Black Mountain - In the future

Jagjaguwar / Cargo
VÖ: 25.01.2008
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Rückwärts vorwärts
Im Fundus des psychedelischen Rocks der 60er und 70er Jahre ein wenig herumzuwühlen, ist eine Sache. Seine Referenzen offen zu legen, sie gleichzeitig aufregend und mehr oder weniger neu zu interpretieren, steht aber auf einem ganz anderen Blatt. Mit solchen Gratwanderungen beschäftigten sich Black Mountain schon auf ihrem selbstbetitelten Debütalbum. Coldplay mochten es jedenfalls und engagierten die Kanadier skurrilerweise als Toursupport. An die "surreale" Erfahrung, beim Pingpong hinter der Bühne gegen Gwyneth Paltrow zu verlieren, erinnert sich Black-Mountain-Sänger Stephen McBean heute immer noch gerne. Von welchen surrealen Inspirationen "In the future" zehrt, lässt sich hingegen nur erahnen. Sicher ist, dass Black Mountain ihren Sound auf ihrer zweiten Platte so dermaßen perfektioniert haben, dass sie damit glatt einen batikfarbenen Strudel aufreißen, der selbst verhasste Hippiegegner in sich hineinzuziehen vermag.
Dabei mutet der Titel des Albums nicht weniger als kryptisch an. Schließlich bewegen sich Black Mountain musikalisch überall, nur nicht in der Zukunft. Die Einsicht des französischen Schriftstellers und Politikers André Malraux - "Wer in der Zukunft lesen will, muss in der Vergangenheit blättern" - mag hier vielleicht helfen. Außerdem gehört zu einem großen, bedeutungsschwangeren Rockalbum eben auch ein ähnlich gearteter Titel. Standesgemäß eröffnet "Stormy high" den Trip mit Bigmuff-Gitarre und Hammond-Orgel, lässt aber den einzelnen Instrumenten überraschend viel Platz zum Atmen und erklimmt damit zum Ende hin durchaus stürmische Höhen. Black Mountain schlagen hierbei schon den ein oder anderen Schlenker; wer es also durchweg kompakt mag, sollte besser zu Wolfmother greifen.
"In the future" gibt sich allerdings nicht nur mit langen Songs ab. So groovt "Angel" sexy und glänzt mit einem kurzen, aber wunderschönen Mellotron-Mittelteil. Das progrockige "Tyrants" schraubt das Tempo wieder hoch, bevor es in ungeahnte Tiefen hinabstürzt, nur um sich ebenso pathetisch wie stilecht wieder nach oben zu kämpfen. Fernab jeder Hippieromantik lässt sich das Stück angesichts von Zeilen wie "The battles of this fashioned war / Ain't what we've been fighting for" leicht als Kommentar zum aktuellen politischen Geschehen deuten. Also doch eher Gegenwart als Vergangenheit und Zukunft? Egal, denn spätestens wenn der halluzinogene Rhythmus von "Wucan" einsetzt, verschwimmen die Grenzen zwischen Raum und Zeit ohnehin.
Auch die restlichen Stücke von "In the future" sind wahre Meisterwerke ihres Genres. Amber Webbers Stimme entfaltet sich diesmal besonders beim düster zurückhaltenden "Queens will play" und dem David-Lynch-esken "Night walks". Das fast siebzehnminütige "Bright lights" zitiert Pink Floyd und Tangerine Dream und sprengt dabei keinesfalls den Rahmen, selbst wenn es als Paradebeispiel für Gustav Freytags Dramenstruktur durchgehen könnte. Auch hier scheint das besungene Drama durchaus aktueller Natur zu sein: "Destruction / Human war / Misleading like you led the blind." Keine Interpretationssache ist jedenfalls, dass Black Mountain mit ihrem zweiten Album alles richtig gemacht haben. Rockmusik, so wuchtig und in epischer Breite, aber trotzdem nie kitschig zu spielen und dabei die Großen zu zitieren, ohne wie ein bloßer Abklatsch zu klingen - das ist und bleibt eine große Kunst.
Highlights
- Stormy high
- Angel
- Tyrants
- Wucan
Tracklist
- Stormy high
- Angels
- Tyrants
- Wucan
- Stay free
- Queens will play
- Evil ways
- Wild wind
- Bright lights
- Night walks
Gesamtspielzeit: 57:22 min.
Album/Rezension im Forum kommentieren
Teile uns Deine E-Mail-Adresse mit, damit wir Dich über neue Posts in diesem Thread benachrichtigen können.
(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
Bartikbirne |
2011-12-06 19:33:00 Uhr
Den Song "Evil Ways" würde ich gern mal live performed sehen und hören. |
otze |
2011-11-15 18:23:04 Uhr
besser als nie! |
PisseInDerEcke |
2011-11-15 18:21:35 Uhr
fällt dir ja früh auf |
mechanic destructive commando |
2011-11-15 15:52:28 Uhr
wahnsinn, der absolute hammer! |
Walenta |
2010-06-09 11:42:16 Uhr
Yeeha, wird auchmal Zeit! |
Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.
Referenzen
Black Sabbath; Led Zeppelin; Blue Cheer; Deep Purple; The Doors; Jefferson Airplane; Grateful Dead; Pink Floyd; Dead Meadow; Pink Mountaintops; Brightblack Morning Light; Dungen; Motorpsycho; 35007; Black Rebel Motorcycle Club; Wolfmother; Fu Manchu; Hawkwind; Steppenwolf; Kyuss; Masters Of Reality; Queens Of The Stone Age; …And You Will Know Us By The Trail Of Dead; The Jimi Hendrix Experience; The Velvet Underground; Neil Young; Janis Joplin; Spiritual Beggars; Tangerine Dream; Can
Bestellen bei Amazon
Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv


Threads im Plattentests.de-Forum
- Black Mountain - IV (25 Beiträge / Letzter am 11.10.2022 - 10:40 Uhr)
- Black Mountain - Destroyer (3 Beiträge / Letzter am 03.06.2019 - 11:43 Uhr)
- Black Mountain - In the Future (32 Beiträge / Letzter am 06.12.2011 - 19:33 Uhr)
- black mountain/ wilderness heart (20 Beiträge / Letzter am 04.10.2010 - 22:23 Uhr)
- Black Mountain - Black Mountain (29 Beiträge / Letzter am 04.12.2007 - 23:10 Uhr)
- Live - Songs from black mountain (51 Beiträge / Letzter am 14.10.2007 - 14:33 Uhr)