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Shearwater - Rook

Shearwater- Rook

Matador / Beggars / Indigo
VÖ: 13.06.2008

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Weg zu gehen

Die Kunst ist nicht, einer Platte seinen Stempel aufzudrücken - die Kunst ist, es bei den Platten zu tun, an denen man gar nicht selbst beteiligt ist. Ende der Sechziger waren solche Spielchen praktisch gang und gäbe: "Pet Sounds" war Brian Wilsons direkte Antwort auf den Lennon/McCartney-Quantensprung "Rubber soul", weshalb sich die Beatles wiederum veranlasst sahen, "Sgt. Peppers Lonely Hearts Club Band" zu schreiben. The Velvet Underground und Television standen dann praktisch Pate beim Debütalbum der Strokes, ohne jemals einen Fuß ins Studio zu setzen. Und seit kurzem darf sich auch Okkervil Rivers Will Sheff zum Kreis der großen, indirekten Einflussnehmer rechnen. Er ist nicht da auf dem neuen Shearwater-Album "Rook" und doch allgegenwärtig - man möchte beinahe sagen, er glänzt hier durch Abwesenheit.

Shearwater sind die Band des Okkervil-River-Keyboarders Jonathan Meiburg und außerdem sehr gut. Auf "Palo santo" hatten sie das vor zwei Jahren schon bewiesen und waren ebenso vornehmlich wie fälschlicherweise als zweites Standbein von Sheff verstanden worden. Übel kann man das den Leuten aber selbst nach dem Sheff-losen "Rook" nicht nehmen - zu ergriffen bebt hier die Stimme von Meiburg, circa Antony auf Wachstumshormonen, zu selbstvergessen lassen sich seine Songs in Streicher- und Bläserbetten fallen, und zu nah auch passiert die Platte am emotional unausgeglichenen Okkervil-River-Rock. Es ist deshalb nie vorauszuahnen, ob Shearwater ihre Lieder mit oder ohne Machtwort der schlecht gelaunten E-Gitarre zu Ende bringen. Und wenn es "I was a cloud" und sein Perlenketten-Klavier dann schaffen, macht einen das fast noch platter als die schwersten Ambosse, die über den Songs von "Rook" ausgekippt werden.

Sowieso muss man Shearwater zugestehen, dass Sheff zwar als Schlossgespenst in den Liedern der Platte haust, sich aber niemand vor ihm zu fürchten scheint. "The snow leopard" zeigt großes Selbstvertrauen in seinen Versuchen, das angeknackste Taktmaß von Radioheads "Pyramid song" auszubeulen, bevor es in einem königlichen Finale mit Weitwinkel-Trompete und wortlosen Vocals abhebt. Der biestige Zwischenruf von "Century eyes" war schon vorher viel zu sehr mit seinen eigenen Raubtier-Absichten beschäftigt, um noch irgendetwas sonst neben sich gelten zu lassen. Und "On the death of the waters" greift ähnliche Anliegen mit einer Leise/Laut-Geduld auf, von der man seit Aereogrammes "Post-tour, pre-judgment" geglaubt hatte, dass sie einen niemals mehr erschrecken könnte. Falsch gedacht.

"Rook" führt seinen Hörern aber nicht nur ihre abgestumpften Rock-Reflexe vor. Die Platte spult auf weiten Wegen zwischen amerikanischer Folkrock-Rückversicherung und dramatischer Großunternehmer-Tragödie auch ein ordentliches Kilometerpensum ab, das Shearwaters selbstverständliche Selbstsicherheit nur noch beeindruckender zurechtrückt. Meiburg schmiedet die heißen Gefühlseisen zwischen Trauer, Tod und Ich-Zerbrechlichkeit mitunter fast schon zu souverän; er leiht Songteile von Van Morrison aus und spielt sich hier weniger aus dem Schatten von Sheff heraus, als dass er die kühle Luft genießt und darin sein eigenes Ding positioniert. Ungemütlicher ist Gemütlichkeit lange nicht gewesen - man sollte sich besser schon jetzt auf die zukünftigen Platten freuen, denen Meiburg in Abwesenheit seinen Stempel aufdrücken wird.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights

  • On the death of the waters
  • Rooks
  • Century eyes
  • The snow leopard

Tracklist

  1. On the death of the waters
  2. Rooks
  3. Leviathan, bound
  4. Home life
  5. Lost boys
  6. Century eyes
  7. I was a cloud
  8. South col
  9. The snow leopard
  10. The hunter's star

Gesamtspielzeit: 38:14 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Hanskartoffel
2009-06-11 14:34:23 Uhr
Mindestens ne 8 hätte es sein müssen, wenn nicht sogar ne 9... lost boys, century eyes und homelife, allein deshalb schon! Unfassbar GROß!!!
Killyouridols
2009-05-19 14:18:29 Uhr
Unglaubliches Album und 7/10 ist zu wenig aber das weiß ja jeder... Hab sie letztes Wochenende in Hannover gesehen und letztes Jahr als Vorband von Okkervil in Berlin. Fand sie da auch schon fast so gut wie OR aber das hier letztes Wochenende hat nochmal alles weggeblasen. So ein intensives Konzert hab ich bisher nur ganz selten gesehn. Absolute Live-Empfehlung!!
Junkbondtrader
2008-11-18 12:36:02 Uhr
Hab sie gestern als Vorband von Okkervil river gesehen, echt super Auftritt. Hätte nicht gedacht, dass die Stimme auch live so gut klingt. Okkervil River danach fand ich aber noch 'n Stück besser.
Kilian
2008-11-17 01:19:00 Uhr
die Band des Jahres
Album des Jahres
Konzert des Jahres
unglaublich.
Dän
2008-09-22 00:30:09 Uhr
Mir tut die Bewertung aber nicht mal aus heutiger Sicht leid, ehrlich gesagt. Ein sehr gutes Album, aber keins, das mich noch Wochen und Monate nach seinem Erscheinen beschäftigen würde.
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