Emiliana Torrini - Me and Armini
Rough Trade / Beggars / Indigo
VÖ: 05.09.2008
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Schief gewickelt
Die Queen schickt Kate Middleton auf Jobsuche, weil es ja nun wirklich nicht sein kann, dass jemand den ganzen langen Tag nichts zu tun hat. Noch-US-Senator Larry Craig erzählt gerne, man hätte Bill Clinton für seine Lewinsky-Affäre den Hintern versohlen müssen, kann aber selbst nicht mal auf Flughafentoiletten die Augen geradeaus halten. Ja, und Michael Moore dreht Filme über den größten Faktenverdreher seiner Generation, während er selbst die Wahrheit ausleiert, bis sie mindestens zwei Nummern größer ist. Heißt im Klartext: Wer dazu neigt, den Finger auf andere zu richten, sollte sich öfter mal vor einen Spiegel stellen - oder wenigstens Emiliana Torrini ins Visier nehmen. Schließlich singt die in ihrer neuen Single "Big jumps" das hohe Lied der entscheidungsfrohen Anpackermentalität. Und bringt dazu ihr drittes Album in sportlichen zehn Jahren heraus.
Aber man will sich ja gar nicht beschweren, wenn Torrini überhaupt mal wieder Lebenszeichen zeigt und noch dazu so entschlossen an sich arbeitet, wie es "Me and Armini" nahelegt. Kein langes Fackeln im Studio, keine Demos und auch sonst kein Quatsch diesmal. Sie und ihr Leib- und Magen-Produzent Dan Carey (Franz Ferdinand, Hot Chip, Kylie Minogue) haben die Offensive gesucht und eine Menge davon gefunden: Das sechste Album der Isländerin geht zwar noch los wie ein besonnener Scout-Niblett-Song, macht sich danach jedoch über jamaikanische, französische, nord- und südamerikanische Volksmusik her, als würde das Buffet nach ihr nicht mehr aufgestockt. Bei anderen Leuten müsste man das immer noch immer Schnupper- und Tastmusik nennen. Im Torrini-Kontext ist "Me and Armini" allerdings Rock'n'Roll.
So richtig fängt das mit dem straighten Reggae des Titelstücks an, in dessen Hintergrund Torrini eine Effekthascherei mit Billigsounds und Sternenstaub veranstaltet, wie sie Beck Hansen seit seiner "Midnite vultures"-Phase nicht mehr am Mülleimer vorbeigeschlenzt hat. "Heard it all before" dreht dem Ganzen dann noch ein paar Dub-Schrauben rein, und die Akustikgitarre aus "Hold heart" droht wenig später damit, in so lustiges No-Mercy-Flamenco-Gezuckel umzukippen. Der Gipfel der Erleichterung aber ist nicht etwa die gar nicht lustige Randbemerkung "Ha-ha", sondern "My heart is beating like a jungle drum": Torrini singt den Songtitel als trotzköpfigen Einzeiler-Refrain und schiebt die Bestätigung als lautmalerische Human-Beatbox-Einlage nach. Schneller hat seit Jens Lekmans "A sweet summer's night on Hammer Hill" kein Nordlicht-Herz mehr geschlagen.
Das bereits erwähnte, etwas zu glatt geratene "Big jumps" vergisst man deshalb am besten schnell wieder - wer glaubt, dass Torrini das emotionale Seitenstechen verlernt hätte, sollte sich lieber durch "Gun" hören, das mit seiner reduzierten Brutalität auch auf Portisheads "Third" eine angemessen ungute Figur gemacht hätte. Im Ansatz ähnlich, aber von Akustikgitarre und Klavier gesteuert, ist "Birds", das mit Lap-Steel, Geistergeräuschen und Funk-Bass aufgefaltet wird. Und falls nach dem immerhin TripHop-informierten, mit M83-Beats ausgelegten Mantra von "Dead duck" noch Folk benötigt wird, bringt ihn "Bleeder" als einsamer, von Verzweiflungsstreichern runter gezogener Abschlusssong. Spätestens jetzt ist es nicht mehr schwer, Torrini auf diesem Album wiederzuerkennen. Der Ausdruck "schief gewickelter Rock" nimmt in ihrer Welt allerdings eine ganz neue Bedeutung an.
Highlights
- Me and Armini
- Birds
- Jungle drum
- Dead duck
Tracklist
- Fireheads
- Me and Armini
- Birds
- Heard it all before
- Ha-ha
- Big jumps
- Jungle drum
- Hold heart
- Gun
- Beggar's prayer
- Dead duck
- Bleeder
- Slow
Gesamtspielzeit: 48:38 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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hideout Postings: 1817 Registriert seit 07.06.2019 |
2019-08-25 08:45:15 Uhr
Glücklicherweise musst du das ja auch nicht. Genausowenig wie deine Wahrnehmung ein Massstab für andere ist. |
Matjes_taet Postings: 2126 Registriert seit 18.10.2017 |
2019-08-24 22:53:38 Uhr
Bewertungen die den viertbesten Song des Albums mit 0/10 bewerten, kann ich nicht ansatzweise ernst nehmen. |
nörtz User und News-Scout Postings: 14637 Registriert seit 13.06.2013 |
2019-08-22 23:29:31 Uhr
Vögel und Tote Ente sind auch meine beiden Highlights. |
hideout Postings: 1817 Registriert seit 07.06.2019 |
2019-08-22 23:12:01 Uhr
1.Fireheads 6/102.Me and Armini 8/10 3.Birds 9/10 4.Heard it all before 5/10 5.Ha-ha 4/10 6.Big jumps 8/10 7.Jungle drum 0/10 8.Hold heart 5/10 9.Gun 6/10 10.Beggar's prayer 5/10 11.Dead duck 9/10 12.Bleeder 6/10 Deutlich dynamischer und experimenteller als der Vorgänger, was allerdings an einer 133 Sekunden langen Stelle besser mit Stille hätte gefüllt werden sollen. Vögel und tote Ente sind hier mein musikalisches Highlight eines Rollercoasteralbums. 6,5/10 |
h erz |
2013-01-22 23:56:16 Uhr
http://www.emilianatorrini.com/ |
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Referenzen
Nelson Muntz; Anna Ternheim; Anja Garbarek; Sophie Zelmani; Fiona Apple; Jolie Holland; My Brightest Diamond; Stina Nordenstam; Leona Naess; Emilie Simon; Azure Ray; Orenda Fink; Maria Taylor; Amanda Rogers; Kate Bush; Beth Orton; Björk; Dear Euphoria; Bat For Lashes; Goldfrapp; Aimee Mann; Feist; Maria Solheim; Laura Veirs; Marissa Nadler; Bonnie 'Prince' Billy; Alela Diane; Isobel Campbell; Bang Gang; CocoRosie; Hanne Hukkelberg; Avia Gardner; Gustav; Múm; Under Byen; M83; Yann Tiersen; Devics; Elysian Fields; Eva Cassidy; Joan As Police Woman; Norah Jones; Katie Melua; Adele
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