The Baseball Project - Vol. 1: Frozen ropes and dying quails

Blue Rose / Soulfood
VÖ: 01.08.2008
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10

Homerun!
Was gibt es über die Leibesertüchtigung um Lederball und Holzschläger Entscheidendes zu sagen, was nicht Amerikaner besser zum Ausdruck bringen können? Um für uns Europäer die Essenz von Baseball zu bündeln, erinnere man sich an eine Folge der Simspons, in der Homer nach erneut durchzechter Nacht bei den Anonymen Alkoholikern vorstellig werden musste und in Zuge dessen (und seiner Frau Marge zuliebe) einen langen Monat auf alkoholhaltiges Getränk verzichtet. Bei einem Besuch eines Baseballspiels, bei dem alle Zuschauer um ihn herum im Sekundentakt an dem sicher köstlichen Duff-Bier nippen, wird ihm im nüchternen Zustand zum ersten Mal bewusst, wie langweilig dieser Sport doch ist.
Einreihen in die Gruppe der Gelangweilten will sich der Rezensent nicht, sondern mehr in die hierzulande ebenso große Partei der Nullchecker, denen Baseball so komplex erscheint wie mehrseitige IKEA-Bauanleitungen. Weder zu der einen noch der anderen Gruppierung zählen sich der frühere The-Dream-Syndicate-Vorsteher Steve Wynn, seine Ehefrau Linda Pitmon, der umtriebige The-Minus-5-Begründer Scott McCoughey und R.E.M.-Gitarrist Peter Buck, deren Interesse an der langsamen Sportart so weitreichend ist, dass sie sich für "Vol.1: Frozen ropes and dying quails" zu einem Bandprojekt zusammengeschlossen haben, das selbst Couchfreunden und Sportgegnern ein Zucken der Augenbrauen wert sein sollte. The Baseball Project haben in jedem Fall eine Menge zu erzählen.
"Past time", der mit einer Vielzahl von Hooks versehene Startschuss und nostalgisch wertvolle Blick in die frühen Tage des Baseballs, startet prächtig und geht ohne Umschweife in die Offensive. Es ist ganz wunderbar mit anzuhören, wie die aufgezählten Spielernamen und Taktikbegriffe in den schnellen Rhythmus eingeflochten werden und wie es rootsig rock'n'rollt und kräftig power-poppt, so eingänig wie sommerlich. Psychdelische Gitarren mäandern hypnotisch bis zum Schluss und tragen ihre Schallwellen selbstreferenziell in Richtung Achtziger Jahre, als Wynn mit ähnlich gestrickten Sounds seine große Zeit hatte. Mit einem ebenso heiteren Folk-Blues und prächtigen Singalong-Refrain erzählt "Harvey Haddix" die traurige wie einnehmende Geschichte von eben jenem Spieler, der am 26. Mai 1956 trotz eines selten erreichten "perfekten Spiels" mit seinen Pittsburgh Pirates verlor. Tragisch.
"Vol. 1: Frozen ropes and dying quails" überrascht mit melodieseligen Musikern, die in den letzten Jahren nicht immer für durchgängige Spielfreude bekannt waren. Musische Leidenschaft, von Adam Selzer wunderbar dicht und packend produziert, paart sich mit mitteilungsfreudigem Hintergrundwissen, das sich selbst für den Laien als pure Poesie entpuppen wird. Schwer nachzuvollziehen für uns, dass niveauvolles Songwriting und passioniertes Sportinteresse Hand in Hand gehen können. Schließlich haben die da drüben The Baseball Project, wir die Sportfreunde Stiller. Manchmal ist das Leben unfair. Nicht nur im Sport.
Highlights
- Past time
- Satchel Paige said
- Harvey Haddix
Tracklist
- Past time
- Ted fucking Williams
- Gratitude (for Curt Flood)
- Broken man
- Satchel Paige said
- Fernando
- Long before my time
- Jackie's lament
- Sometimes I dream of Willie Mays
- The death of Big Ed Delahanty
- Harvey Haddix
- The Yankee flipper
- The closer
Gesamtspielzeit: 44:49 min.
Referenzen
The Minus 5; Steve Wynn; The Dream Syndicate; Big Star; Thy Byrds; Uncle Tupelo; Wilco; R.E.M.; The Replacements; Paul Westerberg; Camper Van Beethoven; Buffalo Springfield; The Rolling Stones; The Posies; Ken Stringfellow; The Breakup Society; Yo La Tengo; The Presidents Of The United States Of America; Guided By Voices; Spiv; The Young Fresh Fellows; Buffalo Tom; The Ramones; Faces; Alex Chilton; Johnny Thunders; Teenage Fanclub; Shoes; Matthew Sweet; The dB's; Game Theory; Peter Holsapple; Chris Stamey; Continental Drifters; Cheap Trick