The Bluestation - Over the top
Shotgun / Bellaphon
VÖ: 27.02.2009
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Trockenrock statt Trockendock
Finnland, eigentlich eher als Schiffbaunation bekannt, hat in den vergangenen Jahren ein gigantisches Projekt auf den Weg gebracht: Es wurden breite, endlos lange Highways bis tief ins Landesinnere gebaut. Unweit dessen wurde das ganze Land trocken gelegt und mit Kakteen und Fata Morganas bepflanzt. Ach ja, und wenn man es sich so recht überlegt, mussten auch noch mehrere hundert Meter hohe Felsen aufgerichtet werden und an alle Finnen kostenlos Motorräder verteilt werden. Und die globale Erwärmung wurde durch Finnland, und allein Finnland, verursacht. Und wozu das Ganze? Als Kulisse für das zweite Album von The Bluestation.
Klischeemäßig mussten bisher immer die kalfornischen Highways herhalten, wenn es um die perfekte gefühlte Umgebung für Wüsten- bzw. Stonerrock aus den warm brummenden Verstärkern der legendären Kyuss und ihrer Kollegen geht. Damit ist jetzt Schluss. Das Trio aus Skandinavien macht sich bereits seit zwei Alben daran, den Amis den Rang abzulaufen. Dass Schweden besseren Britrock machen als Briten (siehe Mando Diao), ist ja inzwischen hinlänglich bekannt, aber jetzt auch noch Wüstenrock? Ganz schön frech! Und kostspielig.
Beim Hören von The Bluestations "Over the top" stellt sich heraus, dass hier zwar hinrotzend, jedoch eher Song- und Grunge- als Jam-orientiert agiert wird. Insofern stellt sich das Kopfkino-Roadmovie-Moment einer "Welcome to Sky Valley"-Platte nicht ein. Schade um die mehrere Billiarden Euro teure Wüste, die jetzt abgerissen und als weiteres landschaftliches Highlight nach Island verschifft wird. Abgerockt wird aber trotzdem kräftig: sei es auf Basis behäbiger Monsterriffs wie bei "Suecide" und "Bigger than Jesus" oder in Form von Uptempo-Prügelnummern wie "Love danger" und dem Opener "Over the top" - The Bluestation beweisen, dass sie ihr Handwerk verstehen und musikalisch nicht ins Anbiedernde à la Nickelback und Konsorten abrutschen. Deshalb dürfen die Finnen zumindest der Rocker-Credibility zuliebe ihre Motorräder behalten.
Gut, besonders neu ist das alles nicht. Man ertappt sich relativ oft bei der Frage: Singt da jetzt Chris Cornell (Audioslave, Soundgarden), Brad Arnold (3 Doors Down), James Hetfield (Metallica) oder Scott Stapp (Creed)? Und auch musikalisch kann von Innovation kaum die Rede sein. Stellenweise könnte die Band gut noch eine Schippe drauflegen: mehr Gegniedel, mehr Schlagzeugarbeit, mehr Rhythmuswechsel. Warum machen die das nicht? Weil sie nicht Queens Of The Stone Age sind? Weil Jack Knight singt und währenddessen Schlagzeug spielen muss? Vielleicht ist ihnen auch der plötzliche Klimawandel zu Kopf gestiegen oder ein Felsbrocken auf den Kopf gefallen. Das Album ist trotzdem gut. Und für Finnland ein teures Vergnügen.
Highlights
- Roadkill
- Bigger than Jesus
- All right now
- Way back home
- Shotgun
Tracklist
- Over the top
- Bigger than Jesus
- Pink sneakers
- All right now
- Love danger
- Roadkill
- Pour hommes
- Suecide
- Way back home
- Boner
- Shotgun
- Allman & western
Gesamtspielzeit: 44:40 min.
Referenzen
Audioslave; Soundgarden; Chris Cornell; Monster Magnet; Nebula; Temple Of The Dog; Stone Temple Pilots; Creed; 3 Doors Down; Puddle Of Mudd; Queens Of The Stone Age; Tantric; Alice in Chains; Mother Tongue; Foo Fighters; Roachpowder; Kyuss; Colour Haze; Slo Burn; Unida; Fu Manchu; Staind; Orquesta del Desierto; Blind Dog; Sunride