k.d. lang - Watershed
Nonesuch / Warner
VÖ: 01.02.2008
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Mit gutem Beispiel
Nur wenigen Menschen im Musikbusinnes gelingt es, zwar Vorbild zu sein, dabei aber niemals zum Prototyp zu werden. k.d. lang allerdings gehört definitiv dazu. Im Verlauf ihrer langjährigen, Grammy-verzierten Karriere hat sie es stets verstanden, nie etwas aus Opportunismus oder Trotz zu tun. Sie schob ihre Alben bereits durch Country, Folk, Soul, Bozzanova oder Cool Jazz. Und kam doch nie von ihrer Linie ab. Mit "Watershed" nimmt sie nun eine besondere Form der Retrospektive in Angriff. Ein Rückblick auf ihr Werk, wohlarrangiert zu nigelnagelneuen Songs. Nach siebenjähriger eigenkompositorischer Abwesenheit wäre es da nur zu verständlich, wenn ihr mittlerweile neuntes, reguläres Album entweder verzagen oder sich in sich selbst vergucken würde.
Jedoch, ganz im Gegenteil: lang erledigt das Zusammenstreichen ihres stilistisch immensen Backkatalogs wahrlich mit Bravour. "Watershed" tastet nicht, geht aber auch nie in die Totaloffensive. Nur vordergründig erscheinen die Lieder etwas zu direkt oder bedächtig, ein wenig über- oder unterzuckert. Doch zu keiner Sekunde ist der Wille zu vernehmen, ein weiteres Schmankerl hinzuzufügen, eine neue Überraschung zu liefern oder einen Aha-Effekt auf dem Geschichtsstrom nach hinten zu schicken. Was sicherlich daran liegt, dass lang jedes ihrer Lieder in einer beinahe scheuen Vorsicht beginnen lässt, um sie erst später, innerhalb des jeweiligen Arrangements, an die Plätze zu führen, die sie zuvor schon gesehen und gehört hat.
Ob die von Banjo, Slidegitarren, Wangentaschen-Percussions und Klavier in den Tagtraum getriebenen "Jealous dog", "Once in a while" und "I dream of spring". Ob der glossy Soundtrack-Pop von "Coming home" und "Thread", der sich mit dem wundervollen "Shadow and the frame" noch bis in die streicherwahnsinnigen Meisterwerke des Hitchcock-Hauskomponisten Bernard Herrmann einschmeichelt. Ob sich "Upstream" und "Sunday" im Lounge-Bar-Jazz-Spiegel gegenseitig zuprosten und das Gläserklirren nach Glockenspiel und Marimbas klingeln lassen, während Orgel- und Backgroundchor-Fetzen wie Tabakqualm durch die Gewölbe flackern: lang hat all das schon einmal gemacht. Teils sogar ausgereifter. Doch definitiv nicht viel besser. Gleichzeitig schafft sie es auf "Watershed" beinahe durchgängig, mittendrin immer noch einen draufzusetzen, und die eine klare Melodie zu finden, die den jeweiligen Song aufrüttelt und konsequent veredelt.
Auch ihre Stimme bündelt sie derart präzise und eng an die Songs, dass die Schweißnaht mit dem Röntgenmikroskop gesucht werden muss. Sie versucht gar nicht erst, zwischen Country-, Folk- und Soul-Diva hin und her zu springen, sondern vertraut ihrer ganz eigenen Intonation. Das wenige, was den Songs noch fehlt, der Zartmacher oder der Punch, der Traubenzucker oder ihr Insulin, reißt sie an sich und macht es beinahe vergessen. Was als Spurensuche beginnt, nimmt lang so beständig mit auf die andere Seite. Zwischen mustergültig und prototypisch kommt "Watershed" bestimmungsgemäß nicht wirklich an. Doch genau das war eben schon immer langs größter Gewinn.
Highlights
- Once in a while
- Sunday
- Shadow and the frame
Tracklist
- I dream of spring
- Je fais la planche
- Coming home
- Once in a while
- Thread
- Close your eyes
- Sunday
- Flame of the uninspired
- Upstream
- Shadow and the frame
- Jealos dog
Gesamtspielzeit: 39:12 min.
Referenzen
Kate Bush; Lyle Lovett; Tom Petty; Michelle Shocked; Tanita Tikaram; Tracy Chapman; KT Tunstall; Aimee Mann; Linda Williams; Katharina Frank; Joni Mitchell; Ron Sexsmith; Jeff Buckley; Katie Melua; Suzanne Vega; Throwing Muses; 10.000 Maniacs; Freakwater; Cowboy Junkies; Chris & Carla; The Walkabouts; The Rainbirds; Indigo Girls; Roy Orbinson; Bob Dylan; Neil Young; John Fogerty; Leonard Cohen; Joe Henry; Bernard Herrmann; Elan Mehler; José James; Norah Jones; Sonya Kitchell