Ben Kweller - Changing horses
ATO / Red Ink / Rough Trade
VÖ: 06.02.2009
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Irgendwo in Amerika
Gut, einige Sachen braucht nun wirklich niemand. Die gefühlte 24. Staffel von "Deutschland sucht den Superstar" beispielsweise. Oder den nächsten nächsten Uri Geller. Aber es gibt natürlich auch negativ behaftete Dinge, die mit der Zeit ein Revival erleben, zu dem man dann auch ganz ohne schlechtes Gewissen stehen darf. Waren die Folkies Simon & Garfunkel in den sechziger Jahren mit ihren sanften Stimmen und herzigen Melodien unter harten Jungs noch verpönt, veröffentlichten Fleet Foxes 2008 ein Debütalbum, das zwar sehr nach diesen Vorbildern klang, aber doch von niemandem bei Trost als bloße Mädchenmusik abgestempelt werden konnte. Indie-Folk ist das jetzt und ausgesprochen cool.
Ähnliches passiert gerade auch mit der Country-Musik. Während Ryan Adams mit seinen Cardinals schon lange für die Resozialisierung dieses völlig zu Unrecht verurteilten Genres kämpft, waren da halt immer auch Bands wie die Dixie Chicks, diese gruselige Frauenfront, die seblbst von George W. Bushs Anhängern ins Exil verbannt wurde, und natürlich Tim McGraw, der es nicht mal an der Seite von Pflaster-Nelly schaffte, die Jugend Europas anzusprechen. Aber sonst? Country gilt außerhalb der USA als doof. Das ist einfach so, und deshalb möchte Ben Kweller es jetzt ändern. Dem Texaner ist bekanntlich keine Musikrichtung zu schade, und er hat sich ja auch schon auf seinem letzten Album zumindest vorsichtig dem Country angenähert. Mit "Changing horses" nun, seinem vierten Studioalbum, sitzt er endgültig fest im Sattel und schwingt den Cowboyhut in beachtliche Höhen.
Im frisch gewaschenen Flanellhemd und mit Wildlederhosen geht das im Opener "Gypsy rose" schon los, dank Kitt Kitterman sogar inklusive Pedal-Steel-Gitarre - und wäre nicht bekannt, dass das Album in New York aufgenommen wurde, könnte sich hier bereits der Verdacht breitmachen, dass man sich irgendwo in Amerika befindet, wo Schafe nicht nur vor dem Einschlafen, sondern auch auf der Weide gezählt werden. Mehrstimmig und schneller geht es in "Hurtin' you" zu. Der Song beweist, dass Kwellers Stimme sich von Album zu Album positiv entwickelt hat und er auch vor den höheren Oktaven keine Angst haben muss. Direkt aus dem Saloon scheint "Sawdust man" zu kommen, das in speckigen Leatherboots über den Holzboden des nächstbesten Saloons tanzt: "I'm the sawdust man / I'm the music man / I'm the talk of the town." Das hört sich nicht nur nach Country an, das ist er leibhaftig. Alles, was sich vorher negativ über dem Genre ausgebreitet hatte, schwindet in etwas mehr als einer halben Stunde dahin, und der Hörer verdankt es Kweller, der sich auf "Changing horses" nicht nur durch gewohnt gutes Songwriting auszeichnet, sondern auch zu keiner Zeit kitschig oder oberflächlich wird. Ein Song wie "Wantin' her again" fährt zwar arg die Cowboy-Schiene, aber auch er kommt aus dem Herzen, und man nimmt ihn Kweller ab.
Schlicht wird es mit "Things I like to do". "I like thinking 'bout the people who lived here before us / I like listening to my favorite music when I'm on the bus / These are the things that I like to do." Während es sicher textlich hochwertigere Songs gibt, greift dieser auf die unschuldige Art an und funktioniert damit erstaunlich gut. Bei aller Bescheidenheit ist Country eben auch das; pure Unterhaltung, Geschichten, die man mit Musik untermalt und sich erzählt, über viele Generationen hinweg. "On her own" ist eines dieser intonierten Märchen - es handelt von der rastlosen Unbekannten, die nie lange an einem Ort oder bei einem Mann bleibt, sondern stets ihren eigenen Weg geht. Sicherlich trifft das auch auf den Musiker Ben Kweller zu, der jüngst von New York nach Texas zurückgezogen ist, sich im Alter von gerade mal 27 Jahren neu erfindet und dabei nichts an Authentizität einbüßt. Schunkelnd am Ende von "Homeward bound" angekommen, lässt es sich nicht mehr anders sagen: Dieser Jungbrunnen hat dem Country gut getan. Yee-haw, Cowboy.
Highlights
- Sawdust man
- On her own
- Homeward bound
Tracklist
- Gypsy rose
- Old hat
- Fight
- Hurtin' you
- Ballad of Wendy Baker
- Sawdust man
- Wantin' her again
- Things I like to do
- On her own
- Homeward bound
Gesamtspielzeit: 35:46 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
Mixtape |
2009-03-01 14:41:30 Uhr
Das Album wächst mir immer megr ans Herz. Nur mit "Gypsie rose" kann ich nichts anfangen, dass er auch noch Opener ist, machte den Einstieg in das Album erst mal schwierig. |
koe |
2009-01-30 16:46:40 Uhr
Fuck, jetzt fahr ich schon auf Country ab, haett mir das einer vor 8 Jahren erzaehlt, haett ich ihn ausgelacht.Kurz, wie immer, aber echt top. Macht sofort gute Laune. Sowas braucht man im Winter. |
lenny |
2009-01-30 09:58:04 Uhr
neues video zu "fight": http://vids.myspace.com/index.cfm?fuseaction=vids.individual&videoid=51278363spaßig :) |
conorockomusic |
2009-01-27 21:00:50 Uhr
gekauft, gefällt |
Mixtape |
2009-01-26 11:27:53 Uhr
So auf Anhieb hats mir nicht gefallen, dafür sind Fidel und Stahlsaiten zu wenig meins. Als ich dann mehr auf die Lyrics geachtet habe, hat mich das Album gekriegt, denn Kweller ist ein grfoßartiger Storyteller. Ob es aber für mich an den Vorgänger ranreicht, bezweifel ich. |
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Referenzen
Gram Parsons; The Flying Burrito Brothers; Ryan Adams & The Cardinals; Whiskeytown; Tom Petty & The Heartbreakers; Willie Nelson; Neil Diamond; Hank Williams; The Jayhawks; The Thorns; Neal Casal; Mason Jennings; The Band; The Stands; America; The Eagles; Bob Seger; Creedence Clearwater Revival; The Byrds; Clem Snide; Son Volt; Wilco; Garth Brooks; Kenny Chesney; Caitlin Cary & Thad Cockrell; Conor Oberst; Waylan Jennings; Merle Haggard; Townes Van Zandt; Johnny Cash; Neil Young; Crosby, Stills, Nash & Young; Steve Earle; Josh Rouse; Brendan Benson; Evan Dando; John Fogerty; John Mellencamp; Bruce Springsteen; Traveling Wilburys; Bob Dylan; The Bens
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