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Soundtrack - I'm not there (Original soundtrack)

Soundtrack- I'm not there (Original soundtrack)

Columbia / Sony BMG
VÖ: 09.11.2007

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Die Existenzberechtigung

Wenn Bob Dylans Leben verfilmt wird, ist eine Sache klar: Er macht da nicht mit, er hat ja sein eigenes. Außerdem gab es schließlich schon Scorseses Dokumentation "No direction home" und D.A. Pennebakers klassischen Tourfilm "Don't look back", an dessen Titel sich Dylan erwartungsgemäß konsequent hielt - fast vierzig Jahre lang. Das Aufbrechen dieser Konsequenz mit der Autobiographie "Chronicles, Vol. 1" vor drei Jahren passte jedoch ebenso zu Dylans Widersprüchlickeit, mit der er seine Heiligsprechung stets genüsslich boykottiert. Dass unter solchen Umständen kein vorhersehbares Biopic entstehen konnte, ist eine Ehrensache, die Regisseur Todd Haynes für "I'm not there" mit dem Geniestreich gelöst hat, Dylans Rolle von gleich fünf verschiedenen Schauspielern sowie der großartigen Cate Blanchett übernehmen zu lassen.

Ähnlich hochkarätig besetzt ist auch der Soundtrack voller Coverversionen, denn wir reden hier nicht von irgendwelchen Handwerkern, die mit Dylan dilletieren, sondern von einer Gästeschar, die für nicht weniger als vierzehn Alben der Woche im Archiv von Plattentests.de verantwortlich ist. Von Sängern wie Sufjan Stevens, Eddie Vedder, Cat Power, Stephen Malkmus, Mark Lanegan, Jack Johnson, Jim James von My Morning Jacket, Sam Bean (Iron & Wine), Wilcos Jeff Tweedy, Roger McGuinn (The Byrds), Willie Nelson und Karen O von den Yeah Yeah Yeahs. Von Bands wie Sonic Youth, Antony & The Johnsons, Yo La Tengo, The Hold Steady und The Black Keys. Von zwei wechselnden Backingbands, bei denen es sich zum einen um Calexico und zum anderen um The Million Dollar Mashers handelt, einer Allstar-Band um Tom Verlaine (Television), Lee Ranaldo und Steve Shelley von Sonic Youth, Joe Medeski (Medeski, Martin & Wood), Nels Cline (Wilco) und Smokey Hormel (Beck, Tom Waits, Johnny Cash). Ehre, wem Ehre gebührt.

Dass die Musiker auf "I'm not there" durch die Bank ebenso unaufdringlich werkeln, wie es ihre kaum effektheischende Songauswahl verspricht, ist ebenso erfreulich wie der Umstand, dass sie selten vor lauter Respekt die Hosen voll haben. So sind verzagte Versuche wie Charlotte Gainsbourgs "Just like a woman" schnell vergessen, wenn man dem Bann der "Dark eyes" von Iron & Wine & Calexico erliegt. Richie Havens "Tombstone blues" reißt ebenso mit wie Yo La Tengos "I wanna be your lover" und Stephen Malkmus' Besuch auf "Maggie's farm". Karen O rumpelt lasziv durch "Highway 61 revisted". Bob Forrest ist der träumende "Moonshiner", Roger McGuinn gönnt sich Calexicos Mariachischmelz und "One more cup of coffee", während Mark Lanegan als "The man in the long black coat" tiefer unter die Haut kriecht, als Dylans Falten je reichen könnten. Und dann thront Cat Power über dem glitzernden Groove von "Stuck inside of Mobile with the Memphis blues again", als wären Langeweile und Frustration neuerdings gesetzlich abgeschafft.

All diese famosen Nachstellungen mühen sich nach Kräften, die sicherlich unpopuläre Ansicht des Rezensenten zu unterstreichen, dass Dylans Songs in der Interpretation durch andere verdächtig oft gewinnen. Doch jede Faszination ist relativ, und am Ende stiehlt ihnen allen doch wieder der alte Grantler die Schau. Der verschüttete Titelsong von den legendären "Basement tapes" ist im Original eigentlich sogar noch besser als die spröde Romantik der Deutung von Sonic Youth. Da deutet sich an, dass das Konzept von Film und Soundtrack eben doch an der prinzipbedingten Unmöglichkeit scheitern muss, der Ikone Bob Dylan gerecht zu werden. Dabei ist Dylan gar nicht diese Ikone, sondern ein echter Mensch mit all seinen Irrtümern. Und weil gerade diese Menschlichkeit überhaupt erst große Kunst ermöglicht, ist "I'm not there" nicht nur das beste Soundtrackalbum dieses Jahrgangs, sondern auch die faszinierendste Ehrerbietung seit sehr, sehr langem.

(Oliver Ding)

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Highlights

  • I'm not there (Sonic Youth)
  • Stuck inside of Mobile with the Memphis Blues again (Cat Power)
  • Dark eyes (Iron & Wine & Calexico)
  • Man in the long black coat (Mark Lanegan)
  • I wanna be your lover (Yo La Tengo)
  • Maggie's farm (Stephen Malkmus & The Million Dollar Bashers)

Tracklist

  1. All along the watchtower (Eddie Vedder & The Million Dollar Bashers)
  2. I'm not there (Sonic Youth)
  3. Goin' to Acapulco (Jim James & Calexico)
  4. Tombstone blues (Richie Havens)
  5. Ballad of a thin man (Stephen Malkmus & The Million Dollar Bashers)
  6. Stuck inside of Mobile with the Memphis blues again (Cat Power)
  7. Pressing on (John Doe)
  8. Fourth time around (Yo La Tengo)
  9. Dark eyes (Calexico with Iron & Wine)
  10. Highway 61 revisited (Karen O & The Million Dollar Bashers)
  11. One more cup of coffee (Roger McGuinn & Calexico)
  12. The lonesome death of Hattie Carroll (Mason Jennings)
  13. Billy 1 (Los Lobos)
  14. Simple twist of fate (Jeff Tweedy)
  15. Man in the long black coat (Mark Lanegan)
  16. Señor (Tales of Yankee power) (Willie Nelson & Calexico)
  17. As I went out one morning (Mira Bilotte)
  18. Can't leave her behind (Stephen Malkmus & Lee Ranaldo)
  19. Ring them bells (Sufjan Stevens)
  20. Just like a woman (Charlotte Gainsbourg & Calexico)
  21. Mama you've been on my mind / A fraction of last thoughts on Woody Guthrie (Jack Johnson)
  22. I wanna be your lover (Yo La Tengo)
  23. You ain't goin' nowhere (Glen Hansard & Markéta Irglová)
  24. Can you please crawl out your window? (The Hold Steady)
  25. Just like Tom Thumb's blues (Ramblin' Jack Elliott)
  26. The wicked messenger (The Black Keys)
  27. Cold irons bound (Tom Verlaine & The Million Dollar Bashers)
  28. The times they are a changin' (Mason Jennings)
  29. Maggie's farm (Stephen Malkmus & The Million Dollar Bashers)
  30. When the ship comes in (Marcus Carl Franklin)
  31. Moonshiner (Bob Forrest)
  32. I dreamed I saw St. Augustine (John Doe)
  33. Knockin' on heaven's door (Antony & The Johnsons)
  34. I'm not there (Bob Dylan with The Band)

Gesamtspielzeit: 158:43 min.

Referenzen

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