Danielson - Trying hartz (First fruits '94 - '04)

Secretly Canadian / Cargo
VÖ: 07.11.2008
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10

Prayers for every hour
Christliche Bands, die ihren tiefen Glauben auch tatsächlich ohne sperrige Symbolismen versiegelt zum Thema machen, dürften hierzulande den gleichen schweren Stand haben wie homosexuelle Fußballer in ihren Vereinen. Von daher wundert es nicht, dass die Danielson Famile aus New Jersey noch nicht auf dem europäischen Festland angekommen ist. Es gibt, um dem einen oder anderen Hobby-Atheisten klebrigen Honig ums Maul zu schmieren, auch keinerlei Möglichkeiten, den stark verwurzelten Glauben der Band beschwichtigend zu relativieren. Nein, was Vorsteher Daniel Smith und seine lieben Verwandten da zum größten Teil singen, das meinen die durchaus ernst. Und das tun sie nun bereits seit vierzehn Jahren in prachtvoller Konsequenz. Dennoch ist der Vortrag, wie auf den sieben bisherigen Danielson-Werken, wenn über Schöpferisches gesungen wird, einer der speziellen Sorte. Fernab von braven Gitarrenakkorden, mehrfach karierten und punktierten Wollpullovern und Frisuren, die die Welt nicht braucht. Um falschen Assoziationen vorzubeugen: Genauso sei eine fette Grenze gezogen zu den bemüht alternativen Lebensbiographien der Vereinigung Jesus Freaks, deren Lieblingsfrisuren gleichermaßen untragbar sind.
Man schreibt das Jahr 1993. Dan Smith, gerade im Begriff das Studentenleben hinter sich zu lassen, geht nicht den Schritt in die weite Welt, sondern in vollem Bewusstsein zurück zu den Wurzeln. Zurück zu den Eltern, zur Familie. Beflügelt vom dortigen Zusammenhalt wird aus Dan Daniel, aus studentischer Freiheit wird Religiosität in Verbindung mit philosophischer Weitsicht - und aus dem Zusammenschluss von Geschwistern und zwei Freunden entsteht letztlich die Danielson Famile, die später durch die Ehefrau Smiths und die gemeinsame Tochter erweitert wird. 1994 erscheint nach langer Plattenfirmen-Suche das erste, noch unausgereifte Album "A prayer for every hour", das nun auch in kleinen Spuren auf der ersten Danielson-Compilation "Trying hartz" vertreten ist. Diese reicht von den Anfängen bis hin zum 2004er Album "Brother is to son", das offiziell als Soloalbum Smiths (aka Br. Danielson) geführt wird, aber letztlich doch die volle Unterstützung der Familie erfuhr. Neben den von den Machern favorisierten Stücken der ersten sechs Alben versammeln sich hier, bunt zusammengewürfelt, zahlreiche Live-Tracks und Neuinterpretationen, albumunabhängige Singles, so wie wertvolles Rares aus dem hauseigenen Songantiquariat.
Dieser nicht nur für den Einsteiger interessanten und mit dramaturgisch korrektem Spannungsbogen kompilierten Zusammenstellung gelingt es sehr gut, den Blick auf die verschiedenen Heransgehensweisen von Smith und Mannschaft zu richten, die die Verbindung eines kindlichen Marching-Band-Sounds mit verschwurbeltem, aber intensivem Songwriting der Marke Syd Barrett oder Captain Beefheart ermöglichen. Minimalistische wie psychedelische Dauerausschweifungen euphorischer Machart paaren sich mit eklatanten rhythmischen Umbrüchen progressiver Ausrichtung. Herzlich eingepflegter Noise, von The Velvet Underground und Sonic Youth beeinflusst, verbindet sich mit in sich gekehrtem nordostamerikanischem Folk. Über allem thronen die süßlichen Backing Vocals der Schwestern Smith, die bei jedem Auftritt in ureigene Krankenschwester-Outfits gehüllt sind (was für die heilende Wirkung der Songs sprechen soll) und natürlich Daniel Smith selbst. Dessen unverwechselbares Organ, das mit Sicherheit jedes Glas dem Scherbentod nahe führt, ist unbeständiger Stützpfeiler. Mal durchgerauscht am Kreischen, mal tief versunken im leisen Summen der eigenen Sprachmelodie, dann ein gackerndes Kind zum Nervtöten. "Trying hartz" verbindet gekonnt alle Facetten dieser großartigen, überaus kreativen Sippe. Und die humanistischen Essenzen ihrer christlichen Botschaften rühren selbst einen überzeugten Atheisten wie mich zu aufrechten Tränen. In diesem Sinne: Amen.
Highlights
- Singers go first
- Jersey loverboy
- Rubbernecker
- Thanx to Noah
- Daughters will tune you
- Don't you be the judge (live)
Tracklist
- CD 1
- Now try
- Body English
- Flip flop flim flam
- Singers go first
- Jersey loverboy
- Animal in every corner (Version)
- Rubbernecker
- Sold! To the nice rich man! (live)
- Thenx to Noah
- Rallying the dominoes
- The Lord's rest (live)
- A meeting with your maker
- Daughters will tune you
- Runnin' to brother
- CD 2
- A no no
- Good news for the pus pickers
- Don't you be the judge (live)
- The wheel made man
- Fetch the compass kids (live)
- Idiot boksen
- Nice of me (live)
- Cutest lil' dragon (live)
- Pottymouth
- Southern paws
- I am my beloved's (live)
- Hammers sitting still (live)
- Smooth death
- Cheer heart
Gesamtspielzeit: 86:23 min.
Referenzen
Danielson Famile; Br. Danielson; Syd Barrett; Beat Happening; Daniel Johnston; Sonic Youth; The Velvet Underground; Sufjan Stevens; Jad Fair; Sparklehorse; Trachtenburg Family Slideshow Players; Kevin Ayers; The Polyphonic Spree; Pixies; The Hidden Cameras; Neutral Milk Hotel; Rock Plaza Central; Devotchka; Hallelujah The Hills; Ween; The Olivia Tremor Control; Elf Power; The Apples In Stereo; Gorky's Zygotic Mynci; ; Architecture In Helsinki; Tiger Tunes; The Unicorns; The Fiery Furnaces; Sixteen Horsepower; Woven Hand; Can; Half-Handed Cloud; Deerhoof; My Bloody Valentine; Spacemen 3; Soft Machine; John Cale; Donovan; Half Japanese; Captain Beefheart; Camper Van Beethoven; Pavement; Swell Maps; Jonathan Richman; The Tinklers
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