Adem - Takes

Domino / Indigo
VÖ: 16.05.2008
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Transformation studies
Ein tiefer, überraschender Schlag ins Wasser. Adem Ilhan hat gute Wünsche nötig gehabt, nach "Love and other planets", dem ungeliebten, zweiten Album. Und das, wo alles doch so gut begann. Mit dem Solodebüt "Homesongs", vor guten vier Jahren. Einem Album, zusammengesetzt aus vielen Nacht- und Nebelaktionen. Aufgenommen in heimischen Räumen, nur zur allerspätesten und allerfrühsten Stunden, entfaltet es noch heute seine magischen Gefühlsmomente. "Love and other planets" konnte diese intensive, tiefschürfende Stimmung nicht aufrechterhalten, verlor sich beizeiten in einem traumlosen Schlaf. Nun ist Adem nach zwei Jahren und ebenso erfolgreich reaktivierender wie wunderschöner Konzertarbeit wieder da und schließt dort an, wo viele Musiker ihren inoffiziellen Startschuss genommen haben: bei einem Dutzend Coverversionen.
Nicht gerade einfallsreich, könnte man meinen. Doch in der Auswahl des Musikers, der auch der Post-Rock-Gruppe Fridge als Bassist dient, steckt ohne Frage Mut. So fragt man sich gespannt im Vorhinein, wie das nun klingen mag, das kammermusikalische Prinzip - angewendet auf Aphex Twin, Yo la Tengo, Smashing Pumpkins, dEUS, Lisa Germano oder Tortoise. Möglichkeiten, sich lächerlich zu machen, gibt es in jedem Fall genug. Nicht aber für Adem, der in seiner Pause enorme Kräfte getankt hat. Dem traumlosen Schlaf Flügel verliehen, hängt er mit "Takes" nun wieder tief in einlullenden Wolken. Mit "Bedside table", von den großartigen Bedhead, entpuppt sich der Startschuss dieses groß angelegten Experiments auch gleich als dessen Prunkstück. Adem covert nicht, nein, er interpretiert. Er dreht die Ursprünge nicht radikal auf links, sondern entledigt sich mit Feingefühl ihrer rockistischen, ungehaltenen Struktur, und versetzt sie mit Banjo, Glockenspielen und weiterem, akustisch tonangebendem Instrumentarium. Wenn eigentlich selbstverlorenes Getöse die Szenerie bestimmten sollte, schaltet Adem auf einen langanhaltenden Minimalismus, der im zweiten Anlauf mit melodiösen Miniaturen durchzogen wird. Ein hypnotiserendes Wunderwerk, das den Respekt vor dem Original beibehält und seine Grundcharakteristika von Introspektion nur noch mehr in Szene setzt.
Doch nicht nur hier weiß Adem mit seinen Neuarrangements zu gefallen. "Tears are in your eyes" von Yo la Tengo wird zu einem kargen Soloakustikstück mit veränderter Sprachmelodie. "Gamera" von Tortoise erinnert nach seiner Transformation mehr an John Fahey als an die Post-Rock-Experimentalisten aus Chicago. "Starla", von den Smashing Pumpkins, mag man gar nicht mehr in der originalen Version hören, so verzaubernd ist der dichte, fesselnde Ausbruch, der hier zur Mitte des Tracks aus skizzenhaften Versatzstücken zusammenwächst. Nur an einem krönenden Abschluss beißt Adem sich die Zähne aus. Mag er noch so zart singen können, "Laser beam" von Low ist doch eine Nummer zu hoch. "Takes" ist eine Rückkehr zu akustischen, introvertierten Prinzipien, die schon anno 2004 entsprechend gewirkt haben. Sie verbreiten ihren kammermusikalischen Charme auch in einer Welt von Grunge, alternativem Rock, konsequentem Country und verfrickelter Elektronik. Ein gewünschtes Comeback der besonderen Sorte. Es ist ihm überaus gelungen.
Highlights
- Bedside table
- To cure a weakling child/Boy girl song
- Starla
Tracklist
- Bedside table
- Oh my lover
- Slide
- Loro
- Hotellounge
- To cure a weakling child/Boy girl song
- Tears are in your eyes
- Starla
- Gamera
- Unravel
- Invisible man
- Laser beam
Gesamtspielzeit: 50:52 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
conorocko |
2008-05-17 10:08:31 Uhr
gefällt mir sehr gut |
LostInACity |
2008-04-25 21:17:14 Uhr
oh mann, großartig. |
steffen |
2008-04-24 21:08:08 Uhr
kenne bisher nur die zweite albumhälfte und bin bisher ganz angetan, auf jeden fall überzeugendere coverversionen als auf der aktuellen jesse malin platte. |
heidl |
2008-04-24 20:58:05 Uhr
oh mann wie lame... keine einzige antwort |
heidl |
2008-04-22 14:30:21 Uhr
Hallo!Kann ja nicht sein dass es zu diesem Album noch keinen Fred gibt! Ich hab gestern zum ersten Mal die Coverversion von "Hotellounge" (dEUS) auf FM4 gehört, die auf dem kommenden Album von Adem enthalten sein wird. Und ich kann euch sagen, der Mann hats drauf! Unbedingte Empfehlung!! Eine schönere Acoustic-Version von dem Song hab ich noch nie gehört. Hab ne richtige Gänsehaut bekommmen, und das beim ersten mal hören. Das ganze Album besteht im Prinzip aus Acousticversionen, hier die Tracklist: 01 Bedside Table - Bedhead - 7” single 1992 02 Oh My Lover - PJ Harvey - Dry 1992 03 Slide - Lisa Germano - Slide 1998 04 Loro - Pinback - Pinback 1998 05 Hotellounge - dEUS - Worst Case Scenario 1994 06 To Cure A Weakling Child + Boy/Girl Song - Aphex Twin - Richard D James 1996 07 Tears Are In Your Eyes - Yo La Tengo - And Nothing Turned Itself Inside Out 2000 08 Starla - Smashing Pumpkins - I am one 7” b-side 1992 09 Gamera - Tortoise - Gamera 12” 1995 10 Unravel - Björk - Homogenic 1997 11 Invisible Man - The Breeders - Last Splash 1993 12 Laser Beam - Low - Things We Lost In The Fire 2001 Hörproben gibts auf seiner MySpace Seite. ich kann nur jedem, der auf melancholisch persönliche Acousticsongs steht, das Album wärmstens ans Herz legen. Für mich bis jetzt DIE Überraschung des Jahres. |
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Referenzen
Slowblow; Psapp; Sun Kil Moon; Red House Painters; Four Tet; Elbow; Jim O'Rourke; Fridge; Tunng; Badly Drawn Boy; Nick Drake; Sufjan Stevens; The Reindeer Section; Fairport Convention; Low; Friendly Noise; The Postal Service; Mark Eitzel; Grant Lee Phillips; The Oxygen Ponies; Hederos & Hellberg; American Music Club; Souled American; Cass McCombs; Elliott Smith; Tim Hardin; Talk Talk; The Beta Band; Alfie; John Fahey; The Beachwood Sparks
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