Islands - Arm's way
Rough Trade / Beggars / Rough Trade
VÖ: 16.05.2008
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Dr. Evil
Wenn das so weiter geht mit dem Musikerschwund rund um Nick Thorburn, wird ihm bald nichts anderes mehr übrig bleiben, als sich selbst aufzulösen. Schon die ewig unersetzlichen Unicorns waren daran zerbrochen, dass nicht mehr alles nach seiner Hundepfeife tanzen wollte, und mit J'aime Tambeur kam kurz nach dem Debütalbum der Nachfolgeband Islands auch noch der letzte Gefährte aus alten Zeiten abhanden. Vielleicht ist es schwierig für andere Kreativköpfe, in Thorburns raumgreifenden Pop-Phantasien genügend Platz und Möglichkeiten der Verwirklichung zu finden. Vielleicht kann es nicht länger als eine Platte klappen, wenn sich Männer zum Musikmachen treffen, die lieber entgegen der Vernunft als der Vernunft entgegen gehen. Vielleicht haben die anderen auch bloß richtige Jobs gefunden - Thorburn jedenfalls trotzt weiterhin den Gesetzen der Logik, bläst seine Lieder mit immer dünnerem Personal zu immer dickeren Luftballons auf und weigert sich sowieso, irgendetwas anderes als großartige, durchgeknallte Rocksongs zu schreiben.
Islands sind sein erstes Projekt, das es bis zum zweiten Album schafft, und um das zu feiern, hat Thorburn natürlich doch wieder eine Band zusammengestellt. Fünf Musiker mit mehr oder weniger ausgeprägtem Islands-Vorwissen unterstützen ihn an den üblichen Instrumenten sowie Geige, Viola, Oboe, Klarinette und Synthesizer. Trotzdem formt und vollendet sich auf "Arm's way" vor alllem Thorburns Vision: eine ausgeprägte Einzelmeinung davon, wie ein Song aussehen soll, was er verträgt und wie lang er zu sein hat. Liebevoll verschnörkelte Streicherarrangements sind da neuerdings unverzichtbar, spitzfindige Gitarrenschweinereien weiterhin obligatorisch und zwei, drei Extraschrullen pro Stück schon mal ein guter Anfang. "J'aime vous voire quitter" vergisst beispielsweise kurz seine Bestimmung zwischen offenkundigem Anklage- und wehmütigem Abschiedslied für den alten Kollegen, um sich in einem außerordentlich unterhaltsamen Mittelteil durch sämtliche Paella-Pfannen in Villarriba und Villabajo zu schrubben. Und "In the rushes" lässt die Gitarren noch einmal von der Leine und den letzten unmissverständlichen Unicorns-Moment der Platte zu.
Überhaupt entspricht "Arm's way" überraschend genau der Vorstellung, die man vor fünf Jahren von den Unicorns in fünf Jahren hatte. In den Schlüsseldisziplinen Songwriting und Arrangement sind Islands beherrschter geworden und gehen verantwortungsbewusster mit ihren Stücken um. Bei allen fies platzierten Hindernissen, denen die Songs immer wieder ausweichen müssen, sind sie doch niemals windschief, baufällig, unfertig oder gar Lo-Fi. Stattdessen hängt etwas Dekadentes, geradezu Unverschämtes über der Platte: Mit den Kapriolen der Streicher aus "The arm" und dem ebenso gründlich eingeseiften "Abominable snow" könnten Islands auch als Hausband auf einem Maskenball von Marie Antoinette auflaufen, ohne die Guillotine zu riskieren. Und das Weltklasse-Velvet-Underground-Finale im achtminütigen, vorher schon turbuleten "To a bond" ist so unverschämt und gut geklaut (bei "Heroin", um genau zu sein), dass man sich Lou Reed und John Cale beinahe lustig lächelnd in seliger Zustimmung ausmalen kann.
Eine gefährliche Vorstellung, natürlich. Während kurze Winker zu Miles Davis, The Who und Bob Dylan ein ausgereiftes, vollständig erwachsenes Popverständnis vortäuschen, lebt Thorburn in seinen Texten nämlich weiterhin Paranoia, Angstzustände und sonstige Neurosen aus. Er tut da also eigentlich nichts anderes, als alte Unicorns- und Islands-Traditionen fortzusetzen - wenn auf "Arm's way" aber Arme aus dem Himmel greifen, nächtliche Schwimmer zwangsoperiert werden und Messer wetzende Kobolde auf den feinen Unterschied zwischen "peace" und "piece" hinweisen, erreicht der Sockenschuss durchaus eine neue Qualität. "My blood is dirty / And I like it / I like it that way", singt Thorburn zur bedrohlich anschwellenden Mottomusik von "I feel evil creeping in" und klingt dabei ähnlich lüstern wie Patrick Wolf in seinen zwielichtigsten Momenten. Natürlich kann man weiterhin hoffen, dass der nur spielen will. Wer seine Musik aber so selbstbewusst und eigenwillig um die Ecke bringt, wie Thorburn es auf "Arm's way" tut, könnte durchaus einen Plan haben.
Highlights
- Abominable snow
- Kids don't know shit
- In the rushes
- To a bond
Tracklist
- The arm
- Pieces of you
- J'aime vous voire quitter
- Abominable snow
- Creeper
- Kids don't know shit
- Life in jail
- In the rushes
- We swim
- To a bond
- I feel evil creeping in
- Vertigo (If it's a crime)
Gesamtspielzeit: 68:00 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
moooooooses |
2012-02-28 16:33:54 Uhr
a sleep & a forgetting... wow! |
Bonzo |
2012-02-15 14:29:25 Uhr
Noch besser als der Vorgänger. |
Nieöls |
2009-02-16 14:56:07 Uhr
Tolles Konzert in Wien gestern, sollte man nicht verpassen. Kommt live zum Teil noch besser rüber als auf Platte. |
dr. note |
2009-01-30 22:19:50 Uhr
Sehr starkes Album. Kein wirklich schwaches Stück un viele Highlights, besonders im letzten Drittel.Soviel gute Musik auf einer CD (fast 70 Minuten) gab's in letzter Zeit selten. |
Gordon Fraser |
2008-12-03 08:01:38 Uhr
Auch hier: immer noch tolle Platte und zurecht in meinen Jahres-Top 20."Creeper" hab ich ganz vergessen bei den Song-Top 20, fällt mir gerade auf. Schweinerei. Die 8/10-Bewertung geht in Ordnung, ich würde sogar noch ein halbes Pünktchen draufschlagen. |
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Referenzen
The Unicorns; Malajube; Evangelicals; Sunset Rubdown; Wolf Parade; Shapes + Sizes; Clap Your Hands Say Yeah; The Spinto Band; Built To Spill; Pavement; Stephen Malkmus & The Jicks; Yo La Tengo; The Velvet Underground; The Who; The Olivia Tremor Control; Of Montreal; The Flaming Lips; The Most Serene Republic; Tapes 'N Tapes; Grandaddy; Super Furry Animals; Mates Of State; Thee More Shalows; Donderevo; The Fiery Furnaces; Matthew Friedberger; Deerhoof; Frog Eyes; Animal Collective; Bobby Conn; T. Rex; The Sleepy Jackson; The Beatles; The Kinks; Electric Light Orchestra; Love
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