Black Kids - Partie traumatic

Mercury / Universal
VÖ: 22.08.2008
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10

Falsche Hasen
Vom Tellerwäscher zum Millionär werden zu können, gehört zu den Gründungsmythen der USA. Dass man genauso schnell wieder in der Gosse landen kann, steht aber leider nur im Kleingedruckten, wie die Black Kids vor wenigen Monaten feststellen mussten. 2007 boten sie eine "Wizard of ahhhs" betitelte EP mit vier Songs zum freien Download auf ihrer MySpace-Seite an, die vom allmächtigen Pitchfork-Magazin und anderen einschlägigen Musikblogs und -magazinen euphorisch besprochen wurde. Wie im Internetzeitalter mittlerweile üblich, wurden die Black Kids damit in Windeseile zum "next big thing" hochgejazzt, um allerdings im Handumdrehen wieder fallen gelassen zu werden. So erschien dem Blog Idolator nächtens eine allwissende Müllhalde, die ihm einflüsterte, die überdrehte Hypemaschinerie als der Entwicklung wie der Halbwertszeit von Bands und Musik abträglich zu brandmarken und quasi zum Boykott der doch eigentlich vollkommen mediokren und somit als falsche Hasen enttarnten Black Kids aufzurufen.
So ist die Karriere schon vorbei, bevor überhaupt ein Album auf dem Markt ist. Trotz dieses überraschenden Gegenwindes aus der Ecke der plötzlich so selbstkritischen "Heard it all, saw it first"-Hipster, der in einer als Rezension getarnten Nicht-Rezension bei den ehemaligen Karrierehelfern Pitchfork kulminierte, erscheint dieser Tage das Debütalbum der Band aus Jacksonville, Florida dank Majordeal auch in Deutschland. Produziert vom ehemaligen Suede-Mitglied Bernard Butler enthält "Partie traumatic" die vier Songs der EP in überarbeiteten Versionen plus sechs neue Stücke. Und schon brechen bei einigen die Dämme, die das Album als unhörbar produziert geißeln und die neuen Songs pauschal als grottig verwerfen. Dabei hat Butler lediglich dem rostigen Proberaumcharm der EP ein paar Alufelgen verpasst und die Oberflächen poliert, was die Platte radiofreundlicher macht, aber der Qualität der Songs keinerlei Abbruch tut.
So ist das euphorische "I'm not gonna teach your boyfriend how to dance with you" dank Reggie Youngbloods Robert-Smith-Stimme immer noch schwer in die gut gelaunte Seite von The Cure verliebt. "I've underestimated my charm (again)" steckt derweil eher Pulp und Morrissey die Telefonnummer zu, um nach der Hälfte des Songs dann doch lieber The Pipettes mit nach Hause zu nehmen. "Hit the heartbrakes" marschiert zu den das ganze Album prägenden The-Go!-Team-Chören, und "Hurricane Jane" startet verhalten mit den Gitarren aus Phoenix' "Too young", ehe Youngblood zu einem verzweifelten "It's Friday night and I ain't got nobody" ansetzt. Überhaupt sind Girls und Boys und wie man sie bekommt das Kernthema dieser Spaßplatte, deren Reiz nicht zuletzt im stimmlichen Kontrast von Youngblood und dem Backgroundgesang seiner Schwester Ali liegt.
Es ist jedoch längst nicht alles unbeschwert und rosa auf "Partie traumatic", sondern der Schmerz und das schlechte Gewissen legen immer dann, wenn es am schönsten ist, schon eine Hand auf die Schulter. Diese latente Melancholie prägt auch die neuen Stücke, die sich gut einfügen, auch wenn sie den Standard der EP nicht ganz halten können. Trotzdem lässt man sich gerne von der naiven Keyboardmelodie von "I'm making eyes at you" um den kleinen Finger wickeln oder hört Youngblood zu, wie er erst an der Untreue seiner Freundin verzweifelt, ehe "Love me already" in eine The-Rapture-Bassline wechselt und sich herausstellt, dass alles nur eine Überraschungsparty ist. Für die beabsichtigte "quintessential teenage record" reicht es damit nicht. Dazu bleibt dann doch zu wenig Tiefgang übrig, der wirklich anrührend wäre. Aber es reicht für ein sehr gutes Partyalbum, das passend zum anhaltenden Retrotrend die eigenen Lieblingsbands reloaded. Damit wird man vielleicht nicht zum feuchten Traum US-amerikanischer Bloghipster. Dafür freuen sich alle, die Platten mehr als drei Mal anhören. Tellerwäscher sind ohnehin die besseren Menschen.
Highlights
- Hurricane Jane
- I've underestimated my charm (again)
- I'm not gonna teach your boyfriend how to dance with you
Tracklist
- Hit the heartbrakes
- Partie traumatic
- Listen to your body tonight
- Hurricane Jane
- I'm making eyes at you
- I've underestimated my charm (again)
- I'm not gonna teach your boyfriend how to dance with you
- Love me already
- I wanna be your limousine
- Look at me (when I rock wichoo)
Gesamtspielzeit: 38:03 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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dogs on tape Postings: 189 Registriert seit 14.06.2013 |
2017-02-21 06:48:38 Uhr
Na sowas! Es gibt ein 2. Album zum download. Gleich mal gucken, ob sie noch in meinen Top 8 auf myspace hab ;-) http://music.blackkidstv.com/releases |
solea |
2009-07-27 02:25:15 Uhr
beim Titelsong "partie traumatic" müsst ihr mir einfach eine Tanzfläche geben - unbedingt. |
reinvan |
2008-08-02 15:32:55 Uhr
ich habe mir das album nun doch gekauft und die anfängliche enttäuschung ist inzwischen beinahe in euphorie umgeschlagen. es ist letztlich doch mein lieblings-pop-album des bisherigen jahres geworden. von den neuen stücken ragen mittlerweile "i´m making eyes at you" mit seiner fantastischen, naiven keyboard/synthie-melodie und "love me already" heraus. hiermit revidiere ich mein posting vom 05.07 und sag mal 08/10. |
Paul Paul |
2008-07-22 14:55:11 Uhr
3.3 ist schon arg wenig, aber der Enttäuschung allein wegen gerechtfertigt. |
Hmm |
2008-07-22 13:27:11 Uhr
Komisch, vorhin stand da noch 0.0Aber was soll das dumme Bild? |
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Referenzen
Phoenix; New Order; Monaco; The Cure; The Smiths; Pulp; The Tings Tings; Au Revoir Simone; Euroboys; Tahiti 80; Zoot Woman; Air; Das Pop; The B-52's; The Go! Team; You Say Party! We Say Die!; The Teenagers; Soulwax; Goose; Pet Shop Boys; Erasure; XTC; Beck; Badly Drawn Boy; CSS; Bonde Do Rolê; New Young Pony Club; Le Tigre; The Sounds; Annie; Cut Copy
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