Destroyer - Trouble in dreams
Merge / Rough Trade
VÖ: 21.03.2008
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Im feinen Saitling
Das Outfit ist mal wieder unter aller Sau. Lack und Leder auf dicker Wampe, dort spitz und gewagt ausgeschnitten, wo die haarige Brust Frischluft tanken kann. Darüber: Ein teuflischer Ausdruck im Gesicht, ein Zunge, die bis zum Boden hängt, Liebesspiel-Assoziationen weckt. Noch weiter oben: eine Fremdscham von Haarschnitt, die den Blick gleich wieder nach unten zieht. Was hat er dort in seiner Hand? Ein übergroßes Geschlechtsteil, das wie wild auf- und abgeschwungen wird? Nicht doch. Das ist nur eine schlechtgeschneiderte, weil spitzgezackte Gitarre. Ja, der Hardrock-Schlamper von damals: Man spricht nicht wirklich gerne drüber. Ein dunkles Kapitel, das heute nur noch zur komödiantischen Nachahmung dient. Der wirklich Leidtragende ist: die elektrische Gitarre. Zu Zeiten, als Rhythm & Blues aufflackerte, wurde sie noch gefürchtet, später gefeiert, viel später missbraucht. Die harten, rufschädigenden Schläge hat sie bis heute nicht verkraften können.
An dieser Stelle möchte der Rezensent aber eine (spitzgezackte) Lanze brechen für das vielbenutzte Saiteninstrument. Denn es gibt gute Gründe, die alten Sünden zu verzeihen, sich rauszutrauen und öffentlich zu positionieren. Einer davon ist "Trouble in dreams", das achte Album des Kanadiers Daniel Bejar unter seinem Pseudonym Destroyer. Bejar, das spürt man ganz deutlich, wird älter. Schon sein letztes Album "Destroyer's rubies" bot nicht mehr jenes extreme Wechselspiel von links nach rechts außen, das des Öfteren auf einen zwar ekstatischen, aber auch nervenaufreibenden Kollaps hinauslief. Die fortschreitende Veränderung ist also kein wirklicher Grund zu negativer Kritik.
Denn Bejar schickt sich an, seinen persönlichen und tatsächlichen Rock'n'Roll mit "Trouble in dreams" weiter zu perfektionieren. Eine gleichberechtigte Band auf höchstem Niveau in seinem Rücken, dennoch die Gitarren über allem stehend, ist die Hauptdarstellerrolle von Piano und Keyboard von "Destroyer's rubies" und vor allem "Your blues" in den Hintergrund gerückt. Man höre "Foam hands", das geschickt die Saiten schwingen lässt. Vom in sich geschlossenen, leisen Klingeln zum dröhnenden Vibrieren. Drums und Gitarre in Einklang, bis letztere zum bluesgeschwängerten Solo ansetzt. Dazu Bejars einzigartiger Sprechgesang, der sich wie immer eigene Takte und Konventionen schafft. Dann "The state", ein meisterhaftes Glanzstück des giftspritzenden Indie-Blues, der sich unprätentiös politischen Themen nähert und die Sechssaiter gefährlich jaulen lässt, um dann für Sekunden in verträumtes Fingerpicking zu gleiten. Die Gitarren erfreuen sich in jedem Fall ihrer gnadenlos guten Bedienung.
Eine kurze und gewaltige Ausnahme bildet das fesselnde "Plaza Trinidad". Bejars Stimme erinnert an einen psychotischen Frank Black zu Pixies-Zeiten, der sich kaum zu beherrschen weiß. Disharmonisches Anfangsgeplänkel, nur von einem Schunkelpiano überbrückt, steigert sich in druckvollen Expressionismus. Zuletzt und zum Niederknien: "Libby's first sunrise", psychedelische Funken sprühend und mit den coolsten spartanischen Handclaps aller Zeiten. Mit "Trouble in dreams" bietet Bejar erneut eine Vielzahl von Möglichkeiten zu begeisterten Analysen und strahlenden Erkenntnissen. Die Reaktivierung der Gitarre ist eine davon. Dass er in seinen weißen Hemden besser aussieht als manche Hardrock-Presswurst der Achtziger, eine andere.
Highlights
- The state
- My favorite year
- Plaza Trinidad
- Libby's first sunrise
Tracklist
- Blue flowers/Blue flame
- Dark leaves form a thread
- The state
- Foam hands
- My favorite year
- Shooting rockets (From the desk of night's ape)
- Introducing angels
- Rivers
- Leopard of honor
- Plaza Trinidad
- Libby's first sunrise
Gesamtspielzeit: 52:59 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
Susu |
2008-04-18 14:46:06 Uhr
Naja, mag sein. Ich kenne nur den Vorgänger, und ich finde "Trouble In Dreams" keinen Deut schlechter. |
asd |
2008-04-18 14:01:52 Uhr
...aber trotzdem sein schlechtestes. |
Susu |
2008-04-18 13:57:56 Uhr
Wow, absolut STARKES Album! |
Mixtape |
2008-03-16 09:04:12 Uhr
Hier gibt's jetzt eine Rezension des Albums zu lesen:www.popcultures.de/pc_headphones_show.php?review=699 |
hurdy gurdy man |
2008-01-24 19:30:45 Uhr
Oh, MySpace-Link wurde gekillt:www.myspace.com/destroyer - "Foam hands". |
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Referenzen
Felt; Tom Verlaine; Luke Haines; Black Box Recorder; John Cale; David Bowie; The Rolling Stones; Pavement; Stephen Malkmus; Jonathan Richman & The Modern Lovers; Robyn Hitchcock; The Auteurs; The Psychedelic Furs; Spiritualized; Jad Fair; Al Stewart; Young Marble Giants; Dean Wareham & Britta Phillips; Swan Lake; Frog Eyes; The Flaming Lips; Silver Jews; Dream Syndicate; Spoon; Pulp; Luna; The New Pornographers; T.Rex; The Walkmen; Neil Young; Field Music; Neko Case; The db's; Elvis Costello; Lou Reed; Robert Pollard; Mercury Rev; East River Pipe; Br. Danielson; Beulah; Roxy Music; The Hidden Cameras; Kevin Ayers; The Clientele; The Galactic Hereos; The Ocean Blue; R.E.M.; The Velvet Underground; Yo la Tengo; Van Marrison; Jeffrey Lewis; The Go-Betweens; Mott The Hoople
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