The Clash - Live at Shea Stadium

Epic / Sony BMG
VÖ: 10.10.2008
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10

Death and glory
1982 - das Jahr, in dem The Clash von allen Seiten verbrannten. Die Karriere befand sich auf dem Höhepunkt, die Band jedoch war schon bald mucksmäuschenstill und schließlich mausetot. Schlagzeuger Topper Headon hatte bereits die Tür vor der Nase, ein Jahr später sollte Mick Jones ihm folgen. Genau auf den gekreuzten Klingen, in dieser punktgenauen Gegenwart von Klimax und Karriereknick, spielten The Clash 1982 einen grandiosen Ausreißer in einer ansonsten bereits bröckelnden Tour. Im Vorprogramm von The Who, die hier "Farewell" sagten, um bald darauf mit einem saloppen "Moin, Moin" wieder um die Ecke zu schlurfen, war es für The Clash der berühmte Anfang vom Ende. Inszeniert auf den großen Bühnen, im Spotlight der Stadien, vor den Augen der Welt: Drama as drama can. Von den The-Who-Fans nicht eben goutiert, feierte allein das Shea-Stadium ausgiebig. Vielleicht ahnten sie was.
Bei der hastigen Umstellung des Trommelhockers auf Terry Chimes, Gründungsmitglied und Drummer des Debüts, wäre zu erwarten gewesen, dass Joe Strummer & Co. vor allem die alten Punk-Grower auspacken. Doch nichts da. Das Stadion verlangte Hits und der Hauptact puren Rock. The Clash, so weiß man nun, gaben großzügig. In keiner Note, bei keinem Akzent, in keiner von Strummers Ansagen, "Ai-jai-jai"s oder Urschrei-"Kukurukuku"s findet sich ein Hinweis auf den inneren Konflikt, der schon bald offen hervorbrechen sollte. Chimes spielt Songs wie "Career opportunities" (bereits auf der Live-Compilation "From here to eternity" von 1999 vertreten) oder "I fought the law", als sei er nie weg gewesen, und gibt auch dem Rest eine Prägnanz und ein Selbstbewusstsein, dass Headon nicht der Rede wert ist, solange das Album läuft. Dazu raufen sich Strummer, Jones und Bassist Paul Simenon zu einer Energieleistung zusammen, die "Live at Shea Stadium" rückblickend beinahe zu jenem ehrwürdigen Abschluss einer großen Karriere und Band werden lässt, den Strummer mit "Cut the crab" so bitterlich versaut hat.
Denn das Album funktioniert durchaus als Monument. Die Dynamik, Intensität und Spielfreude, mit der "Spanish bombs", "Clampdown" und selbst der Dub von "The guns of Brixton" oder "Rock the casbah" zu perfekt rumpelnden, jedoch souverän und ausgiebig improvisierenden Rockern aufgebockt werden, ist kaum zu erwarten gewesen. Dazu sitzt der Sound ebenso edel wie perfekt, verströmt aber auch in jeder Faser genug Punkvibe, um dem Rock die Stampf-Flausen auszutreiben. Das Zusammenspiel von Strummers großem, dreckigem Timbre und halbverzerrtem Rhythmusgitarren-Alibi mit Jones' Cockney-Geschnodder und übersprudelnden Licks, die hochenergischen Drums und Simenons bündiges Bassspiel: In einem steifen Soundkorsett lässt sich das alles nicht kontrollieren. Weshalb der Klang selbst zu einem weiteren, hörbaren Verweis auf die Unbeugsamkeit dieser Musik gerinnt.
Von der dramatischen Markierung in der Bandgeschichte ist auf "Live at Shea Stadium" somit nichts zu hören. In der Tat wird jegliches wehmütiges Gedenken einfach davongesprengt. Dadurch ist das Album sowohl ein hervorragendes Live-Dokument, als auch ein erneuter Beweis dafür, dass The Clash niemals auch nur ansatzweise tragische Figuren gewesen sind. Sie waren eine Band so voller Gegenwart, dass die Zeit ihnen auch heute mal rein gar nichts kann. Denn selbst am Scheidepunkt, an der Wendemarke, agierten sie ausschließlich voller Lebenswut. Wenn sich Musik noch vom Totenbett aus das eigene Schicksal austreibt - dann kann es besser eigentlich kaum werden.
Highlights
- Police on my back
- The guns of Brixton
- Train in vain
- Career opportunities
- I fought the law
Tracklist
- Kosmo Vinyl introduction
- London calling
- Police on my back
- The guns of Brixton
- Tommy gun
- The magnificent seven
- Armagideon time
- The magnificent seven (Return)
- Rock the casbah
- Train in vain
- Career opportunities
- Spanish bombs
- Clampdown
- English civil war
- Should I stay or should I go
- I fought the law
Gesamtspielzeit: 49:14 min.
Referenzen
Joe Strummer & The Mescaleros; Big Audio Dynamite; Carbon/Silicon; Stiff Little Fingers; The Stranglers; The Damned; The Buzzcocks; The Sex Pistols; The Jam; Generation X; The Ramones; New York Dolls; The Stooges; Iggy Pop; MC5; U.K. Subs; Peter And The Test Tube Babies; Social Distortion; Rancid; AFI; Flogging Molly; The Mighty Mighty Bosstones; Green Day; Everclear; Chumbawamba; Mano Negra; Billy Bragg; The Pogues; New Model Army; Ted Leo And The Pharmacists; Kingmaker; Radio 4; The Futureheads; Dirty Pretty Things; ; Babyshambles; The Cribs; Arctic Monkeys; Little Man Tate; Dropkick Murphys; Kaiser Chiefs; The Libertines; Maximo Park; The Pigeon Detectives
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