Rose Kemp - Unholy majesty
One Little Indian / Rough Trade
VÖ: 26.09.2008
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
One louder
Als Rose Kemp im Frühjahr 2007 ihren Zweitling "A hand full of hurricanes" losließ, mehrte sich rasch die Verblüffung. Derlei komplexe Offenbarungen hätte man dem ehemaligen Folkmäuschen kaum zugetraut - wenn man vorher überhaupt Notiz von ihr genommen hatte. Auf den Bühnen legte Kemp sogar noch das eine oder andere Pfund drauf und ließ die Verstärker so sehr glühen, dass es auch anderthalb Jahre später auf "Unholy majesty" noch in den Ohren pfeift. Es war also kein Zufall, dass Kemp neulich den italienischen Doom-Psychedelikern Ufomammut (was für ein Name!) ein paar verquere Gesangssalti spendierte, um sich in Stimmung zu bringen.
Wo schon "A hand full of hurricanes" ein Quantensprung war, dringt Kemps drittes Album gleich in die nächste Daseinsebene vor. Dem empfindungsreichen Indierock wird das "Indie" einfach weggenommen, weil das nicht mehr auf die heißgelaufenen Röhren passte. "Dirty glow" beschwört Unschuld und Begehren mit dramatischer Geige und der schleppenden Kraft des Schlagzeugs. Wenn die Powerchords von "Nanny's world" losbrennen, wundert man sich beinahe über die tiefe Stimme, die Robert Plant plötzlich bekommen hat. Das hat tatsächlich viel von jenem hartgesottenen Bluesrock, mit dem sich Led Zeppelin ihre Testosteron-Produktion ankurbelten.
Und doch ist "Unholy majesty" unverkennbar weiblich. Was nämlich bei allem Mut zu Drama, Großgesten und Lautstärke immer angenehm fehlt, ist gockelhafte Arroganz, wie sie einem das potentiell anmachende Getue manch potenten Rockers so schnell vergällt. "I have no wish to be perfect / Because it holds no appeal", schmachtet Kemp in "Flawless" zu sanftem Klavier und reichlich Hall. Das vorsichtige "Saturday night" steigert sich zwar um des Steigerns Willen, begründet dies aber stichhaltig: "Because it's young and I'm Saturday night and I'm not all bad." Der Muskel, der hier so heftig kontrahiert, ist weder Bi- noch Trizeps. Sondern Kemps Herz.
Wenn hier etwas tost und bebt, stammt es nicht vom Phallussymbol Gitarre, sondern von etwas viel Erdigerem. Es sind überdimensionierte Trommeln, auf denen Kemp reitet. Oder sich auch einfach an sie anlehnt, weil sie gerade gestreichelt werden. Dann erinnert das zärtliche "Nature's hymn" für ein paar Momente an ihre Folk-Vergangenheit, bis sich Geige und Synthesizer zum Kuscheln treffen. Harmlosigkeit aber geht anders. Und weil die Ruhe vor dem Sturm kommt, dreht Kemp dann auch wieder am Volumen-Regler. "Wholeness sounds" zelebriert erst die Mystik und dann das tosende Riff, das auch in "Vacancies" für mulmige Unruhe sorgt. Für "Milky white" ist Kemp die stimmgewaltige Prinzessin der Dunkelheit, und "The unholy" hat dann sogar ein paar satanische Stimmeffekte übrig.
Die aufbegehrenden Emotionen haben sich nicht verändert, sie schminken sich nur anders. In all dem Getöse lässt das Schwanken zwischen Zaudern und Zorn immer wieder ein ehrwürdiges Wissen aufblitzen: Die wahren Möglichkeiten der Lautstärke entfalten sich nicht nur im puren Lärm, sondern vor allem im Verzicht auf sie. Weil sie bereits Erfahrung im Auge des Hurrikans sammeln konnte, kennt sich Kemp damit bestens aus. Und lässt ihrem eigenen Meisterwerk ein weiteres Ausrufungszeichen folgen.
Highlights
- Dirty glow
- Nanny's world
- Bitter and sweet
- Wholeness sounds
- Vacancies
Tracklist
- Dirty glow
- Nanny's world
- Bitter and sweet
- Flawless
- Saturday night
- Nature's hymn
- Wholeness sounds
- Vacancies
- Milky white
- The unholy
Gesamtspielzeit: 49:23 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
picturemops |
2009-02-18 00:43:19 Uhr
Habe das Konzert in Leipzig gehört, selten so intensive Musik gehört. Das verrückte an diesem Sound ist, daß man ihn einfach nicht wieder los wird, wenn man sich einmal darauf eingelassen hat.Die Entdeckung der letzten Jahre. Leipzig-Fotos unter folgedem Link: www.myspace.com/picturemops |
blu3m4x |
2009-02-04 21:36:44 Uhr
hach! grad nochmal den rockpalast-mitschnitt vom harmonie-konzert geschaut. wirklich eine schande das von den 2009-konzerten keins mehr in der nähe war. |
mu2 |
2009-01-17 14:59:37 Uhr
Das hat nichts mit schön zu tun. Es ist eher ihr momentanes Bühnenoutfit: http://www.regioactive.de/story/7792/galerie/?idx=2 http://www.regioactive.de/story/7792/galerie/?idx=6 Da fällt das nach vorne schauen schwer, wenn man Lachkrämpfe bekommt ;-). Dabei kann sie auch anders: http://userserve-ak.last.fm/serve/252/112186.jpg |
wohl eher: |
2009-01-17 14:02:53 Uhr
ouh männer! |
blu3m4x |
2009-01-17 10:50:03 Uhr
ouh mann! |
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Referenzen
PJ Harvey; Jeff Buckley; Alyosha; The Gathering; Ufomammut; Led Zeppelin; Black Sabbath; Soundgarden; Heart; Carina Round; Shannon Wright; Kate Bush; Helium; Sleater-Kinney; Scout Niblett; Tracy Bonham; Thea Gilmore; Mary Timony; Penelope Houston; Bettie Serveert; Eve's Plum ; The Kills; Sons And Daughters; Motorpsycho; Wolfmother; ...And You Will Know Us By The Trail Of Dead; Queens Of The Stone Age; Zen Guerilla; The Icarus Line; Melvins; Forget Cassettes; The Dresden Dolls; The International World/Friendship Society; Regina Spektor; Martha Wainwright; Victory At Sea; Young People; My Brightest Diamond; Cat Power; Fiona Apple; Kristin Hersh; Anna Ternheim; Denali; Concrete Blonde; Throwing Muses; Patti Smith; Blake Babies; Juliana Hatfield; Tegan And Sara; Veruca Salt; Hazeldine; The Bangles; Gemma Hayes; Beth Orton; Elysian Fields; Natalie Merchant; Joni Mitchell; Radiohead; Seachange; The Doors; Earth; Within Temptation; Evanescence; Bloodflowerz; Nightwish; Vilna; Jeremy Smoking Jackets
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