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Catatonia - Paper scissors stone

Catatonia- Paper scissors stone

WEA / Warner
VÖ: 06.08.2001

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Einer für alle, alle für Cerys

Cerys Matthews ist eine Frau, mit der man(n) gerne zusammen ist. Sie sieht gut aus, sorgt auf Parties für Stimmung und trinkt bei manchen Festen schon mal alle anderen Gäste unter den Tisch. Nebenbei ist die coole Partylöwin auch Sängerin einer walisischen Band namens Catatonia und gleichzeitig deren Erfolgsgarant. Schließlich sind nicht viele Combos mit einer so schillernden Frontfrau gesegnet. Seit dem Durchbruch mit ihrem - immer noch großartigen - Album "International velvet" gilt die ekzentrische Sängerin als Superweib der britischen Popwelt. Ihre lockere Art, gepaart mit einem hübschen Äußerem und diverse Party-Exzesse ließen sie schnell zur englischen Jenny Elvers werden - ein gefundenes Fressen für die Boulevardpresse. Die ständige Berichtersattung führte dazu, dass sie auf der Insel mittlerweile den gleichen Bekanntheitsgrad erreicht hat wie die ehemaligen Spice-Girls-Gören. Daß Ruhm und Erfolg aber nicht nur positive Wirkung haben ist eine Weisheit, die erst gelernt werden mußte. Zum Hype um Matthews' Person gesellten sich bandinterne Streitigkeiten, Erfolgs- und Leistungsdruck. Die Folge: Der eiligst nachgeschobene, arg durchwachsene Nachfolger "Equally cursed and blessed" erzielte nicht mal ein Drittel der Verkaufszahlen von "International velvet", Matthews' Verlobung platzte und das ständige Touren brannte die Band völlig aus. Catatonia schienen am Ende.

Doch Matthews gehört nicht zu der Sorte Frau, die so leicht aufgibt. Wie der vielzitierte Phoenix aus der Asche steigt sie mit ihrer Band nun wieder ins Rampenlicht. Auf der fünften Scheibe "Paper scissors stone" zeigt sie sich nach dem Hype-Overkill hörbar zerrissen. "Goodbye godspeed / I can't give you what I need / I'm as lost as you" schluchzt sie im Opener "Godspeed", einem bombastisch arrangierten Abgesang auf das schnellebige Stehen im Rampenlicht. Ein Song, der auch programmatisch für das ganze Album steht. Denn Catatonia zeigen sich so besonnen, detail- und melodieverliebt wie noch nie zuvor. Glichen die Songs auf dem bereits zurückhaltendem Vorgänger zuweilen einem zähen, schmalztriefenden Brei, strotzt das neue Werk nur so von brillanten Ideen und geschickt plazierten Ecken und Kanten. Während sich durch "What it is" ein nervöser Beat zieht, überrascht "Stone by stone" mit einem Seemannschor im Hintergrund. So knackig wie bei früheren Hits à la "Mulder & Scully" klingen Catatonia anno 2001 zwar nicht mehr, aber ihre rotzige Ader ist immer noch spürbar. In Songs wie "Immediate circle" oder "Village idiot" fährt Matthews ihre Krallen aus und zeigt Biß. Auf der anderen Seite sorgen Balladen wie "Imaginary friend" oder das melancholische "Arabian derby" für wohlige Herz-Schmerz-Gefühle. Auch wenn manche Nummern leicht überfrachet wirken, kommt die opulente Bläser- und Streicher-Ausstattung dem Catatonia-Sound durchaus zugute.

Daß Cerys Matthews eine Sängerin mit enormer Ausstrahlung und einem ebenso ausdrucksvollen Organ ist, hat sie bereits auf den vorigen Alben bewiesen. Auf "Paper scissors stone" ist es wieder einmal ihre Stimme, die den Songs ihre ganz besondere Intensivität verleiht. Mal zärtlich schnurrend, mal kratzbürstig schreiend arbeitet sie sich durch die 14 Tracks und zeigt dem Hörer dabei auch lyrisch all ihre Facetten von der sexy Partylöwin bis zur leidenden Frau. Trotz aller Zerrissenheit klingt das Album so geschlossen und reif, als ob hier jemand lästige Selbstzweifel durch umso selbstbewußtere Musik kompensiere wolle. In diesem Zusammenhang wird dann auch der Albumtitel verständlich. "Papier, Schere, Stein", wie der Titel übersetzt lautet, ist schließlich ein altes Kinderspiel, das gespielt wird, um eine Entscheidung herbeizuführen. Nach dem Hörgenuß dieses Albums müßte man ein viertes Wort hinzufügen: Catatonia. Denn dagegen verlieren sowohl Papier, Schere als auch Stein. Und wer Cerys mal in einer Bar trifft, sollte ihr das ruhig sagen - bevor sie denjenigen unter den Tisch trinkt.

(Christof Nikolai)

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Highlights

  • Godspeed
  • Imaginary friend
  • Village idiot
  • Arabian derby

Tracklist

  1. Godspeed
  2. Immediate circle
  3. Fuel
  4. What it is
  5. Stone by stone
  6. The mother of misogyny
  7. Is everybody here on drugs
  8. Imaginary friend
  9. Shore leave
  10. Apple core
  11. Beautiful loser
  12. Blues song
  13. Village idiot
  14. Arabian derby

Gesamtspielzeit: 47:11 min.

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