Kissin' Dynamite - Steel of Swabia
EMI
VÖ: 18.07.2008
Unsere Bewertung: 4/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Verschwende Deine Jugend
Die neuen feuchten Gitarrenträume sind da. Angeliefert aus ein paar schwäbischen Jugendzimmern, in denen die fünf Jungs von Kissin' Dynamite mit Guns N' Roses, den Scorpions und Iron Maiden einigermaßen groß geworden waren, bevor EMI und die Bravo bereit standen, um die durchweg minderjährige Bagage gewinnbringend unter das deutsche Jungvolk zu werfen. Deshalb erschließen die Plusterfrisuren und Gniedelsoli des Quintetts demnächst eine Zielgruppe, die Tokio Hotel zwar lächerlich, aber 80er-Metallica und Mötley Crüe zu hart findet, und inmitten dieser Unkenntnis und im hormonellen Pubertätsrausch "Steel of Swabia" für ein sehr hartes, sehr cooles Machwerk halten wird. Nicht zuletzt wegen der wuchtigen Produktion, die sich aber schon auf den zweiten Blick als ziemlich poppig entpuppt.
Auch nützt es wenig, dass die Protagonisten ihre Instrumente erstaunlich gut beherrschen. Zu perlschnurartig und unbedarft reiht das Album Stilmittel aneinander, verwurstet checklistenartig jeden Einfluss, der mal eine kreischende Gitarre oder Haarspray im Programm hatte. "Let's get freaky", "Out in the rain", "Steel of Swabia" - eine Mötley-Crüe-Kopie, eine Scorpions-Kopie, eine Judas-Priest-/Edguy-Kopie. In der Schule hätte man zurecht nach der Eigenleistung gefragt.
Viele der Schablonen-Songs wie "My religion" machen tatsächlich Laune. Dennoch: "Steel of Swabia" enthält über weite Strecken wenig Originäres, wenig Eigenes, und macht sich so wenigstens zum Teil zum Erfüllungsgehilfen einer Industrie, die regelmäßig musikalische Szenen für ein Massenpublikum aufbereitet. Ob das den Dollarzeichen in den Augen der Macher geschuldet ist, sei dahingestellt. So oder so darf sich eine Band nicht wundern, die sich nach einem AC/DC-Song benennt und Songtitel von Iron Maiden und Guns N' Roses eins zu eins übernimmt, dass man sie anschließend an diesen Referenzen misst. In diesem Fall eher zu Ungunsten von Kissin' Dynamite.
Denn die massentauglich simplifizierten 80er-Klischees, von der äußeren Erscheinung der Band über die Musik bis zu den pubertären Songtexten, wirken in Verbindung mit dem Bill-Kaulitz-Timbre von Sänger Hannes einfach zu harmlos und unfertig, um sie vollends ernst zu nehmen. Außerdem muss sich die Band für das schwer peinliche "I hate hip hop" in Grund und Boden schämen und nach ihrer musikalischen Integrität fragen lassen. Im Grunde schade, wie hier durchaus vorhandenes Potenzial verschenkt wurde. Dieser feuchte Traum endet leider klassisch: in der Hose.
Highlights
- Steel of Swabia
- My religion
Tracklist
- Let's get freaky
- Out in the rain
- Steel of Swabia
- Against the world
- My religion
- Only the good die young
- Zombie
- Welcome to the jungle
- Heartattack
- Lie for me
- Ready steady thunder
- I hate hip hop
Gesamtspielzeit: 45:04 min.
Referenzen
Sturm Und Drang; Crashdïet; Towers Of London; Guns N' Roses; Velvet Revolver; Scorpions; Aerosmith; Bon Jovi; Bryan Adams; Edguy; Live; AC/DC; Mötley Crüe; Skid Row; Manowar; Lovex; Hardcore Superstar; Iron Maiden; Judas Priest; Hammerfall; Gamma Ray; Dio; Savatage; Blind Guardian; Runing Wild; Tokio Hotel; Metallica; Megadeth