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Brian Wilson - That lucky old sun

Brian Wilson- That lucky old sun

Capitol / EMI
VÖ: 29.08.2008

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Onkel Dittmeyer

Brian Wilson in den Sechzigern? Die Mensch gewordene Popmusik und der Prototyp des von Drogen, Dämonen und Selbstzweifeln geplagten Genies. Brian Wilson in seinen Sechzigern? Eine einzige "Wenn schon/denn schon"-Geschichte. Erst veröffentlichte er 2004 das größte nie veröffentlichte Album der Popgeschichte. Und dann schrieb er gleich noch dessen Nachfolger, als Auftragsarbeit für das London Southbank Centre, und widerlegte mit gefeierten Livevorstellungen von "That lucky old sun" das alte Vorurteil, er sei nie ein guter Performer gewesen. Es gibt jetzt die Platte zu diesem Ereignis und natürlich auch einen Mythos um all das herum: Wilson blickt zurück auf die fünfziger und sechziger Jahre und gießt das Kalifornien seiner Kindheit in Gold. Als hätte er jemals etwas anderes getan.

"That lucky old sun" geht dementsprechend verschwenderisch mit seinen Ressourcen um. Nach dem Titelstück, einer 60 Jahre alten Komposition von Beasley Smith und Haven Gillespie, die auch Louis Armstrong, Frank Sinatra, Ray Charles und Johnny Cash schon gespielt haben, eröffnet sich eine weitere Platte, die man mindestens "Suite", "Songzyklus" oder eben "Konzeptalbum" nennen muss. "Morning beat" wird als zweiteiliger Sonnenanbeter mit quirliger Orgel, zurückhaltendem Saxophon und klassischen Beach-Boys-Vocals zur Hommage an Wilsons Lieblingstageszeit, während das vermittelte Los-Angeles-Bild in wohlmeinender Postkartenidylle strahlt. Die überschwänglich geklimperte Girl-Group-Reminiszenz "Good kind of love" und "Forever you'll be my surfer girl" sind anschließend - wie alles auf "That lucky old sun" - mehr Zeitreise als Vergangenheitsbewältigung: Wilson singt blauäugige Liebesliedtexte, die ihm nur sehr mürrische Menschen übel nehmen könnten, und veranstaltet eine Popshow-Völlerei, die weiterhin absolut konkurrenzlos für sich steht.

Als Gegenstück zu den weitgehend leichtgewichtigen, wenn auch mit Anspielungen auf Wilsons turbulente 1960er versehenen Lyrics von Tourband-Gitarrist Scott Bennett stehen auf "That lucky old sun" vier Zwischenstücke von "Smile"-Texter Van Dyke Parks, die Los Angeles in ein dunkleres Licht tauchen. Auch sie sind nostalgisch verweht, blicken aber bedeutend wehmütiger, manchmal gar mit surrealer Beatnik-Brille zurück und suchen den Herzschlag einer Stadt, der in den meisten Songs des Albums einfach als gegeben vorausgesetzt wird. Echte Abgründe tun sich natürlich auch bei Parks nicht auf, der gescheiterte Schauspieler kellnern, Strandverkäufer früh aufstehen und Kleinganoven ihr Ding drehen lässt. "That lucky old sun" aber profitiert von dieser zweiten Perspektive. Sie fängt die Platte immer wieder ab, bevor sie von ihrer eigenen Ergriffenheit in die Belanglosigkeit getrieben werden kann.

Wilson indes navigiert das Album als umsichtiger Arrangeur und einsamer Pianomann: "Southern California" verklärt noch einmal das hoch gelobte Zuhause, ist aber eher lakonische Randy-Newman-Beobachtung als seifiges Heimatlied. Schon vorher in "Going home" hatte Bennett plötzlich auf neuem Level getextet; der Song aber wird als kraftmeierndes Aufbegehren der Backingband ebenso verschenkt wie der furchtbare Klischee-Schlager "Mexican girl", in dem sich "muchacha" auf "got ya" reimt. Man kann solche Unannehmlichkeiten als Hörer von "That lucky old sun" in Kauf nehmen - oder man erspart sich größere Mühen und gesteht sich gleich ein, dass man es ja gar nicht anders haben wollte. Nicht vom Mann, der "Good vibrations" geschrieben hat und noch immer daran glaubt.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights

  • Morning beat
  • Midnight's another day
  • Southern California

Tracklist

  1. That lucky old sun
  2. Morning beat
  3. Narrative: Room with a view
  4. Good kind of love
  5. Forever she'll be my surfer girl
  6. Narrative: Veniec Beach
  7. Live let live/That lucky old sun (Reprise)
  8. Mexican girl
  9. Narrative: Cinco de Mayo
  10. California role/That lucky old sun (Reprise)
  11. Narrative: Between pictures
  12. Oxygen to the brain
  13. Can't wait too long
  14. Midnight's another day
  15. That lucky old sun (Reprise)
  16. Going home
  17. Southern California

Gesamtspielzeit: 38:01 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
mr.pink
2008-08-22 13:55:59 Uhr
nach dem ersten hören folgender eindruck: glattpolierter altherrenrock, der in dieser ausproduzierten form in der heutigen zeit irgendwie fehl am platze wirkt. dabei mochte ich smile ja. hm
lumdam
2008-08-22 13:39:12 Uhr
Stream des gesamten Albums:

http://theadvertiser.com/apps/pbcs.dll/article?AID=/00/99999999/BRIANWILSON/80814001
lumdam
2008-05-19 10:10:44 Uhr
Release am 2. September auf Capitol Records / EMI (zumindest in US)
prey
2007-10-02 23:35:15 Uhr
Nach mehrmaligen Bootleg hören, kann man jetzt wirklich mal sagen Brian is Back. Wenn er 1968 nach Smile ein weiteres Album aufgenommen hätte, hätte es so geklungen.
Ganz große Klasse, hoffentlich erscheint es bald auf CD.
lumdam
2007-09-16 11:26:55 Uhr
Premiere hat fantastische Kritiken bekommen, und wird deswegen auch auf CD erscheinen.
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