Lizz Wright - The orchard

Verve Forecast / Universal
VÖ: 01.02.2008
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Fräulein Richtig
Über die ganzen Paparazzi-Bildchen und YouTube-Aufreißer, mit denen Amy Winehouse seit letztem Jahr durch die Blätter rauschte, geriet etwas viel Wichtiges beinahe in Vergessenheit: Mit "Back to black" hatte sie uns ein herrlich altmodisches R'n'B-Album geschenkt, das die Schlagzeilen viel eher wert gewesen wäre. Es ist schließlich die Musik, die zählt, und nicht der Ethanolgehalt im Blut der Künstlerin. Genau da kommt Pastorentochter Lizz Wright gerade recht. Die hat den Soul nicht nur im Blut, sondern auch im Erbgut. Als Mädchen vom Lande hat sie zum Glück wenig von dicken Beats und feisten Produktionen gehört - oder sie ignoriert beides mit angenehmer Konsequenz, was sogar noch lobenswerter wäre.
Wrights Songs brauchen keinen Kompressor oder sonstige technische Ausrufungszeichen, sondern besitzen eine überaus lebendige Dynamik. "The orchard" ist bereits ihr drittes Album, das mit leichter Jazznote und sanftem Folkgefühl Zugriff auf ein erstaunliches Gefühlsleben zulässt. Ihre samtene Stimme drängt sich nicht in den Vordergrund und erhält gerade dadurch eine ungeheure Präsenz. Obwohl zahlreiche Gäste wie Martin Wenk (Fink, Calexico), Oren Bloedow (Elysian Fields), Chocolate Genius oder Joey Burns und John Covertino von Calexico an der Atmosphäre mitbasteln, halten oft nur eine leise Akustikgitarre oder eine gedämpfte Orgel gemeinsam den Atem an.
Wright zelebriert auf "The orchard" so nicht nur Vorlagen wie Ike Turners begieriges "I idolize you" mit glimmender Stimme, sondern macht sich auch Genrefremdes wie Led Zeppelins "Thank you" und Patsy Clines "Strange" mit sanftem Nachdruck zu Eigen. Aber besonders die meist zusammen mit Kollegin Toshi Reagon erschaffenen eigenen Songs begeistern. Sanftmut wie die von "Hey mann", "Speak your heart" oder "Another angel" streichelt die Seele. In "This is" oder "Song for Mia" reichen sich leichtfüßige Verästelungen und zärtliche Zurückhaltung die Hände. Das verleiht der Musik nicht nur im Opener "Coming home" eine faszinierende Erdigkeit.
Bei der unterschwelligen Single "My heart" und dem aufbegehrenden "Leave me standing alone" kommen auch noch verquere Grooves dazu, die subtil unter die Haut fahren und dort ein zickiges Eigenleben entwickeln. In dieser Musik liegt eine Ruhe, die sich niemals auf Zärtlich- oder Bedrohlichkeit festlegen will. Das ist Soul, der völlig ohne Blitzlichtgewitter auskommt. Man hatte fast vergessen, wie angenehm das sein kann.
Highlights
- Coming home
- My heart
- Leave me standing alone
- This is
Tracklist
- Coming home
- My heart
- I idolize you
- Hey mann
- Another angel
- When I fall
- Leave me standing alone
- Speak your heart
- This is
- Song for Mia
- Thank you
- Strange
Gesamtspielzeit: 52:59 min.
Referenzen
Toshi Reagon; India.Arie; Imani Coppola; Malia; Cat Power; Me'Shell Ndegéocello; Nikka Costa; Macy Gray; Mary J. Blige; Erykah Badu; Angie Stone; Jill Scott; Dinah Washington; Cassandra Wilson; Nina Simone; Ella Fitzgerald; Billie Holiday; Abbey Lincoln; Oleta Adams; Sade; Sarah Vaughn; Amy Winehouse; Gabriella Cilmi; Patti Labelle; Solomon Burke; Betty Wright; Aretha Franklin; Eartha Kitt; Janis Joplin; Dusty Springfield; Gladys Knight; Etta James; Betty Harris; Chaka Khan; Tina Turner; Diana Ross; Stevie Wonder; Curtis Mayfield; Isaac Hayes; Incognito; The Roots; Alicia Keys; Anita Baker; Gladys Knight; Marla Glen; Lauryn Hill; Angela Davis; Joss Stone; Aaliyah; Ursula Rucker; Ani Di Franco; Joy Denalane; Stefanie Heinzmann; Sam Brown; Madeleine Peyroux; Norah Jones; Katie Melua; Paula Cole; Elysian Fields; Mazzy Star; Hope Sandoval & The Warm Inventions; k's Choice; Calexico; Lambchop
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