Jonathan Richman - Because her beauty is raw and wild

Rykodisc / Rough Trade
VÖ: 01.08.2008
Unsere Bewertung: 5/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10

Doppelleben
Der Graben wird immer größer, und so langsam schlägt die Sorge um sich, dass seine Qualitäten auf der Bühne mit einem jeden neuen, mediokren Album mehr in Vergessenheit geraten. Das könnte ein fabelhafter, überaus passender Schlusssatz sein, der leider auch auf "Because her beauty is raw and wild" zutrifft. Ein jeder Kenner Jonathan Richmans wird wissen, dass da zwei Herzen in der Brust schlagen, die mit jedem neuen Fehlgriff weiter auseinander treiben. Auf der einen Seite ist Richman nämlich ein fabelhafter Entertainer, dessen Qualitäten bis heute ungeschlagen sind. Ein Konzert von ihm kommt einer emotionalen Offenbarung gleich, die einen so schnell nicht vergessen lässt. Selbst Tage später erinnert man sich an den tonnenschweren Hundeblick, mit dem er jeden Gast im Publikum belastet, um ihn dann mit breitestem Lächeln oder einem zu Herzen gehenden Witz zu versöhnen.
Solch leidenschaftliche Auftritte schafft der gute Mann aber nicht mit einer Vielzahl von Klängen und Sounds, sondern alleine mit seiner akustischen Gitarre, einem übergroßen Schellenkranz und den kongenialen Drums von Dauerkumpan Tommy Larkin, der bereits vor 20 Jahren zu den 1988 letztmals in Erscheinung getretenen Modern Lovers gehörte. Von da an ging es Stück für Stück bergab, denn mit dem Ende der Modern Lovers verschwand Saite für Saite die elektrische Gitarre aus Richmans Werk. Auch Background-Sänger/-innen, Keyboards und frische, neue Ideen in Sachen Songwriting verloren sich in der Mittelmäßigkeit. So hält er bis heute an seinem eisernen Konzept von minimalem, Velvet-Underground-infiziertem Rock'n'Roll eines verträumten, romantischen Troubadouren fest. Vier lange Jahre Pause, in denen genügend Zeit für Hoffnung auf eine Steigerung Richmans war, haben auch dieses Mal nicht ausgereicht.
Der Tiefpunkt ist erreicht, wenn "Our party will be on the beach tonight" erklingt, das zwar sehnsüchtig an Richmans letztes Meisterwerk "I, Jonathan" von 1990 erinnert, aber leider völlig unmelodisch und rhymthmisch schwer durcheinander alle vergangenen Spielfreuden vergessen lässt. Auch die doppelte Ladung des arg weinerlichen "When we refuse to suffer" hätte nicht sein müssen. Zu viel Leerlauf und über weite Strecken feststellbare Eintönigkeit sind zu beklagen. Doch bei allem Ungemach findet man sie immer noch zwischen den Zeilen, die prächtigen Songs, die mitunter zu Tränen rühren. "As my mother lay lying" erzählt in schöner Schlichtheit von Richmans Mutter auf dem Sterbebett und ihrem neuen Wohnort in der Sonne. Mit dem gleichen sprachlichen Simplicissimus und einer durchdringenden Melodie gesegnet, verzaubert auch "Time has been going by so fast". Doch der Graben wird immer größer, und so langsam schlägt die Sorge um sich, dass seine Qualitäten auf der Bühne mit einem jeden neuen, mediokren Album mehr in Vergessenheit geraten.
Highlights
- Time has been going by so fast
- This romance will be different for me
- As my mother lay lying
Tracklist
- her beauty is raw and wild
- No one was like Vermeer
- Time has been going by so fast
- Es como el pan
- Our drab ways
- The lovers are here and they're full of sweat
- Printemps des amoureux est venu
- When we refuse to suffer
- This romance will be different to me
- Old world
- Our party will be on the beach tonight
- When we refuse to suffer
- Here it is
- As my mother lay lying
Gesamtspielzeit: 45:14 min.
Referenzen
The Modern Lovers; The Velvet Underground; Paul Westerberg; Jens Lekman; The Replacements; Big Star; Robyn Hitchcock; Silver Jews; The Beatles; Necessaries; Beat Happening; Elvis Costello; Billy Bragg; Ben Kweller; Chris Spedding; Violent Femmes; The Go-Betweens; Ezra Furman; Vic Chesnutt; Lloyd Cole; Adam Green; The Pastels; Doug Martsch; The Feelies; Tom Verlaine; Stephen Malkmus; Television; Warren Zevon; Joe Strumner; The Cars; Patti Smith; Brett Dennen; Mark Eitzel; Television Personalities; John Cale; Willy Mason; M. Ward; Micah P. Hinson
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