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Thalia Zedek Band - Liars and prayers

Thalia Zedek Band- Liars and prayers

Thrill Jockey / Rough Trade
VÖ: 18.04.2008

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Alles hat kein Ende

Willkommen zu einer weiteren Ausgabe von "Des Rockmusikers liebste Haustiere". Heute: Thalia Zedek und ihre Zigarette. Stets hegte und pflegte sie sie - ließ sie auf der Bühne aber auch gerne mal zwecks ungehinderten Rockens urplötzlich und stiefmütterlich verschwinden. So dass der verdutzte Zuschauer Fußböden, Gitarrenhälse und Ohrwinkel nach ihr absuchte, um sich schließlich damit abzufinden, dass hinter ihm wohl gerade ein in Flammen stehendes Männlein hektisch mit den Armen gen Ausgang rudern dürfte. Dann aber, nachdem Zedek sich Gitarre und Lungenflügel zugleich aufgeschlagen hatte, tauchte der Glimmstengel doch wieder auf und wurde mit grimmiger Entschlossenheit bis zum Filter runtergezogen. Hatte Zedek ihn in die Paralleldimension ihrer Mundhöhle gespuckt? War er kurz mal aufs Klo? Ein Mysterium und eine Geste, mit der die Kraft und Haltung einer Band im Allerkleinsten zum Explodieren gebracht wurde. Zedeks Stimme brannte dazu wie Fegefeuer, dreckig, emotional und riesengroß. Bei ihrer Ex-Band Come rauchte sie stets von allen Seiten, wundgekratzt und tiefer gelegt von Korn, Bier und - eben - Zigaretten. Nach zwei das Come-Erbe eher sublimierenden Soloalben setzt "Liars and prayers" nun gleich zu Beginn ein weiteres, deutliches Zeichen. Zedek erweitert sich selbst zur "Band". Und hält die damit verbundenen Versprechungen.

Bei gut einem Drittel der Songs verlegt sich die Melodieführung auf das Klavierspiel Mel Ledermans (Victory At Sea) sowie David Currys Viola und Trompete, die jammern, nachhaken und sich stets kampfbereit zeigen. Zedeks Stimme bleibt hingegen eng bei den Akkorden und kann sich aufs abgründige Grollen konzentrieren. Ihre Songs sind nach wie vor urgewachsene, kaum kopierbare Folk-, Grunge- und Blues-Bastarde, die einknicken und wieder aufstehen, die Fäuste häufiger ballen als aus der Tasche ziehen und ihre Mitspieler mit zentrifugaler Schwerkraft rotieren lassen. So etwa "Body memory", bei dem mittendrin alle Instrumente auf einmal zusammenpoltern, aber auch gemeinsam wieder den Kurs finden, um gleich darauf das volle Potential aus dem Song herauszuquetschen. Das Schlagzeug spielt dazu ebenso furztrocken wie abschweifend und betonungswütig. Wenn Zedek darüber hinaus ihrer Gitarre seit langem mal wieder die Solo-Plakette verleiht und Lieder wie "Green and blue" und "Do you remember" mit wahrlich riesengroßer Dramatik verschüchtert werden, so ist das beinahe mehr, als zu hoffen war.

Auch dass sich "Liars and prayers" seinen einzigen echten Ausreißer aus dem gesteigerten Midtempo bis zum Schluss aufspart, tut der Wut und Entschlossenheit des Albums keinen Abbruch. Nach einer kurzen Klavierminiatur rütteln und rubbeln hier die Gitarren. Das Schlagzeug zieht an, schiebt sich mit zornigen Snareschlägen an sich selbst vorbei, lässt sich nicht beirren. Dazu brennt Zedeks Stimme wieder wie einst bei Come: "I was in the fire / But I was burning dry." "Liars and prayers" spricht und spielt ständig derart letzte Worte und wirkt dabei doch lebendig wie selten. Mag Zedek selbst allabendlich ihren finalen Sargnagel rauchen, so lodern auch ihre Songs immer weiter und von allen Seiten zugleich. Schalten sie auch nächste Woche wieder ein, wenn es heißt: Keith Richards und sein Mastino.

(Tobias Hinrichs)

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Highlights

  • Lower Allston
  • Body memory
  • Begin to exhume

Tracklist

  1. Next exit
  2. Lower Allston
  3. Do you remember
  4. We don't go
  5. Body memory
  6. Wind
  7. Circa the end
  8. Come undone
  9. Green and blue
  10. Stars
  11. Begin to exhume

Gesamtspielzeit: 57:21 min.

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