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Calexico - Carried to dust

Calexico- Carried to dust

City Slang / Universal
VÖ: 05.09.2008

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Liebe ohne Grenzen

Liebe kann so komisch sein. Die Liebe eines Latinomädchens zu einem alternden Intellektuellen ist es, wie in Philip Roths "Das sterbende Tier"; die Liebe zu Trockenblumen im Haar ist es; und die Liebe zu jedem Coverartwork von Calexico-Alben ist es allemal. Doch hat man etwas erst einmal in sein Herz geschlossen, so lässt man es bekanntlich so schnell nicht wieder los. Liebe kennt nun mal keine Grenzen. Im Kosmos von Calexico existieren Grenzen, Trennlinien und Crystal Frontiers in der Praxis ebenfalls nicht. Sprachliche, kulturelle und musikalische Barrieren werden durchbrochen und Hindernisse aus dem Weg geräumt. Zur großen Freude kommt hinterher mit "Carried to dust" ein Werk heraus, das homogen, spannend und unterhaltsam zugleich ist. Das sind ja gleich drei Dinge auf einmal. Mehr kann man nicht verlangen.

Joey Burns, John Convertino und Co. melden sich mit ihrem sechsten Studioalbum "Carried to dust" eindrucksvoll zurück, ohne sich überhaupt abgemeldet oder eine Siesta eingelegt zu haben. Nach dem konventionellen und fast als enttäuschend zu bezeichnenden "Garden ruin" beeindruckten sie auf dem Soundtrack zu Todd Haynes Dylanportrait "I'm not there": "Dark eyes" mit Iron & Wine und "Goin' to Acapulco" mit Jim James von My Morning Jacket ließ die Band wieder zur Höchstform auflaufen. Letzteres ist ein Mariachi-Drama mit spanischen Trompeten in höchster Qualität, das alle Stärken von Calexico offenbarte.

Mit "Carried to dust" knüpfen sie nahtlos daran an. Jacob Valenzuela und Martin Wenk veredeln die Ouvertüre "Victor Jara's hands" mit ihrem erhabenen Trompetenspiel. Es ist nebenbei bemerkt ein sozialkritisches Stück über den chilenischen Folksänger und überzeugten Kommunisten Victor Jara, der aufgrund seiner Unterstützung für Salvador Allende im Zuge des Pinochet-Putsches ermordet wurde. Un buen comienzo für Calexico. Später betritt auch Sam Beam von Iron & Wine das Parkett und verleiht dem cineastischen, eleganten "House of Valparaiso" mit seiner Stimme den passenden Charme: Die ewige Wiederkehr des Immergleichen bittet zum elegischen Schwof auf Adornos kulturpessimistischer Gruft.

Aus der Klangbreite von Calexico weitere unverwechselbare Höhepunkte herauszuheben, gliche einem Vabanque-Spiel, das morgen noch nicht beendet wäre, da es unzählige großartige Momente gibt. Etwa das muntere Glockenspiel der Vorabsingle "Two silver trees" oder die französischen Hörner im anschließenden "The news about William", die dem Song einen kräftigen Hauch von Freiheit einflößen. Danach wird mit viel Liebe zum Detail zwischen Jugend und Alter, zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang, zwischen Lateinamerika und den USA, zwischen Jazz und Tango herumexperimentiert und eine inspirative Atmosphäre erzeugt.

Zum Schluss sei noch ein hingebungsvoller Blick auf das Artwork geworfen. Ja, wieder Victor Gastelum; ja, wieder Spray Paint mit Schablone. Das Ganze kommt in einem rostigen rot-braun daher. Ob das Bild zum Klanggewand passt, sei dahingestellt. Wenn man einmal ergriffen wurde, wird man beides nicht mehr rausrücken wollen, auch wenn man sich dabei merkwürdig vorkommen mag. Und jetzt heißt es, Trockenblumen in die Haare stecken und kuschelnd den Sonnenuntergang genießen. Liebe kann so seltsam sein.

(Carsten Rehbein)

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Highlights

  • Two silver trees
  • The news about William
  • House of Valparaiso
  • Red blooms

Tracklist

  1. Victor Jara's hands
  2. Two silver trees
  3. The news about William
  4. Sarabande in pencil form
  5. Writer's minor holiday
  6. Man made lake
  7. Inspiración
  8. House of Valparaiso
  9. Slowness
  10. Hole in your head
  11. Trigger revisited
  12. Fractured air
  13. Fallling from sleeves
  14. Red blooms
  15. Contention city

Gesamtspielzeit: 45:25 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Hogi
2012-09-05 12:30:43 Uhr
typisches Calexico-Album. Gefällt mir trotzdem irgendwie von allen am besten...bin sehr gespannt auf Algiers!
The MACHINA of God
2012-09-05 12:20:10 Uhr
Gestern wieder gehört. Herrlich. Vielleicht noch knapp geschlagen von "Feast of wire", sonst aber wohl ihr bestes. "Slowness" ist auch grandios. Hach.
noise
2011-06-05 10:50:19 Uhr
Kommt mir vor wie ein Album von altersweisen Künstlern, die weder sich noch uns irgendetwas beweisen müssen.
Kommt irgendwie völlig locker, lässig rüber.
erke
2011-06-02 23:50:00 Uhr
find sie auch sehr gut,unaufgeregt.
und the news about william ist absolut großartig
The MACHINA of God
2011-06-02 23:04:46 Uhr
Find ich ein wunderbares Album. Manchmal gar ihr bestes. Aber kommt da eigentlich mal was neues?
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