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PeterLicht - Melancholie und Gesellschaft

PeterLicht- Melancholie und Gesellschaft

Motor / Edel
VÖ: 05.09.2008

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Zwischen Menschen

Nichts ist so, wie es sein soll. Und Gleich und Ungleich gesellt sich trotzdem gern. Die Sonne als gelbe Sau, die beschimpft gehört, Safari als belangloses Zeittotschlagen und Entspannung als Leistungssport. Seit nunmehr vier Alben perfektioniert PeterLicht aus Köln windschiefe Bilder in Serie und textliches Von-A-nach-C-Hangeln. Dazu spielt er mal launigen Minimal-Electro und mal einen veritablen Pop-Hit, aber auch oft spröden Laptop-Folk und anstrengende Knurpseleien. Doch da PeterLicht nicht zuletzt auch Schriftsteller ist, wird es ihm vermutlich sogar recht gewesen sein, dass man gelegentlich besser beraten war, eines seiner Bücher statt eine seiner Platten zu kaufen.

Nicht so bei "Melancholie und Gesellschaft". Da reichen bereits zu Anfang eine leicht verhallte Klaviermelodie und ab und zu reinschauende Streicher, um aus "Räume räumen" eines der raren Stücke zu machen, die man nur in besonderen Momenten hört, weil sie sonst vielleicht etwas von ihrer Vollkommenheit einbüßen könnten. Hier singt jemand, der weiß, wie alleine man sich auch in Menschenmengen fühlen kann. Ein verhaltenes, aber sprachlos machendes Lied, von einer emotionalen Wucht durchdrungen, die selbst das verschlossenste Gemüt aufzustemmen vermag. Besser wird zumindest deutsche Musik dieses Jahr nicht mehr werden. Da kann man nix machen.

Nach diesem auch musikalisch herzzerreißenden Opener ist auf "Melancholie und Gesellschaft" aber vor allem die Sprache ein Hauptinstrument - und PeterLicht ein Virtuose. Hochtrabende Phrasen nutzt er zu gütig spottendem Vorführen des Pseudo-Intellektuellen, vordergründige Plattheiten als listige Stilfiguren. Auf eine rasant verdichtete Sammlung von Vernichtungsvokabeln folgt mit "Es gibt keinen wahren Po im falschen" eine entstellte Schwulstfloskel, und beim vor Nonsens-Reimen platzenden "Trennungslied" fragt man sich, warum man seinen gescheiterten Beziehungen eigentlich nachweint, wenn man sie genauso gut angrinsen kann. Trauerarbeit 2.0. Und tatsächlich: Es wird gelacht. Oder wenigstens geschmunzelt.

Und doch stehen alle gewollten Brüche, metrischen Schrägheiten und Hinweise darauf, dass um uns herum einige Dinge falsch laufen, auf diesem Album immer hundertprozentig im Dienste flockender Indie-Pop-Songs. Und die haben bei aller Bedeutsamkeit nichts von verkopften Pamphleten und literarischem Überanspruch. Das Piano perlt, die Gitarren kreisen in folkigen Loops, und beim groß angelegten "Marketing" oder dem legitimen "Wettentspannen"-Nachfolger "Stilberatung/Restsexualität" entlädt sich alles auch mal in einem umarmenden Refrain. Die Zeit der elektronischen Laubsägebastelei scheint jedenfalls endgültig vorbei zu sein - "Melancholie und Gesellschaft" ist voll erhabener Popmusik, die berührt, amüsiert und in den richtigen Momenten zum Aufhellen der Schattenseiten des Daseins wie geschaffen ist. Nicht umsonst hält sich PeterLicht auf Fotos stets irgendetwas vors Gesicht und lässt sich selbst in der Harald-Schmidt-Show nur kopfabwärts filmen: Hier zählt die Musik und nicht, wer sie macht.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights

  • Räume räumen
  • Marketing
  • Trennungslied
  • Stilberatung/Restsexualität

Tracklist

  1. Räume räumen
  2. Alles was Du siehst gehört Dir
  3. Marketing
  4. Dein Tag
  5. Beipflichten
  6. Trennungslied
  7. Heimkehrerlied
  8. Stilberatung/Restsexualität
  9. Freunde vom leidenden Leben
  10. Landlied

Gesamtspielzeit: 46:23 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
seb
2008-10-10 07:08:39 Uhr
Das Konzert gestern (Schorndorf) war großartig. Kein Abklatsch von dem, was man schon kannte (Sorgenlied im Chor usw.), sondern ganz neues Programm, z.T rockiger eingespielt. Auch eine der zwei eingeschobenen Lesungen war überzeugend. Sehr schön der Beginn: "Räume räumen" und "Heimkehrlied" im Dunklen ...
Pascal
2008-10-06 17:50:48 Uhr
@mr.pink:

Hehe, musst Du da auch an Kirchhellen denken?
2+2=5
2008-10-06 13:29:55 Uhr
Tolles Konzert in Frankfurt gestern. Lieder von allen Alben, wobei der Schwerpunkt natürlich auf dem neuen lag.
An Anfang und Ende standen wunderbare Melancholie, dazwischen brachten einen insbesondere die vorgelesenen Texte zum Lachen.
mr.pink
2008-09-26 23:24:54 Uhr
lohnt sich allein fürs heimkehrlied
Mixtape
2008-09-26 22:58:37 Uhr
Das Problem ist, dass es oft so wirkt, als hätte er auf der einen Seite einen Text, auf der anderen einen Song und pfropft dann mit Gewalt beides aufeinander, ob die Silbenanzahl der Verse jetzt zur Melodie passt oder meistens eben eher nicht.
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