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Ringo Starr - Liverpool 8

Ringo Starr- Liverpool 8

Capitol / EMI
VÖ: 11.01.2008

Unsere Bewertung: 5/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

The fool at the pool

Schon gehört? Liverpool wird 2008, also circa jetzt, zu Europas Kulturhauptstadt. Nicht eben unbeteiligt daran: Ringo Starr, einer der berühmtesten Söhne der Stadt. Eben dieser mimt nun mit "Liverpool 8" auch einen der ersten Zeremonienmeister. Und verschätzt sich dabei doch gehörig. Denn gegen die Fußballprosa und das Working-Class-Latein seiner Heimatstadt setzt Starr eine seltsame Antisepsis der Themen und Gesten, die jede persönliche Episode sogleich zu einem kulturellen Nachkomma-Kommentar abhakt, der sich nicht so recht durch die Schablonen der von ihm mitgestalteten Pop-Kultur-Codes bis in eine echte Hommage durchboxen kann. Im Ergebnis steht Marge Simpsons Lieblings-Beatle seine musikalische Vergangenheit zum ersten Mal nicht nur im Wege, sondern stellt sich auf "Liverpool 8" auch noch quer zu dem Versuch, aus dem Bezug zu seiner Heimat erneut Kraft und Erfolg zu schöpfen.

So versucht sich der Titelsong mit La Biondas "One for you, one for me" und "Liwer-puuuhl"-Fangesängen zwar anständig zur Stadionhymne zu pushen, wird jedoch gegen "You'll never walk alone" natürlich nicht das Mindeste ausrichten können. Auch "Think about you" ist ein viel zu abgezockt heruntergestrampelter Blues-Pop-Klassiker-Verriss, wie ihn auch Kollege McCartney als seine Vorstellung von Roots-Rock immer mal wieder aus dem und wieder zu Grabe gniedelt. Und schließlich sind das "Love, love, love" aus "For love" und vor allem "If it's love that you want" zwischen schlierig wegbrechenden Background-Chören und von Ex-Eurythmics Dave Stewart - was der hier zu suchen hat, weiß wieder mal nur Starr allein - zielsicher zur Langeweile produzierten Gitarrensoli an Beatles-Vibe-Exploitation und Weghörtendenz kaum zu überbieten.

Das folgende "Love is" zündet da schon eher, wenn Cello und Starrs Grummelvortrag die Blümchen-Opa-Rostschicht zu einer wohlwollenden Ballade aufbrechen. Auch die spanischen Gitarrenläufe aus "Pasodobles" machen rein gar nichts verkehrt, wenn man sich einmal auf die Schwülstigkeit und schlagerhaften Lyrics einlassen mag, die umeinander quillen wie "strangers in perfect motion down by the Spanish ocean". "R U ready" ist dann sogar ein typischer Starr-Geniestreich zwischen Skiffle-Country-Sha-La-La und einem Tito-Puente-Gesangslinien-Ausreißer, bei dem man sich in sekundenschneller Abfolge fragt, ob das wirklich ernst gemeint ist, wie man so was überhaupt als Song deklarieren kann und warum die linke Ferse derart unbeirrt gen Fußboden tritt? Und auch wenn "Harry's song" als ohnehin wunderbar entspannte Schunkel-Miniatur sein Klischee-Reservat mit Dritter-Mann-Whistles verlacht, weiß man nun wirklich nicht mehr, was diese hohle Geste überhaupt von Anfang an bezwecken wollte. Starr weiß es auch nicht. Und das ist, wie so oft, mal wieder sein größtes Potential.

So war Starr immer schon dann am besten, wenn sein oft und zu Unrecht unterstelltes, schlichtes songwriterisches Gemüt die eigene Hutschnur derart offensiv in Slapstick-Manier hochgehen ließ, dass sie noch dem letzten Spötter keck durchs Gesicht peitschte. Wenn er sich die eigene Vergangenheitsbewältigung als kaum mehr nachvollziehbare Beweihräucherung unter beide Pobacken schob und genüsslich staunte, wie keiner mehr die Klappe zubekam. "Liverpool 8" sammelt doch einige dieser Momente, bricht aber auch unter der Last seines Zeitreisen-Konzepts beinahe desinteressiert zusammen. Trotzdem: Sich gar nichts weiter anmerken zu lassen, ist halt auch eine Art von Huldigung.

(Tobias Hinrichs)

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Highlights

  • Liverpool 8
  • Harry's song
  • R U ready?

Tracklist

  1. Liverpool 8
  2. Think about you
  3. For love
  4. Now that she's gone away
  5. Gone are the days
  6. Give it a try
  7. Tuff love
  8. Harry's song
  9. Pasodobles
  10. If it's love that you want
  11. Love is
  12. R U ready?

Gesamtspielzeit: 46:09 min.

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