sieht das so, wie sich nachträglich bestätigen ließ. Dennoch schickte sie zur CD lieber erst gar keine Biographie oder auch nur eine Tracklist mit. Sehr zu Recht, denn im Namen dieses Web-2.0-Amoklaufs spricht die Musik besser für sich.

(Tobias Hinrichs)

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Highlights

  • Masquerade
  • Cheer for fate
  • Little red shoes
  • On the collar

Tracklist

  1. Who's asking
  2. Masquerade
  3. Cheer for fate
  4. Anchors dropped
  5. Going on a hunt
  6. A year or two
  7. Albatross Albatross Albatross
  8. Dull reason
  9. Little red shoes
  10. En fuego
  11. On the collar

Gesamtspielzeit: 41:17 min.

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