HIM - Deep shadows and brilliant highlights
GUN / BMG
VÖ: 27.08.2001
Unsere Bewertung: 5/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Der letzte Funke
Männer, haltet Eure Freundinnen fest! Die singende Wasserleiche ist zurück! Die Band um Frontsirene Ville Valo ist ja schon ein Phänomen an sich: Nach dem nationenübergreifenden Nummer 1-Erfolg "Join me" sind die finnischen Megastars HIM noch heute in der Teenie-Postille präsenter als Limp Bizkit und Linkin Park zusammen. Indes bekamen sie jedoch auch den Preis für ihren Erfolg zu spüren und die Quittung für die immer extrovertierter - manche mögen auch sagen: arroganter und alberner - werdende Attitüde ihres Vorstehers serviert: Erwachsene Musikfans, die der Band nach ihrem Debüt "Greatest lovesongs Vol. 666" sogar noch einen gewissen Coolness-Faktor zugestanden hatten, wendeten sich in Scharen ab und überließen die Band der zahlreichen adoleszenten Anhängerschaft. Mit ihrem dritten Album "Deep shadows and brilliant highlights" steht die Band am Scheideweg: Gruft-Boygroup oder ernstzunehmende Düster-Rockband mit Mainstream-Zugeständnissen? Quo vadis, HIM?
Daß die ersten fünfzehn Sekunden klingen mögen wie Calexico auf Valium, darf - so viel sei vorweggenommen - abgesehen vom einen oder anderen Drumloop-Intro als einzige Überraschung gelten, die "Deep shadows and brilliant highlights" bereithält. Denn spätestens der Einsatz von Valos schmachtend-kehliger Stimme und der Blick aufs Albumcover holen zurück auf den Boden der Tatsachen: Wer hätte von HIM allen Ernstes große Neuerungen erwartet? Ins Bild paßt, daß die Finnen nicht nur den bescheuertsten Albumtitel seit John Frusciantes "To record only water in ten days" im Gepäck haben, sondern auch ein stimmungsvolles Album-Cover, das Tabak-Industrie wie Tunten-Innung gleichermaßen zu Luftsprüngen hinreißen könnte.
Mehr denn je erweisen sich HIM auf "Deep shadows and brilliant highlights" als Solo-Projekt von Ville Valo, dem vier gesichtslose Elch-Kasper an den Instrumenten zur Seite stehen. Der Gute fühlt sich zum Frontmann geboren, mimt par excellence den todessehnsüchtigen Ziggy Stardust des neuen Jahrtausends und zieht - natürlich - die große Geste dem schnöden Fingerzeig vor, den Sprung in den Tod dem zaudernden Weinen in stillen Kämmerlein. Wieso nicht das schmerzhafte "Salt in our wounds" suchen, anstatt die Wehwehchen einfach nur vor sich hin bluten zu lassen? Wieso nicht jedes noch so bedeutungslose Wörtchen mit einem anschließenden hingebungsvollen Jauchzen zur wichtigsten Sache der Welt stilisieren? So drehen sich die zehn Songs aus Ville Valos alleiniger Feder ein weiteres Mal um alles oder nichts, um Diesseits und Jenseits, und vor allem um das, was die Düstermänner von Joy Division schon vor Jahren konstatierten: "Love will tear us apart".
Doch spätestens an dieser Stelle muß der kritische Zeigefinger - natürlich ohne das den Teufelsgruß ergänzende kleine Fingerchen - erhoben werden: Nachdem der Ansatz auf den ersten beiden Alben noch glänzend funktioniert hat, strahlt "Deep shadows and brilliant highlights" statt der eines Fegefeuers mitunter lediglich die Hitze eines Strohfeuers aus. Das mag einerseits daran liegen, daß die eine und einzige Songidee, mit der HIM hantieren, allmählich Abnutzungserscheinungen zeigt. Andererseits findet der aufmerksame Hörer zu nahezu jedem Song des Albums die mitreißender umgesetzte Entsprechung auf dem Vorgänger "Razorblade romance". Obgleich HIM in ihrer bittersüßen Eingängigkeit auf dem Düsterrockmarkt immer noch ihresgleichen suchen und sich plumpe Nachahmer wie The 69 Eyes von Valos Songwritingtalent mit stumpfer Rasierklinge ein dickes Scheibchen abschneiden können, lassen die Finnen nicht nur jegliche Weiterentwicklung vermissen, sondern scheitern vor allem an der Meßlatte der Vorgänger. Fortschritt ist Leben, Stillstand ist Tod - Ville Valo hat sich einmal mehr für die morbide Alternative entschieden.
Highlights
- Heartache every moment
- In joy and sorrow
Tracklist
- Salt in our wounds
- Heartache every moment
- Lose you tonight
- In joy and sorrow
- Pretending
- Close to the flame
- Please don't let go
- Beautiful
- Don't close your heart
- Love you like I do
Gesamtspielzeit: 42:09 min.
Referenzen
To/Die/For; The 69 Eyes; The Sisters Of Mercy; Anathema; Tiamat; Moonspell; Theatry Of Tragedy; Crematory; Love Like Blood; Fields Of The Nephilim; Sentenced; Secret Discovery; Paradise Lost; Nightwish; Type 0 Negative; Atrocity; The Cure; The Mission; Joy Division; Bauhaus; Placebo
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